Urvertrauen und Arztbesuche

Liebes Forum,

vor knapp drei Wochen erblickte unsere wundervolle Tochter das Licht der Welt. Leider mussten wir schon mehrfach zum Arzt, wo eben unangenehme Untersuchungen durchgeführt werden mussten, also z.b. Blut abnehmen und ähnliches. Dabei schrie sie natürlich wie am Spieß, ja, sie schrie quasi um ihr Leben. Ich war natürlich dabei, durfte sie aber nicht auf den Arm nehmen währenddessen. Ich habe ihre andere Hand gehalten, ihr das Köpfchen gestreichelt und mit ihr gesprochen. Aber das alles hat sie natürlich nicht beruhigt. Jetzt frage ich mich, inwieweit sie sich von mir im Stich gelassen fühlt. Ist ihr Urvertrauen schon zerstört? Zu Hause weint sie mittlerweile auch recht viel. Ich hab sie immer auf dem Arm, sing ihr dann vor, stille sie usw. Aber gestern Abend konnte ich einfach nicht mehr, ich hab sie neben mich gelegt, sie wieder gestreichelt, aber ich konnte einfach nicht mehr tragen und laufen. Und jetzt mache ich mir solche Vorwürfe wie egoistisch das von mir war. Hab ich ihr Urvertrauen jetzt vollkommen zerstört?

Danke für eure Meinungen!

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Nein.
Babys haben noch kein Langzeitgedächtnis und solche Untersuchungen vergisst sie recht schnell. Du bist bei ihr, sprichst mit ihr, hältst ihre Hand - sie merkt, dass du da bist.
Aber natürlich darf sie motzen, so eine Blutabnahme tut ja auch weh ;) hat sie aber kurz darauf schon wieder vergessen.

Und nein, du zerstörst das Urvertrauen auch NICHT, wenn du sie einmal nicht durchgängig trägst. Du hast sie ja nicht alleine im dunkeln liegen gelassen, sondern bist bei ihr geblieben.

Mach dir da keine Gedanken.

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Deinem Kind wird ja nicht aus Jux und Dollerei Blut abgenommen und es wird untersucht, sondern um potentiellen oder besteh Schaden abzuwenden. Insofern kommst du damit, dass du das Kind bei Arztbesuchen begleitest und es tröstest, deiner Verpflichtung, das Bedürfnis nach körperlicher Unversehrtheit des Babys befriedigen, nach. Manchmal ist das fürs Kind unangenehm, so wie für uns manchmal auch.

Als mein 3. Kind 3 Wochen alt war, gingen wir mal morgens zum Bereitschaftsdienst, weil ich am Tag davor eine Auffälligkeit entdeckt hatte. Ich habe mir aber noch nichts Schlimmeres dabei gedacht. Daraus wurde der Verweis an die Notaufnahme des Kinderkrankenhauses und schließlich noch Abends eine OP. Es war sicher nicht schön für mein Kind, und ich war von den Socken, weil ich die Lage falsch eingeschätzt hatte. Aber dank OP ging es meinem Kind schnell wieder gut und die Betreuung durch das Personal war toll. Über die Bindung habe ich mir zu keiner Sekunde Gedanken gemacht - da ist alles bestens.

Mach dir nicht so viele Sorgen! Das Urvertrauen wird zerstört, wenn das Baby vernachlässigt wird, nicht durch einzelne unangenehme Situationen.

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Hallo....
unsere Tochter ist 19 Wochen alt und Sie musste schon viel mit machen, wir waren bereits 2 x für 5-6 Tage stationär im Kinderkrankenhaus wegen Nierenentzündung/Harnwegsinfekten ect.!

Ihr wurde Blut ausm Fuss/Kopf / Finger genommen , Ihr wurde ein Harnkatheter gelegt, es wurde mehrfach ein Zugang am Kopf gelegt oder eben wenn das nicht mehr funktioniert hat in der Hand!

Das Urvertrauen zu mir ist genau so da wie zuvor!
Habe sogar das Gefühl das es uns 2 eine noch engere Bindung gibt wie jemals zuvor, eben weil wir dann
alleine waren ohne Papa/Geschwisterkind/Oma .

Das mit dem Vergessen glaube Ich nicht so ganz, denn unsere Maus schreit inzwischen bei jedem Arztbesuch sehr doll los sobald die Kinderärztin an Ihren Kopf geht um Untersuchungen zu machen.
Die Ärztin meinte auch , ist verständlich bei allem was Sie schon mit machen musste!

Also Urvertrauen bleibt bestehen, Ängste/Schreien bei weiteren Untersuchungen / Arztbesuche leider schon.

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Obwohl ich eigentlich weiß, dass das nicht der Fall ist, frage ich mich das auch manchmal 🫣
Unser Sohn ist mittlerweile 10 Monate alt, nach der Geburt waren wir eine Woche auf der Neo und danach mussten wir auch zu einigen Untersuchungen und Blutabnahmen. Er hat die ersten Monate unglaublich viel geweint und wahnsinnig schlecht geschlafen. Auch heute ist das Einschlafen noch schwierig und er wacht oft auf; tagsüber schläft er sowieso nur in der Trage. Man hat immer noch das Gefühl, dass er Angst hat „verlassen“ zu werden und ich frage mich, ob es daran liegt, dass er an Tag 3 alleine auf die Neo kam und ich nicht bei ihm schlafen durfte und an der ganzen Situation nach der Geburt. Manchmal kann ich ihn auf den Boden setzen und er beschäftigt sich auch mal ein paar Minuten alleine, aber sehr oft hängt er mir weinend am Bein, bis ich ihn wieder hochnehme. Er weint nicht mehr so viel wie früher, aber so entspannt wie bei anderen ist es bei uns meist nicht.

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Ich denke nicht, dass das Urvertrauen beeinflusst wird, nur weil Blut abgenommen oder untersucht wird und dein Kind dabei nicht in deinen Armen ist. Du hast es ja nicht alleine bei einer fremden Person gelassen und es dann stundenlang brüllen lassen. Du warst dabei und hast die Hand gehalten und getröstet.

Bei meinem Sohn war auch am 3. Tag die U2 beim Kinderarzt (habe ambulant entbunden) mit Blutabnahme und unangenehmer Untersuchung weil das Mekonium nicht abging. Ich stand auch daneben und habe die Hand gehalten, Kopf gestreichelt und getröstet.
Mit nicht 3 Monaten brauchte er eine Biopsie vom Darm und wir mussten fasst 2 Wochen im Krankenhaus bleiben. Mit 4 Monaten dann die große Darm-OP und ich konnte nicht immer dabei sein. Wir brachten den Kleknen zwar in den OP Vorbereitungsraum, aber die Narkose war ohne uns.

Es hat unserer Bindung nicht geschadet. Wie oben schon von einer anderen Userin erwähnt: da herrscht noch kein Langzeitgedächtnis.
Mein Sohn (er ist jetzt 17 Monate) und ich sind eine Einheit. Er seit einem Monat kam mal die Papaphase, aber davor war das komplette Vertrauen auf mich gesetzt.

Das wird alles keinen Schaden für dein Baby nehmen. Du hast es nicht alleine gelassen und solche Dinge wie Arztbesuche gehören einfach zum Leben dazu.

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Ein Baby kann ja noch nicht unterscheiden, in welchen Situationen Schmerzen nötig sind und in welchen nicht und wann es auf den Arm kann und wann nicht. Es gibt immer wieder solche Situationen, seien es Arztbesuche oder auch Autufahrten. Das Baby schreit und kann kann weder tragen noch stillen noch sonst irgendwas tun. Ich habe dann zu meinen Kindern immer sowas wie "ich weiß, dass ist jetzt nicht schön, aber es muss leider sein" in ruhigem Tonfall gesagt. Die Worte versteht das Baby ja eh noch nicht, aber ich habe versucht dem Kleinen zu vermitteln, dass ich die Situation im Griff habe, dass alles seine Richtigkeit hat, dass das jetzt nicht anders geht und trotzdem kein Grund zur Panik besteht.

Wenn das Urvertrauen es nicht überstehen würde, dass es manchmal unangenehme Situationen gibt, dann hätte doch niemand Urvertrauen. Ich glaube es geht da eher um die tagtäglichen Erfahrungen. Das Baby spürt ja, ob du ganz allgemein versucht wird, auf die Bedürfnisse einzugehen oder nicht, also ob dir das Schreien egal ist, oder ob du versuchst etwas an der Situation zu ändern. Aber du musst kein Magier sein und du darfst Grenzen haben. Du darfst deinem Baby vermitteln "es tut mir so leid, dass es dir gerade schlecht geht. Ich kann dich leider gerade nicht mehr tragen und lege mich kurz hin. Aber ich bin da und passe auf, dass dir nichts passiert".

Viele Babys spüren sehr genau, wie es den Bezugspersonen gerade geht. Da lohnt es sich, die Priorität bei der eigenen Emotionsregulation zu setzen. Beim zweiten Kind ist mir das besser gelungen als beim ersten. Ich habe mich, wenn das Baby geschrien hat, mehr auf meine eigene Regulation konzentriert. Ich hatte das Baby im Arm bzw. in der Trage, habe Noise cancelling Kopfhörer aufgesetzt und Atemübungen gemacht. Mein tiefes Atmen oder dass ich weniger angespannt war, hat meinem Baby auch total geholfen zu entspannen. Kann gut sein, dass das tiefe Atmen, Bauch an Bauch mit dem Baby, dazu führt, dass das Baby auch tiefer atmet.

Also ich denke das wichtigste ist, dass du im Alltag in den meisten Situationen dem Baby vermittelst, dass du ihm helfen willst und sein Befinden dir wichtig ist. Trotzdem darfst du auf die eigenen Belastungsgrenzen achten und das Baby natürlich auch mal ohne singen und tragen schreien lassen. Wenn du trotzdem in Verbindung bleibst, ist das völlig okay.

Und auch Sonsersituationen darf es geben. Das Baby merkt ja, dass es an der Situation liegt und nicht an dir. Was meinst du wie es in Familien mit mehreren Kindern läuft. Natürlich muss man das Baby auch mal abgelegt schreien lassen, wenn beim Kleinkind der Kot aus der Windel läuft oder das Schulkind sich verletzt hat. Das ist ganz normal und die Evolution wird schon dafür gesorgt haben, dass die Bindung solche Situationen übersteht.

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Vielen lieben Dank für eure Antworten und lieben Worte.

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Meine Kinder fanden den Kinderarzt Phasenweise voll doof und nach nem impfen ist der, am Folgetermin immer unten durch!

Deine kleine ist 3 Wochen... die wird jetzt wacher und damit auch aktiver. Mein ältester war ein Schreibaby... damit fing der aber erst nach dem ersten Monat an. Das liegt an Entwicklungsstand. Das Kind brüllt nicht weil es zur u2 n bisschen Blut aus der Ferse bekommen hat. Dazu merken die sich das nicht lange genug. So leicht kann man urvertrauen nicht zerstören. Da muss man schon grob fahrlässig sein und das Kind ein Bewusstsein für sein ich und seine Umwelt entwickeln. Im ersten Jahr sehen die sich nicht als eigenständig sondern ein Teil der Mama. Erst mit knapp 1-1,5 Jahren bekommen die das Bewusstsein eine eigene Person zu sein. Vorher halten die ihr Spielbild auch noch für ein fremdes Baby.