Wann ins Konzentrationslager

Wir werden Urlaub im Oberpfälzer Wald machen.
Ich möchte dann gerne nach Flossenbürg in das Konzentrationslager gehen mit meiner Familie.

Mein Mann und ich sind nicht einig, was wir mit unseren Kindern machen.

Sie sind von 1 bis 10 Jahre alt
Ich finde, sie können alle mitkommen. Sie wissen schon von der Schoa und sie fragen oft. Sie fragen vor allem über meine Großeltern. Sie haben alle einen 2. Vorname von jemandem von meiner Familie, der in der Schoa gestorben ist.
Ich war 4 Jahr alt, als ich zum 1. Mal in Jad wa-Schem war.

Mein Mann findet, nur unser 1. Sohn soll mitkommen, die anderen sind zu klein (sie sind 1 bis 8 Jahre alt).

Vielleicht weiß jemand von euch etwas?
Vielleicht ward ihr schon in Flossenbürg?

Hanna

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Folgende Info von der Gedenkstätte selber:

„Es wird empfohlen, die Anlagen nicht mit Kindern unter 12 Jahren zu besichtigen. Wir bitten Sie, die Gedenkstättenordnung zu beachten.“

Also wären alle eure Kinder raus.
Neben euren Kindern, geht es ja auch um die anderen Besucher- und mehrere Kinder im jungen Alter gemeinsam sind oft nicht gerade leise.

Ich persönlich würde mich an die Empfehlung halten, daneben würde es mich als Besucherin aber nicht stören, wenn jemand anders seine Kinder mitbringt

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Danke.
Unsere Söhne sind lieb und können sehr leise sein. Ich weiß sehr sicher, dass sie nicht rennen und rufen, wenn wir da sind.

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Naja euer 1jähriges wird kaum so kontrollierbar sein und versteht davon null.
Ihr müsst euch es zutrauen und im schlimmsten Fall mit negativen Reaktionen von anderen Besuchern rechnen.

Aber ehrlich gesagt, sehe ich lieber Eltern mit Kindern an einer Gedenkstätte als pubertäre Vollidioten, wie meine Klasse damals. Die haben sich leider unmöglich benommen, vollkommenes Desinteresse und Ignoranz.

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Hallo,

es gibt in Deutschland "leichtere" Konzentrationslager als Flossenbürg. Junior war in Begleitung mit acht Jahren in Flossenbürg. Er war zu diesem Zeitpunkt der Geschichte aber von unserer Seite sehr gut informiert. In der neunten Klasse ist der Besuch eines KZ vorgeschrieben. Da Flossenbürg zu unserem Regierungsbezirk gehört, ging die Fahrt dorthin. Da haben sich einige Klassenkameraden sich doch sehr schwer getan.

Man darf nicht vergessen, der Besuch ist ja nicht nur ein optischer, sondern auch ein olfaktorischer und den empfinde ich als brutal.

Viele Grüße

Bearbeitet von reina05
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Was ist olfaktorisch? Ich bin nicht deutsch.

Unsere Söhne sind alles sehr gut informiert.
Sie kennen die Geschichten aus meiner Familie. Sie haben ja alle einen Name aus meiner Familie von jemand, der umgebracht wurde. Da wissen sie, was passiert ist.
Sie lesen auch schon mit 8 Jahren Bücher ab 12 Jahre über die Schoa. Wir haben auch Bücher für unsere kleineren Kinder.

In Flossenbürg war Familie von mir, deshalb möchte ich dahin gehen.

Wenn sie einen Stolperstein sehen, dann legen sie da Steine hin.
Unser Sohn ist 5 Jahre alt und hat gesagt: Imma, ich bin froh, dass die Schoa vorbei ist. Sonst hätten die Nazis Taddaj zweimal umgebracht. (Weil er jüdisch ist und behindert.)
Wir haben schon andere Gedenk Stellen angeguckt, aber noch nicht ein Konzentrationslager.

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Es riecht sehr besonders. Leichengeruch alleine ist schon etwas, aber der Geruch in Verbrennungsklammern ist mehr als das und treibt mir beim Schreiben Tränen in die Augen.

Ich verstehe deine Intention, aber ein KZ alleine ist schon eine Hausnummer, aber mit emotionaler Beteiligung, nein. Du musst auch damit rechnen, selbst zusammen zu brechen.
Es gibt Wege in der Umgebung, welche gekennzeichnet sind, die die zukünftigen Gefangen gegangen sind, die auch einen emotionalen Bezug haben, aber nicht ganz so dramatisch sind.
Ein KZ führt einen den Alptraum mit allen Sinnen zu, dies ist schon ohne direkte emotionale Beteiligung hart, aber mit?

Ich selber habe vor kurzem das Buch "Februar 1933" gelesen, zeitweise musste ich es weg legen. Hinter/Unter den Kapiteln stehen Berichte zu den Aufständen der KP und deren Niederschlagung durch Polizei und SA. Immer wieder der Wohnort meines Urgroßvaters, der sich gegen das zukünftige und dann herrschende Regime gestellt hat. Der Widerstand im kleinen der in meiner Familie versucht wurde.
Es gibt Sinneseindrücke die man nicht vergisst, meine Oma hat nie den Geruch, Geschmack und Haptik des Brotes des jüdischen Bäckers in ihrer Heimatstadt vergessen und das Highlight es geschenkt zu bekommen.

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Hallo,

grundsätzlich bin ich ein Freund davon, auch mit schrecklichen Dingen offen umzugehen.
Aber: Gerade weil in Eurer Familie Menschen in der Schoa umgebracht wurden und Eure Kinder die Namen tragen, ist der Besuch eines KZs vielleicht emotional zu viel für sie. Denn im Vergleich zu Jad wa-Schem ist ein KZ in keinster Weise „abstrahiert“.

Nach dem 7. Oktober hat eine Gruppe Kindergartenkinder meiner 5-jährigen Tochter gegenüber einen sehr hässlichen Kommentar geäußert. Seitdem fragt sie regelmäßig, ob uns das passieren kann, wie sie sich schützen kann, wie sie nicht auffallen kann etc.

Ich fürchte, ihr ist klar geworden, dass die Welt kein sicherer Ort ist, und ihr Urvertrauen ist erschüttert. Mit 5 hätte ich ihr das gerne noch ein paar Jahre erspart.

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Unsere Söhne haben schon das Wissen, dass es so viel schlimmes gibt und gab.
Am 7. Oktober und danach sind viele von meiner Familie und meinen Freunden gestorben oder entführt.

Aber wir möchten nicht, dass sie zu viel Angst haben.

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Dann ist es umso wichtiger, dass die Kinder unbeschwerte Ferien haben dürfen.

Warum genau willst du sie dem aussetzen? Was soll es ihnen bringen?

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Ich war dort noch nicht, aber als 14-Jährige auf Klassenausflug in Dachau. Das war schon heftig!
Mit 18 Jahren dann auf Klassenfahrt in Ausschwitz.
Ich würde ehrlich gesagt keines eurer Kinder dorthin mitnehmen, ich finde sie einfach zu jung. Klar soll man den Kindern diesen Teil der Geschichte nicht verbergen, aber trotzdem glaube ich die Kinder sind einfach noch zu jung.

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Ich bin da ganz bei Deinem Mann und auch bei den Empfehlungen der Gedenkstätte. Auch wenn Deine Kinder schon etwas von der Schoa gehört haben, kann ein Besuch der Gedenkstätte für sie verstörend sein. Es ist ein Unterschied, ob man von einer schlimmen Sachen erzählt bekommt oder ob man entsprechende Bilder sieht. Und die Ausstellungen in den KZs sind selbst für Erwachsene nicht ganz ohne.

LG

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Hey!

Zuletzt war ich mit einer 9. Klasse in einer Gedenkstätte und auch diese Schüler (ca 16 Jahre) hatten Schwierigkeiten, die Dimension zu verstehen und zu verarbeiten.
Es geht nicht nur um die Ruhe der Kinder, sondern auch darum, das, was sie dort sehen, zu ertragen. Theoretisch zu wissen, was geschehen ist, ist was anderes, als den Ort zu sehen, Fotos vor Augen zu haben. Das würde ich nicht unterschätzen und vielleicht dann auch noch den Opa vor Augen zu haben, dessen Namen man trägt. Ich war mit 18 Jahren in Auschwitz fix und fertig.


Liebe Grüße
Schoko

Bearbeitet von schokofrosch
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Ich war mit 18 in Dachau und hab geheult wie ein Schlosshund

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Ja. Damals saß dort ein alter Mann mit einem Buch in einem Vorraum. Dann bekam er mit, dass eine Freundin polnisch verstand, öffnete das Buch, zog den Ärmel hoch, zeigte sein Tattoo und erklärte der Freundin, dass er der Häftling mit dieser Nummer auf der Liste war.

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Ich war mit 12 das erste Mal in einem KZ und hab es lange verarbeiten müssen.
Ich fände es nicht angemessen.

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offtopic: ich glaube diese Orte heissen jetzt Gedenkstätten. Bei deinem Titel musste ich erstmals schlucken..

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Ich bin nicht deutsch.

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Du warst da mit VIER Jahren? Kannst du dich noch erinnern, wie dein Eindruck war? Was versteht man vom Krieg, vom Holocaust mit VIER Jahren?
Und aktuell IST wieder Krieg und die Kinder bekommen das teilweise direkt in Kindergarten oder Schule durch Flüchtlinge mit, die ja vermutlich auch von ihren Eindrücken und Ängsten mal erzählen.

Das würde ich in Betracht ziehen.

Wenn der Achtjährige unbedingt mitkommen möchte, lasse ihn, wenn nicht, würde ich nur den 10jährigen mitnehmen und mir das auch vorher gut überlegen. Neigt er z.B. zu Ängsten oder Albträumen, hatte er auch Angst vor Krieg in Deutschland, hat er viel von Flüchtlingen mitbekommen, würde ich mir das sehr, sehr gut überlegen - nicht, dass das wochenlange Ängste und Albträume nach sich zieht.

Zu anderen Zeiten würde ich das anders sehen, aber Krieg ist ja nun mal aktuell doch ein Thema auch bei vielen Kindern und nicht auf der abstrakten "das war mal vor langer Zeit, wir leben aber in Sicherheit"-Ebene.

Und auch gerade wenn die eigene Familie betroffen war: Wie gut kann er das verarbeiten, wie lebhaft ist seine Fantasie? Würde er sich dann Gedanken machen, wie es den Vorfahren in so einem Lager gegangen wäre oder ergangen ist? Würde ihn das stark belasten?
Diese Fragen würde ich bezogen auf den 8- und 10-jährigen stellen und mit dem 4jährigen auf jeden Fall in der Zeit (als anderer Elternteil) etwas anderes unternehmen.

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Ich habe keine Erinnerung, wie ich mit 4 Jahre gefühlt habe. Meine Eltern sagen: Sie mussten Sachen für mich erklären und als wir zu Hause waren, habe ich meine Großeltern ganz fest umarmt, weil ich traurig für sie war. Aber sie haben gesagt, dass ich ganz normal war.

Für unsere Kinder ist Krieg auch für die Familie.
Das verstehen sie. Am Anfang waren sie viel traurig und hatten ein bisschen Angst, aber es geht ihnen jetzt gut. Sie haben starke Herzen.
Ich finde genau wegen dem Krieg wichtig, dass sie gut verstehen, was passiert ist und dass sie verstehen, dass das nicht wieder passieren darf. Auch nicht so ähnlich und auch nicht für andere Menschen.

Unsere großen Söhne wollen auf jeden Fall dahin gehen. Sie möchten immer sehen, wo ihre Väter waren. Das ist für sie sehr wichtig.

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Mit 4 warst du zu klein, um das überhaupt bearbeiten zu können. Und deine Söhne können nicht wissen, ob sie nachher traumatisiert sind. Ich sage das auch, weil ich selbst als Kind traumatisiert wurde. Und da ging es längst nicht, um so schlimme Sachen, sondern "nur" darum, dass meine Mutter mir sehr genau von ihren Kindheitstraumen erzählt hat. Immer wieder und anschaulich und emotionell. Ich habe wirklich Therapie gebraucht, um damit fertig zu werden.

Ich sage nichts dagegen, dass die Kinder die Schoa nicht vergessen sollten. Aber ihr solltet da schauen, was sie in welchem Alter vertragen können. Schaut euch gern Forschung darüber an. Ich meine, da gibt es einiges. Ich verstehe das mit dem Krieg und bin da ganz auf eurer Seite. Aber schaut, was Kinder in welchem Alter vertragen können. Es sollte nicht zu detaliert sein, sie sollen es sich nicht zu genau vorstellen können. Das kommt sowieso, wenn sie älter sind. Dann verstehen sie es genauer. Nicht alles, was Kinder verstehen, können sie auch emotional vertragen.