Was genau bedeutet es, wenn Namen klassisch, retro, altmodisch, altbacken sind? Wo verläuft die Linie?
Ich lese oft von Namen, die alt sind aber in und Revival haben, andere die alt sind und kein Revival (verdient) haben, und andere, die einfach zeitlos sind, verliere dabei aber den Überblick.
Was macht Namen klassisch oder retro? Was verursacht ein Revival?
Habt ihr vielleicht 3 oder 4 Beispiele für jede Kategorie, damit ich das besser einordnen kann?
Klassisch Retro Altmodisch
Klassisch: Alexander, Johanna, Antonia
retro: Sabine, Bärbel, Petra, Jennifer, Jeannette, Nicole, Tanja...
altmodisch (positiv gesehen): Hedda, Frieda, Ida, Amalie, Leopold, Franz etc.
altbacken (die Grenze zwischen altmodisch/positiv und altbacken/negativ ist recht subjektiv. Ich habe hier schon von einigen gehört, die Marlies so toll fanden. Der ist für mich noch etwas angestaubt. Auch Gerda hört man wieder öfter. Ich habe nichts gegen den Namen, aber für mich wäre es noch ein bßchen zu sehr Häkelkissen.): Renate, Kriemhild, Adelheid, Wolfram, Gunther, Hartmut, Rüdiger, Werner, Walter)
Klassische Namen sind für mich welche, die nie wirklich verschwunden waren und in jeder Generation immer wieder genutzt werden. Vielleicht findet man sie nicht in gleicher Häufigkeit, aber sie sind trotzdem immer präsent. Vielleicht weil sie auch gewisse Leichtigkeit besitzen und einen angenehmen Klang. Beispiele wären da für mich:
Philipp, Alexander, Maria, Sophia/e, Antonia
Retro Namen sind für mich die meiner Generation. Man hört sie häufig, einfach weil die Träger mitten im Leben stehen und präsent sind. Wählen würde man sie aber kaum bis selten. Dazu gehören:
Andreas, Stephanie, Sonja, Michaela, Thorsten oder Stefan
Bei furchtbar bzw. altbacken ist das so eine Sache. Viele Namen sind gerade wieder im kommen, die ich nicht schön finde, aber da ich ja kein Patent auf Geschmack habe, ist das rein subjektiv. Wirklich schlimm finde ich:
Isburg, Mechthild, Gertrude, Hedwig, Rainer, Rolf, Gunther
Wohingegen auch alt (und für mich furchtbar), aber wieder absolut im kommen bzw. schon da sind seit einigen Jahren:
Karl, Kurt, Otto, Grete/a, Frieda, Edda, Hedda, Gustav, Kasimir, Ludwig (und zu jedem dieser Namen kenne ich mindestens ein Kind, eher mehr)
Ein Revival kann für mich viele Gründe haben, manchmal beginnt einer im Bekanntenkreis bei der Namenswahl aus dem üblichen Muster auszubrechen und begibt sich in eine Richtung, die man gar nicht bedachte. Andere springen dann auf den Zug auf um eine gewisse Individualität zu signalisieren. Dann natürlich die sozialen Medien und das Kino. Ein schönes Beispiel ist der "Kevin" Hype der frühen 90er, populäre TV-Serien und ähnliches. Es ist schwierig und vielschichtig, man könnte damit Bücher füllen.
Da schieße ich mich total an.
Die Grenze zwischen verstaubt und hipp ist sehr unscharf. Ich glaube, bei manchen Namen ist es so, dass sich erst ein paar wenige "trauen" diesen Namen zu vergeben und es dann immer mehr Nachahmer gibt und irgendwann ist der Name dann akzeptiert. Befeuert wird diese Entwicklung vor allem durch Prominente. Z.B. kam m.M.n. Paul erst wieder dadurch ins Gespräch, dass Jenny Elvers ihren Sohn so genannt hat und "Ludwig" wurde durch Katy Hummels etabliert.
Ich glaube, es hat auch immer etwas mit Abgrenzung bzw. dem Streben nach Originalität zu tun.
Also, alte Namen sind im Trend, aber zunächst waren nur wenige davon wirklich gesellschaftlich akzeptiert. Emma, Paul, Ida, Emil.... so nannten dann viele ihre Kinder, und dann wurde es den Leuten zu gewöhnlich und andere alte Namen müssen her. Dann traut man sich vielleicht an Karl, Fritz, Frieda, Irma etc. Und wenn diese auch wieder "zu häufig" vergeben werden, sucht man weiter: Kurt, Hilde.... und so weiter und so weiter.... bis wieder ein ganz anderer Trend startet.
Ich persönlich finde viele alte Namen nach wie vor grausig und würde sie nicht vergeben. Genauso wenig treffen ultramoderne, super weiche (und sorry für mich gekünstelte Namen) wie Milo, Luana, Nelia, Nilas etc. meinen Geschmack. Ich mag da eher Klassiker (vor allem hebräische) oder auch manche Retro-Namen. Also ich würde meinen Sohn eher Dominik, Sebastian oder Daniel nennen als Emilio. Aber das ist einfach Geschmacksache, total subjektiv und nicht als besser oder schlechter zu bewerten.
Ich finde übrigens, dass die meisten Namen - auch wenn sie nicht meinem persönlichen Geschmack entsprechen - durchaus vergebbar sind. Auch wenn sie retro sind. Hab die Erfahrung gemacht, dass Kinder sich meistens weniger daran stoßen als Erwachsene. Die Tochter einer Freundin von mir hatte in der Grundschulklasse eine Mitschülerin namens Waltraud und kein Kind fand das merkwürdig, nur die Eltern.
LG
Den Promi-Faktor sehe ich da tatsächlich weniger. Ludwig ist hier seit Jahren wieder im Trend und bei Paul hätte ich keine Sekunde an Jenny Elvers gedacht, vermutlich ist deren Fanbase auch für einen derartigen Boom zu klein.
Aber ich finde auch, dass die Leute immer mehr nach dem Besonderen suchen. Einige tun das eher Richtung ausländische Vornamen, andere scheuen das (weil man schnell einen gewissen Stempel weg hat) und orientieren sich dann an den Namen von vor 100 Jahren...und wenn es genug Pauls, Emils und Oskars gibt, schreitet man weiter zu Kurt, Ludwig und Franz, und bald sind wir wahrscheinlich in der Generation von Heinz und Gerhard angekommen. So richtig germanisch wird's wohl nicht werden, weil alle Angst haben, dann als Nazi zu gelten.
Was meiner Ansicht nach nicht mehr so geballt wiederkommen wird, ist die Schwemme an Biancas, Jessicas, Jennifers und Vanessas. Dann vielleicht eher irgendwann wieder all die Sabines, Claudias und Petras.
Klassisch
=> ist für mich nah an zeitlos, aber nicht ganz das Gleiche. Das ist ein Name, der in jede Zeit passt. Vielleicht assoziiert man aber eine bestimmte Zeit stärker als eine andere. Oft eher bodenständig, müssen aber nicht unbedingt häufig sein (oder gewesen sein).
=> Beispiele: Luise, Christine, Leo(nard), Sophia, Emanuel/Immanuel
Zeitlos
=> sind für mich klassische Namen, die in jeder Zeit geläufig waren und die man nicht mit einer bestimmten Zeit verbindet
=> Beispiele: Johanna, Anna, Theresa, Jakob, Benedikt
Die Grenze zwischen klassisch und zeitlos ist für mich ziemlich fließend.
Retro
=> sind Modenamen der 60er bis 80er/90er Jahre. Also Namen, die vor allem mit diesen Generationen in Verbindung gebracht werden. Darunter können auch klassische Namen sein. Für meine Kinder werden einige dieser Namen wahrscheinlich altmodisch sein.
=> Beispiele: Andreas, Claudia, Sabine, Nadine, Stephanie, Marcel, Christian ...
altmodisch
=> sind für mich Namen, die spätestens in den 40er/50er Jahren außer Mode geraten sind. Ggf. sind sie jetzt wieder beliebt oder könnten kommen. Sie müssen aber mal einen "Hänger" gehabt haben, sonst wären sie klassisch und/oder zeitlos
=> Beispiele: Frieda, Paul, Ludwig, Richard, Wilhelm, Hedwig, Else ...
altbacken
=> ist für mich ein negativer Ausschnitt aus altmodischen Namen. Namen, die spätestens in der Nachkriegszeit außer Mode geraten sind und das auch bleiben sollten. Die für mich "eingestaubt" klingen. Teilweise sind es Modenamen meiner Großelterngeneration, teilweise waren sie damals zeitlos, sind es aber nicht mehr. Teilweise sind sie auch heute wieder beliebt und ich kann es nicht verstehen🤭
=> Beispiele: Elise, Marlene, Gustav, Waltraud, Günter, Horst
"Was macht Namen klassisch oder retro?"
Der Unterschied zwischen "retro" und "klassisch" oder "zeitlos" ist für mich oft der Verlauf der Grafik zur Beliebtheit.
Namen, die ich als klassisch oder zeitlos empfinde, haben da oft eine relativ gerade Linie oder Auf-/Abstiege verlaufen sanft, während Retro-Namen eine steile Auf- und Abwärtskurve haben. Auch wenn sie nicht zwangsläufig völlig außer Mode geraden. Aber z. B. Jahrzehntelang irgendwo zwischen Rang 90 und 110. Dann innerhalb von 10 Jahren in die Top-20, da für eine gewisse Zeit, bevor es innerhalb von 10 Jahren wieder auf Rang 100 bis 120 geht.
"Was verursacht ein Revival?"
Verschiedenes. Mal ist es vielleicht ein Film oder ein Buch (Lindgren, Kästner ...).
Mal ist es eine berühmte Persönlichkeit (sie selbst oder ihr Kind).
Mal eine Kombination.
Ich glaube, teilweise ist es auch einfach der Wunsch, die eigenen Großeltern zu ehren und durch 100 Leute, die ihr Kind mit Zweitnamen Friedrich nach dem Opa nennen, kommt der Name wieder ins Gedächtnis, sodass er auch als Rufname wieder in Gebrauch kommt.
Und ich glaube auch, dass Vorurteile eine Rolle spielen.
Der "Emilismus" ist vor allem in den neuen Bundesländern verbreitet. Da also, wo laut Clichée "alle" Kinder Ronny, Cindy, Silvio etc. hießen.
Ich glaube, dass es so eine Art Gegenbewegung ist (bewusst oder unbewusst), nachdem man selbst einen "Assinamen" trug, zurück zu den klassischen Namen zu gehen, weil "so sind wir nicht (mehr)".
(Vereinfacht ausgedrückt - ich hoffe, es ist verständlich, was ich meine.)
Klassisch / zeitlos: Charlotte, Katharina, Anna, Johanna, Felix, Paul
Retro: Thomas, Michael, Martin, Stefanie, Nina, Judith
Altmodisch: Berthold, Horst, Elfriede, Mechthild
Alt und wieder modern: Frieda, Greta, Emma, Theo, Karl, Jakob
Klassisch: Anna, Katharina
Retro: Stephanie, Thomas
Alt (positiv): Oscar, Ludwig
Altbacken (negativ): Gertrud, Heinz
Klassische Namen sind für mich Namen, die in mehreren Generationen zu finden sind. Also sowohl kleinkindalter bis ins großelternalter hinein. (Marie, Paul)
Retro Namen sind für mich Namen die bisher nur in der älteren Generation zu finden waren aber nun immer mehr neu vergeben werden. Die sozusagen ein Comeback erleben. (Frieda, Anton)
Altbackene Namen sind für mich Namen die ausschließlich nur in der älteren Generation zu finden sind (Kordula, Peter)