Gefährlich für Babys?

Schwimmbad: Der wahre Grund für Chlorgeruch

Sommerzeit, Badezeit. Wenn wir im Schwimmbad nach Abkühlung suchen, fällt uns manchmal ein starker Chlorgeruch auf. Dabei ist Chlor an sich geruchlos, nur in Verbindung mit Harnstoff sticht es in der Nase. Ist die Kombination nur eklig oder auch schädlich – vor allem für Babys?

Autor: Heike Byn

Chlor im Schwimmbad: Wie der typisch faulige Geruch entsteht

Chlor-Teaser
Foto: © Colourbox

Chlor an sich ist nicht schlimm. Im Gegenteil: Es sorgt dafür, dass Krankheitserreger im Wasser sicher und schnell abgetötet werden und wir und unsere Kinder nach dem Schwimmbadbesuch nicht krank werden. Das Infektionsschutzgesetz verpflichtet die Betreiber von öffentlichen Bädern ausdrücklich zum Gebrauch von Chlor, sogar die Menge ist gesetzlich vorgeschrieben: Zwischen 0,3 und 0,6 Milligramm Chlor pro Wasser müssen es sein, je nach Zahl der Besucher, Wasserqualität oder Leistungsfähigkeit der Aufbereitungsanlage bis zu 1,2 Milligramm. Soweit, so gut. Das Problem mit dem an sich geruchlosen Chlor ist aber, dass es gern und schnell Verbindungen mit anderen Stoffen eingeht – z.B. mit dem ebenfalls geruchlosen Harnstoff. Zusammen ergeben Chlor und Harnstoff dann eine ungute Verbindung namens Trichloramin, das stark und unangenehm riecht. „Wenn es in einem Schwimmbad stark nach Chlor riecht, dann ist viel Harnstoff im Wasser", erklärt Alexander Kämpfe, Fachgebietsleiter für Schwimm- und Badebeckenwasser beim Umweltbundesamt.

Stinkender Chlor-Urin: Harnstoff aus der Blase und von Cremeresten auf der Haut

Wer jetzt glaubt, Harnstoff ist gleich Urin aus der Blase und stammt nur aus undichten Schwimmwindeln, von inkontinenten Senioren oder faulen Schwimmern, die den Weg zur Toilette scheuen, der irrt. Tatsächlich kommt ein wenn auch geringerer Teil des Harnstoffs im Wasserbecken nicht aus der Blase, sondern von der Körperoberfläche: Denn viele Menschen mit trockener Haut reiben sich mit Cremes ein, die Harnstoff enthalten. Der wird beim Schwimmen von der Haut abgewaschen. „Einmal ins Becken pinkeln bedeutet rund sechs Gramm Harnstoff im Wasser. Das entspricht der Menge von fast 40 Badegästen, die den Harnstoff nur über die Haut ins Wasser bringen", so Alexander Kämpfe vom Umweltbundesamt. Die Gleichung ist also einfach: Je mehr Harnstoff, desto mehr Trichloramin, desto mehr vom typischen „Schwimmbadgeruch".

Chlor-Harnstoff-Gemisch: Gefährlich bei Asthma und starker Allergie

Ist die stinkende Chlor-Harn-Kombination denn nun nur eklig oder auch schädlich – vor allem für Babys und Kleinkinder? „Das kommt auf die Konzentration an und darauf, wie empfindlich ein Kind ist", sagt Hermann Josef Kahl, Sprecher des Bundesverbandes der Kinder- und Jugendärzte. Vor allem bei Kindern mit Asthma, starken Allergien oder großer Allergiegefährdung kann das Trichloramin Atembeschwerden oder Hauptprobleme verursachen. „Ansonsten macht Chlor – auch in Verbindung mit Harnstoff – nicht krank", so der Kinderarzt Hermann Josef Kahl. „Ohne Chlor wären die Risiken, sich im Schwimmbad mit Krankheitserregern zu infizieren, definitiv höher." Gegen die manchmal auftretenden Reizungen von Augen helfe eine Schwimmbrille, die ebenfalls vorkommenden Schleimhautreizungen in Nase und Rachen gingen in der Regel von alleine wieder weg. Auf keinen Fall, betont Kinderarzt Kahl, sollten die zunehmenden Berichte über Trichloramin im Wasser dazu führen, dass Familien Hallen- und Freibäder meiden. „Angesichts einer steigenden Zahl von Kindern, die nicht schwimmen können, ist der Effekt von regelmäßigen Schwimmbadbesuchen mit den Eltern wichtig und sinnvoll", betont Hermann Josef Kahl.

Vorbeugen: Vor dem Schwimmen gründlich duschen!

Deshalb schlicht noch mehr Chlor ins Schwimmbecken zu geben, ist keine Alternative, denn sie löst das Grundproblem nicht. Einen Ausweg verspricht dagegen die einfache Regel: Vor dem Schwimmen zur Toilette gehen und vor allem vorher zu duschen, statt nur danach. „Gründliches Duschen entfernt bis zu 97 Prozent des Harnstoffs", informiert denn auch das Umweltbundesamt in einem Video auf seiner Website. Auch wenn die allermeisten Schwimmbäder heute dank guter Aufbereitungsanlagen und ständiger Beobachtung der Wasserqualität die Hygiene gut im Griff haben, kommt es hin und wieder durch unerwartet viele Besucher zeitweise zum unguten Chlor-Harnstoff-Mix. Wer empfindlich ist oder Kinder mit Asthma und/oder Allergien hat, kann das Trichloramin leicht erkennen: „Wenn man das Schwimmbad schon im Eingang riecht, dann ist was faul", sagt Jörg Rosbach, bei den Frankfurter Bäder-Betrieben zuständig für Technik und Bau.