Hallo,
Ich bin alleinerziehend und möchte gerne noch ein Kind mit einem Partner bekommen.
Mein Kind ist noch klein (14Monate).
Mich beschäftigt folgendes:
Ich habe das Gefühl ganz schön festgefahren zu sein mit „meiner Erziehung“.
Also wenn ich auf den Spielplätzen zum Beispiel sehe wie die Eltern die Kinder an den Händen gehen lassen, immer hinterherlaufen, die Kinder auf Dinge stellen oder setzen auf die sie alleine nicht kämen,
da denke ich immer das will ich so nicht machen.
Also ich meine das als Grundeinstellung.
Hoffe das ist verständlich.
Nun habe ich einen guten Freund der sehr viel bei mir ist. Er geht mit meinem Kind so um, ist immer mit ihm beschäftigt, das Kind immer im Fokus, auf jeden Laut wird reagiert, stört ihn beim Spielen weil er mit ihm spielen will und so weiter.
Ich mag diesen Freund sehr gerne und wir hatten auch mal eine Beziehubg aber damals war ich noch nicht sicher und habe die Beziehung beendet.
Ich denke aber ab und an darüber nach mit ihm wieder zusammenzukommen und denke er auch.
Jetzt frage ich mich ob das normal ist, ob das gutgehen kann oder ob man sich da besser einig sein sollte?
Unterschiedliche Vorstellungen über Erziehung als paar
Ich denke was du beschreibst, ist ja jetzt nicht sowas großes. Das ist ja viel ungewissen dabei. Ich musste in meiner Familie inklusive Partner auch aufklären warum bitte nicht an den Händen nehmen zum Laufen üben etc.
Sowas wie impfen, glaube oder auch andere Grundeinstellungen finde ich das schon schwieriger....
Ich hab das nicht so gut ausgedrückt.
Es geht mir darum dass man dem Kind Raum lässt selbst zu entdecken, dass man nicht immer versucht es toll zu verpassen sondern ihn sein eigenes Tempo lässt.
Ich hab den Eindruck die Kinder werden ständig entertaint und gleichzeitig wird ihnen nicht vertraut und dass das dazu führt dass die Kinder ständig nach Aufmerksamkeit verlangen.
Dass sie dadurch nicht lernen sich selbst zu beschäftigen und die Erwachsenen ständig alles vorwegnehmen.
Deshalb finde ich es schon wichtig.
Hi,
hast du der Person schonmal erklärt, dass dir diese Dinge wichtig sind und warum. In der Erziehung muss man immer wieder nachjustieren. Dabei ist es wichtig im Gespräch zu sein und beide Seiten sachlich anhören zu können. Bestenfalls sieht man es hinterher gleich. Manchmal braucht es auch einen Kompromiss. Manchmal nimmt man auch du die Herangehensweise des anderen an, vielleicht auch erst etwas später. Ich würde das Thema auf jeden Fall vorsichtig ansprechen. Nicht alles auf einmal sondern nach und nach.
Liebe Grüße
Isy
Ich verstehe genau was du meinst, weil ich auch so denke. Das ist mir auch schon bevor ich Kinder bekommen habe sehr bewusst gewesen, weil ich viel auf das high need Baby einer Freundin aufgepasst habe und immer wieder verwundert beobachtet habe, wie eine andere Freundin, die sehr kinderlieb ist, das Baby bei seinen Beschäftigungen unterbrochen hat, zu nah vor seiner Nase war, immer Entertainer gespielt hat etc. Bei dem Baby war es dann eben so, dass es schnell überreizt war und dann viel geweint hat. Und ich war erstmal verwundert, warum die Freundin, die ein sehr lieber und rücksichtsvoller Mensch ist, das nicht selbst merkt. Ich habe nichts gesagt, weil in den Situationen auch die Eltern des Babys dabei waren und wenn es die nicht stört, wäre es komisch, wenn ich etwas sage. Die Eltern des Babys lagen mit ihrem Verhalten irgendwo in der Mitte. Also auch sie haben das Baby für meinen Geschmack zu oft aus seinen Tätigkeiten gerissen, ohne sich dessen bewusst zu sein.
Aufgrund dieser Situationen habe ich mit meinem Partner (wir waren gerade in Kinderwunschbehandlung) über meine Gedanken dazu gesprochen und er konnte es von der Theorie her verstehen und war ja eh selbst mit Babys nicht so. Ich bin aber sicher, dass die allermeisten Paare vor der Geburt über solche Nuancen nicht sprechen, weil sie gar nicht erst drüber nachdenken. Wer sich Gedanken über Erziehung macht, spricht über die eigene Kindheit, was gut war und was man anders machen möchte. Oder wenn man im Alltag zufällig schwierige Erziehungsmomente mitbekommt, spricht man vielleicht darüber, wie man selbst damit umgehen wollen würde. Aber die feinen Nuancen, die bemerkt man ja erst mit Kind. Und ob die vorher besprochene Theorie sich dann auch in der Praxis passend anfühlt, ist nochmal ein anderes Thema. Man kann vieles nicht vorher wissen.
Die Freundin, die damals das Baby so überreizt hat, hat mittlerweile ein eigenes Kind und soweit ich das beobachten konnte, geht sie mit ihrem Kind eh ganz anders um. Das finde ich auch total verständlich. Dieses "aufdringliche" Verhalten ist ja oft einfach der Versuch von unerfahrenen Außenstehenden, eine Beziehung zum Kind aufzubauen. Mit ihrem eigenen Kind passt die Beziehung, da muss sie sich nicht während eines kurzen Treffens total drum bemühen.
Wenn dein Freund auch an einer Partnerschaft interessiert ist und noch nicht allzu viel Erfahrung mit Kindern hat, finde ich sein Verhalten sehr nachvollziehbar. Er weiß ja, wenn er mit dir zusammenkommt, dann sollte er auch gut mit deinem Kind auskommen. Also gibt er sein Bestes, eine gute Beziehung zu ihm aufzubauen. Er geht auf es zu, macht ganz viele Kontaktangebote, versucht vielleicht das Kind zum Lachen zu bringen. Er versucht zu zeigen, dass er das Kind mag und er versucht zu erreichen, dass dein Kind ihn auch mag.
Mit dem eigenen Kind hat man das so ja nicht. Da verbringt man viel mehr Zeit miteinander und bis das Kind auf dem Spielplatz unterwegs ist, ist da hoffentlich längst eine stabile Bindung und man hat keinen Druck die Situation zu nutzen, um die Bindung zu intensivieren, sondern kann das Kind auch mal in Ruhe machen lassen.
Mein Partner und ich haben mittlerweile zwei Kinder und ich bin in meiner Haltung vielleicht ein bisschen extrem und mein Partner ist schon auch manchmal Entertainer. Das ist aber nicht schlimm. Die Kinder kommen mit den Unterschieden gut zurecht. Und so klare Sachen wie an den Händen laufen lassen, da kann man sich ja absprechen und das haben wir dann auch beide nie gemacht. Und wenn mein Partner zu sehr Entertainer spielt, bekommt er im Haushalt nichts auf die Reihe und das merkt er selbst. Wenn er gerade etwas anderes zu erledigen hat, dann muss er ja auch schauen, dass er die Kinder alleine machen lässt. Das ist ja eine ganz andere Situation, als bei euch jetzt bei Treffen mit deinem Freund, bei denen ihr ja meistens nichts zu tun habt.
Nach meiner Erfahrung entwickelt man seine Erziehungsvorstellung erst im Laufe der Elternschaft. Und mit einem Kind immer mal wieder Zeit zu verbringen wie dein Freund ist etwas ganz anderes als das Kind IMMER um sich zu haben.
Ich habe ein Kind mit in meine aktuelle Beziehung mitgebracht und anfangs hatten wir auch etwas unterschiedliche Vorstellungen, so wie alle Paare vermutlich. Mittlerweile gibt es ein gemeinsames Kind, wir reden immer mal wieder über Erziehungsthemen, was ich auch für normal halte.
In der Regel habe ich mich durchgesetzt, vorallem habe ich die Grundhaltung vorgegeben, einfach weil ich einen gewissen Vorsprung hatte und mich auch sehr viel belesen habe.
Du unterschätzt wie viele Dinge die dir beim ersten noch so so wichtig sind, bei einem zweiten Kind plötzlich an Gewicht verlieren. Zumindestens wenn das erste noch jung ist.
Ich versteh dich sehr, war beim Großen auch sehr hinterher: Nicht an den Händen laufen, kein "verwaren" in Wippen o.ä., etc... Und dann kam #2 und die Wippe ist plötzlich ein guter Freund, einfach weil es das Leben so verdammt viel einfacher macht, für alle Beteiligten.
Dann sind Kinder so verdammt unterschiedlich. Dem Großen konnten wir immer viel Raum geben, das ging unter Sicherheitsaspekten. Trotzdem beschäftigt er sich übrigens erst neuerdings mal zeitweise allein.
Geht beim Kleinen nicht, der hat's mit 10,5 Monaten das erste Mal aufs Fensterbrett geschafft und ist aus jeder offenen Tür raus. Da bin ich möglichst nah dran.
Dafür sitzt er mit einem Jahr auch gern mal 20 Minuten in Mitten seiner Bücher und blättert völlig vertieft.
Und ich glaube auch ehrlich gesagt nicht, dass es so easy ist vorher abzustecken, dass man die gleichen Vorstellungen hat. Bzw. Vorstellungen vielleicht schon, aber wie es dann wirklich ist mit einem 3,5 Jährigen in der Autonomiephase, was einen dann tatsächlich im Leben mit diesem Kind und dem gemeinsamen Eltern sein triggert, das erahnt man einfach nicht bevor man es lebt.
Die große Frage ist, ob du mit ihm schonmal darüber gesprochen hast und wie er reagiert hat. Hat er es "eingesehen" oder deine Meinung ignoriert?
Ich kenne dieses Verhalten auch, z.B. von Opa und Onkel. Allerdings nahmen die meine Hinweise nie an und sehen das Kind auch kaum und versuchen dann mit viel aufdrängen und Animation Kontakt herzustellen. Was den Babys schnell zu viel ist, finden Kindergartenkinder dann nämlich oft toll...
Ich denke das "Problem" ist keines, wenn dein Freund deine Bedenken ernst nimmt und sich vielleicht etwas zurücknimmt und wenn er das Kind noch viel öfter um sich rum hat. Dann klappt es ja organisatorisch schon gar nicht mehr, das Kind dauernd zu bespaßen.
Und vieles ist ja auch Unwissenheit... wenn ich an meine Zeit als 16jährige Babysitterin zurückdenke...
Ich denke viel wichtiger ist das Interesse am Kind und da scheint er ja sehr bemüht zu sein.
Wenn ich genau nachdenke, hat mein Mann früher auch so mit unseren Neffen gespielt, was mir (als Erzieherin) schon damals blöd aufstieß... 10Jahre und drei eigene Kinder später würde sich mein Mann hüten, unsere Kleinste (12Mon) aus irgendeiner Beschäftigung zu reißen....
2 Sichtweisen:
Rede mit ihm. Es könnte sein, dass ihr gar nicht so verschieden seid. Als ich nur Tante war, waren meine Neffen und meine Nichten auch immer im Fokus. Ich habe sofort reagiert. Ich habe sie zum spielen animiert usw. Also wie dein Freund. Es waren eben nicht meine Kinder. Ich habe sie nicht ständig um mich gehabt. Von daher war es okay.
Bei meinen eigenen Kindern bin ich eher gestrickt wie du. Einfach, weil es als Elternteil gar nicht geht, dass ich mich immer und ständig mit ihnen beschäftige. Sie haben von mir die Freiheit bekommen die Welt selbst zu entdecken.
Mit meinem Ex-Mann bin ich was die Kinder angeht übrigens grundverschieden. Wir haben sogar unterschiedliche Werte beim Thema Impfen. Trotzdem funktionieren wir als Eltern wirklich gut. Die Kids profitieren von den Unterschieden. Es macht auch keinen Sinn ganz viele Regeln vor der Geburt aufzustellen, weil du gar nicht weisst, was das für ein Kind wird und wie du reagieren musst. Wir haben vor den Kindern nur 2 Regeln aufgestellt, an diese Regeln halten wir uns noch heute, als getrennte Eltern.
Regel 1: Der, der am Kind dran ist, entscheidet.
Regel 2: Ist der andere mit der Entscheidung nicht einverstanden, wird das unter 4 Augen geklärt. Sollte dann Nachbesserung vor den Kindern notwendig sein, dann klärt das der, der die Entscheidung getroffen hat.
nach der Trennung kam noch weitere Regel dazu:
Regel 3: Keine schlecht machen des anderen Elternteils vor den Kindern.
Mehr Regeln braucht es aus meiner Sicht nicht in der Kindererziehung. Das Thema Impfen haben wir über einen Kompromiss geklärt. Alles, was die STIKO für Kinder offiziell empfiehlt wird geimpft. Das andere nicht.
Zuerst einmal bin ich das bei dir. Hilf mir es selber zu tun, Freiraum lassen.. Immens wichtig..
Das muss dein Freund lernen und du kannst ihn sanft drauf hinweisen.
Wenn er dein Kind mal bespaßen will ist das ersteinmal sehr lieb von ihm und wenn es zuviel wird sag es einfach in einem sehr netten Ton.
Grundsätzlich sind mir solche Männer lieber und sympathischer als die welche Zeit mit dem Kind als mühsam ansehen.
Eventuell hast du da ja ein echtes Juwel an der Hand.
Bedenke auch dass jedes Kind unterschiedlich ist mit unterschiedlichen Anforderungen.