Unser schwerer gemeinsamer Start…

Hi zusammen,

ich habe das Gefühl ich muss mir das mal von der Seele schreiben, weil mich oft sehr negative/traurige Gedanken plagen. Vielleicht habt ihr ja ein paar positive Gedankenanstöße für mich oder es gibt sogar Gleichgesinnte. 🙏🏻

Mein kleiner Schatz ist heute genau 5 Monate alt geworden - ein richtig süßer Strahlemann, den ich vom tiefstem Herzen über alles liebe. ❤️ Wir hatten leider einen sehr schweren gemeinsamen Start. In der 30. SSW haben wir davon erfahren, dass er mit einer Fehlbildung der Harnwege, die voraussichtlich mit einer Nierenschwäche einhergeht, auf die Welt kommt. Die Diagnosen vor der Geburt waren teilweise sehr niederschmetternd, von möglichem Schwangerschaftsabbruch, bis hin zu nicht funktionierenden Nieren und Lungenfunktionsstörung. Ausgang also sehr ungewiss. Glücklicherweise geht es ihm SO viel besser als prognostiziert. Lungen waren nie ein Problem und die Nierenwerte verbessern sich stetig, wenngleich er voraussichtlich mit einer chronischen Nierenschwäche leben wird. So ist er in der Entwicklung ein ganz normales Baby und man merkt ihm null an. Das ist für mich das größte Geschenk. 🥰 Jetzt kommt das Aber…

Wie ich sagte, plagen mich oft negative Gedanken und ich mache mir viele Vorwürfe, von denen ich weiß, dass ich dafür nichts kann, sie sind aber trotzdem da. Es fängt mit der Geburt an: ich wurde montags eingeleitet bei total unreifen Geburtsbefund aus dem Grund, weil das Fruchtwasser nahezu weg war. Leider hat sich nur sehr langsam etwas getan und ich hatte von Montag bis Donnerstag Wehenstürme mit dem Endresultat, dass auf meinen Wunsch wegen Geburtsstillstand und ausgehender Kraft meinerseits ein Kaiserschnitt gemacht wurde. Leider war der Kaiserschnitt komplikationsreich - ich möchte garnicht so ins Detail gehen. Sie haben den kleinen Mann nicht rausbekommen, mussten eine Zange einsetzen und haben ihm dabei den Schädel an zwei Stellen gebrochen. Es ging nicht anders, sonst hätte sein und mein Leben auf dem Spiel gestanden. Gott sei Dank, verwachsen die Brüche mit der Zeit. Der Vorwurf den ich mir mache: ich habe versagt und es nicht geschafft ihn normal auf die Welt zu bringen und bin Schuld daran, dass es so gelaufen ist und er mit solch einer Gewalt auf die Welt kommen musste. 😞

Weiter geht es damit: sie haben ihn mir danach nicht mal gezeigt, sondern sind direkt mit ihm zu den Kinderärzten. Vor allem wegen seiner Vorerkrankung und unklarem Status der Lungen, damit ihm im Notfall direkt geholfen werden kann. Währenddessen lag ich wie ein Stück Fleisch (sorry für die Ausdrucksweise) aufgeschnitten auf dem Op-Tisch. Morgens um halb 9 kam er auf die Welt und das erste Mal das ich ihn gesehen habe, war abends gegen 19 Uhr. Die Magie der Geburt und des ersten Kennenlernens gab es nicht. Der Vorwurf: es macht mich richtig fertig, dass ich in den schweren ersten Stunden seines Lebens, wo er mich doch gebraucht hat, nicht bei ihm sein konnte. 😭 Es zerreißt mit förmlich das Herz. 40 Wochen habe ich ihn unter meinem Herzen getragen und er die Liebe seiner Mama gespürt und dann ist er auf einmal alleine. Es zerreißt mir förmlich das Herz. 💔 Nach Geburt musste er eine Woche auf der Kinderintensiv bleiben bis er nachhause durfte. Ich konnte zwar jeden Tag bei ihm sein aber so viele Abende mussten wir ohne ihn nachhause fahren. Es hat sich so falsch angefühlt. Die Vorwürfe gegen in die gleiche Richtung wie oben: ich konnte nicht bei ihm sein und er musste in seinem Krankenhausbett ohne die Geborgenheit und Liebe seiner Mama auskommen…

Das schlimmste für mich: nachdem sein Gesundheitszustand so unklar war, habe ich mich emotional sehr abgeschottet. Ich habe gemerkt, dass ich in der ersten Zeit nicht die tiefe Mutterliebe aufbringen konnte, von der immer geredet wird. Ich glaube der Grund hierfür liegt u.a. im Geburtsprozess und seinem Klinikaufenthalt und aber vor allem auch in meiner Angst, dass es um ihn viel schlimmer hätte aussehen können. Also quasi aus Selbstschutz habe ich mich emotional distanziert. Für mich im Prinzip eine menschliche Reaktion aber es macht mich einfach nur fertig. 😒 Mittlerweile liebe ich ihn mehr als mein eigenes Leben, ich würde für ihn alles tun. Und wenn es bedeutet, dass ich ihm eines Tages eine Niere spende (was hoffentlich nie eintreten wird), gibt es da für mich keine Zweifel.

Ich hoffe einfach, dass ich die Geschehnisse über die Zeit verarbeiten kann und es schaffe, alles aus einem anderen, positiveren Blickwinkel sehen kann. 🙏🏻

Erstmal vielen Dank für das Lesen, wenn du es bis hierhin geschafft hast. Vielleicht hast du ja ein paar positive Denkanstöße für mich oder findest dich wohlmöglich in dem Geschriebenen wieder. 😊

Ganz liebe Grüße,
Honigbienchen

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Hallo

Erst mal möchte ich dir noch gratulieren. Ich möchte dir gerne sagen, dass deine Gedanken in der Hinsicht irrational sind aber ich glaube, dass ahnst du schon.
Überleg doch mal folgendes:
Deinen Sohn beschreibst du als Strahlemann und es geht ihm gesundheitlich gut. Wer denkst du denn hat da einen so großen Anteil dran? Na du. Soviel kannst du also nicht falsch gemacht haben.

Du hast eine natürliche Geburt angestrebt und so lange es in deiner Macht stand durchgehalten. Für die Komplikationen kannst du doch nichts.
Deinem Sohn geht es heute auch so gut, weil ihm so schnell geholfen wurde.
Du hast dabei auf viel verzichten müssen, die erste Zeit etc aber mit Liebe hast du das für ihn ertragen und ihm damit die Hilfe gegeben die er braucht.
Ein Baby in dem Alter hat doch noch nicht den Gedanken an die Mutter, das ist dann zufrieden, wenn seine Bedürfnisse gestillt werden und auf den Stationen die ich kenne wird das sehr liebevoll gemacht in der Pflege.

Nun sagst du, du hast nicht die überbordende Mutterliebe gespürt, das ist aber so ne Vorstellung aus rosa Babyzeitschriften.
Ich glaub so viele Mütter müssen sich erst mal ein gewöhnen, sind kaputt von der Geburt. Ich weiss nicht, wer den Mythos erfunden hat.
Du hast doch dein Kind sicher von Anfang geliebt sonst hätte es dir nicht so weh getan ihn abends da zu lassen.
Und du hast ihn in den Händen von Fachpersonal gelassen, die ihm das geben konnten, was sonst eben nicht möglich wäre an medizinischer Versorgung.
Menschen die den Beruf nur mit Herzblut machen können, sonst bleibst du nicht in der Pflege.
Also im Endeffekt alles gut gemacht! Lass dir nix anderes weiß machen auch nicht von dunklen Gedanken.

Falls es dich zu sehr belastet rede mal mit deiner Hebamme von damals. Es geht so vielen so.
Und dann guck dir deinen süßen Sohn an und denk dran, so gut geraten Babys nur mit Mutterliebe.

Viele Grüße

2

Wow was ihr zusammen gemeistert habt, Klasse! Na klar müsst ihr das beide erstmal verarbeiten. Vielleicht mit professioneller Hilfe für dich?
Aber das Wichtigste, willst du die schöne Zeit die ihr jetzt habt, mit negativen Gedanken vergeuden? Gib ihm jetzt all deine Liebe und positiven Momente, die du vorher unverschuldet nicht geben konntest, als du es gern getan hättest. Schau in die Zukunft! Ich weiß ich hab leicht reden aber ihr habt so viel geleistet, belohnt euch jetzt ;)

3

Hallo, Wahnsinn, was ihr schon gemeinsam gemeistert habt!!
Unsere Geschichte ist zwar eine andere (unser erster Sohn kam mit einem genetischen Defekt und als Frühchen zur Welt), aber ich möchte dir nur sagen, dass ich dich gut verstehe.
Man weiß vom Kopf her, dass die Gedanken und Vorwürfe irrational sind und man in der Situation nicht anders hat handeln können. Das Gefühl ist trotzdem so stark da und begleitet einen. Dieses Gegensätzliche auszuhalten fand ich auch sehr schwer.
Ich habe natürlich leider keine „einfache Lösung“ dafür, die gibt es wohl auch nicht, leider.
Im Nachhinein hätte ich mir gewünscht, es hätte auf der frühchenstation mehr Angebot für professionelle Gespräche gegeben. Vll macht es Sinn, das nun nachzuholen?
Was mir sonst sehr geholfen hat, ist ein Fotoalbum von der Krankenhauszeit und der ersten Zeit gemeinsam zuhause. Auch heute schaue ich das gern noch an. Es lässt damalige Gefühle wieder hochkommen, aber zeigt mir auch, wo wir heute glücklicherweise stehen :)
Das Allerbeste euch!!

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Hallo,

Erstmal: Es tut mir unheimlich Leid was euch alles zugestossen ist.

Dann: Herzlichen Glückwunsch zur Geburt eures zauberhaften Sohnes und zum Glück geht es ihm viel besser als erwartet!

Diese ganzen negativen Gedanken sind absolut verständlich. Dass sie jeder Grundlage entbehren weisst du bestimmt selbst, nur kann man sie halt nicht auf Knopfdruck ausschalten. Löse dich von deinen Schuldgefühlen, sie sind keine Basis für eine gesunde Beziehung. Du und dein Sohn habt beide euer Bestes gegeben. Du hast ihn in den fachkundigen Händen der Ärzte gelassen, wo man sich um ihn kümmern konnte so lange wie er das brauchte. Du hast 3 Tage versucht ihn natürlich zu gebären, das war alles was du geben konntest, und das ist vollkommen in Ordnung so. Hättest du die Geburt weiterhin in die Länge gezogen, wer sagt dass es nicht zu viel schlimmeren Konsequenzen gekommen wäre?

Ich finde mich in Teilen deines Textes wieder. Mein Sohn musste auch eingeleitet werden wegen einer Präeklampsie. 18 Stunden Wehen, davon 3 Stunden Wehenstürme haben nicht das Geringste an meinem Muttermund gemacht. Nach 18 Stunden habe ich um die PDA gebettelt. Ich war auch komplett geburtsunreif. Nach weiteren 2 Stunden musste man trotz aller Mühe einen Notkaiserschnitt durchführen, weil die Herztöne meines Sohnes immer wieder absackten. Als er geboren wurde atmete er nicht richtig. Sogar ich als Erstlingsmama und Laie habe das gehört. Man hat ihn mir auch nicht gezeigt. Ich wurde noch 45 Minuten lang genäht, während Ärzte und Krankenhauspersonal uns versuchten zu versichern, dass es nicht schlimm sei, dass unser Sohn an die Beatmungsmaschine müsse. Nach 20 Minuten ging mein Mann mit unserem Sohn auf die Intensiv. Ich lag da, und lag da, dann lag ich im Aufwachraum, was eigentlich mein Entbindungszimmer war und wartete, wartete, wartete.

Nach 5 Stunden durfte ich meinen Sohn ganz kurz sehen, danach habe ich mich die restliche Nacht vom Morphium übergeben. Und man versuchte mir zu erklären, dass es doch nicht schlecht sei, dass mein Sohn erstmal auf der Intensiv bleibe, so könne ich mich erst noch etwas ausruhen und er sei in guten Händen. Ich weiss es war nur nett gemeint, aber ich hätte alle an die Wand klatschen können. Zumal mit ausruhen nichts war, denn wenn ich mich nicht übergab kamen die Krankenschwestern Blutdruck messen (der viieeeel zu hoch war) oder Ausscheidungen kontrollieren (Nieren hatten ihre Funktion eingestellt).

Nichts bei der Geburt lief wirklich gut. Aber im Nachhinein war das Erlebnis meinen Sohn nicht sofort sehen zu können das Allerschlimmste, und das ist es auch heute, knapp 5 Monate später, immer noch. Das Gefühl kann ich sehr gut nachvollziehen. Ich bin sehr dankbar, dass mein Mann bei unserem Sohn sein konnte die ersten Stunden. Dass das Stillen nicht klappte weil ich einfach emotional total überfordert war und der Hormonabfall nach der Geburt mich traf wie noch nie etwas anderes zuvor, das macht mir ebenfalls noch heute Schuldgefühle.

Aber: Ich weiss ich habe mein Bestes gegeben, jedenfalls zu dem Zeitpunkt. Und du hast ebenfalls das Beste gegeben. Die schwere Zeit ist vorbei und wird irgendwann verblassen. Trauere dem "Was wäre gewesen wenn" nicht nach, konzentriere dich auf all das was du NUN für deinen Sohn tust. Denn das ist es worauf es ankommt. Dein Sohn weiss, dass seine Mama ihn liebt.

Alles, alles Liebe,

Dragonflies 🌺

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Was ihr durchmachen musstet ist ja wirklich entsetzlich! Ich kenne auch das Gefühl versagt zu haben, weil ein ks nötig war, um unseren Sohn auf die Welt zu holen. Habe in Frankfurt eine gute Gyn gefunden, die Geburtstraumata bespricht. Das kann ich nur empfehlen. Sie hat mir anhand des Berichts auch noch verdeutlicht, dass es nicht an mir oder meinem Körper (zB zu enges Becken) lag, dass ein ks gemacht werden musste, sondern an den Umständen.
Auch bei meinem ks gab es heftige Komplikationen, die aber zum Glück nur mich betrafen (großer blutverlust). Daher konnte ich auch ein paar Stunden nicht für den Kleinen da sein. Mir hat der Gedanke sehr geholfen, dass ja sein Papa die ganze Zeit an seiner Seite war.
Ich kann mir deinen Schmerz darüber, dass deinem Schatz der Schädel gebrochen wurde, kaum vorstellen. Das tut mir so unendlich Leid! Bitte beobachte ihn gut im Vorschulalter! Als Förderschullehrerin habe ich oft mitbekommen, dass Geburtstraumata zu Problemen in der Schule führen können. Da ist es gut, wenn man früh eingreift und unterstützt🍀