9 Eltern-Ratschläge, die zum Glück vom Aussterben bedroht sind
Eigentlich unfassbar, was Eltern noch vor wenigen Jahrzehnten geraten wurde. Unsere Sammlung unsinniger Ratschläge, die manche Mitmenschen immer noch gern aus der Mottenkiste ziehen. Dazu die Fakten, warum wir Eltern sie gnadenlos überhören dürfen!
- „Lass sie ruhig mal den Kaminofen anfassen, dann merkt sie schon, dass er heiß ist!“
- „Muttermilch ist schadstoff-belastet, nimm lieber Babynahrung!“
- „Wenn dein Kleinkind dich schlägt, schlag' zurück, damit es sieht, wie das ist!“
- „Geh’ nicht immer gleich hin, wenn das Baby weint, sonst lernt es nie durchzuschlafen!“
- „Mit 12 Monaten sollte sie längst aufs Töpfchen gehen!“
- „Ein ordentlicher Klaps hat noch niemanden geschadet!“
- „Bei Durchfall helfen am besten Cola und Salzstangen!“
- „Muttermilch verliert ihren Nährwert ab einem Jahr Stillzeit!“
- „Nachts braucht ein Baby keine Flasche, es kann bis morgens warten!“
„Lass sie ruhig mal den Kaminofen anfassen, dann merkt sie schon, dass er heiß ist!“
Warum dieses Highlight der schwarzen Pädagogik total daneben ist, braucht man heute wohl nicht mehr zu erklären. Ob bei Herdplatte, Backofen oder Kamin: Das Kind macht die schlimme Erfahrung, dass Mama oder Papa ihm absichtlich großen Schmerz zufügen, anstatt es vor Leid zu beschützen. Eine verheerende Beschädigung seines Urvertrauens!
„Muttermilch ist schadstoff-belastet, nimm lieber Babynahrung!“
Um die Muttermilch ranken sich besonders viele Märchen. Zwar stimmt es, dass in der Muttermilch ein paar Schadstoffe zu finden sind. Allerdings ist deren Konzentration so gering, dass Fachleute betonen: Die Vorteile der Muttermilch gegenüber der Fertignahrung überwiegen bei weitem! Sie beugt frühen Infekten und späteren Allergien vor und enthält alles, was ein Baby braucht. Schlecht informierte Bedenkenträger dürfen dich daher völlig kalt lassen!
„Wenn dein Kleinkind dich schlägt, schlag' zurück, damit es sieht, wie das ist!“
Viele Kleinkinder haben eine Phase, in der sie hauen, wenn sie frustriert sind. Wenn du dein Kind jetzt zurückschlägst, lernt es nicht, dass man nicht hauen darf. Sondern, dass Schlagen ein probates Mittel der Kommunikation ist, schließlich machen Papa oder Mama das auch. Außerdem fühlt es sich durch den körperlich unendlich überlegenen Erwachsenen bedroht und abgewertet. Schlägt dein Kind nach dir, halte lieber seine Hand fest und sage energisch: „Nein! Wir hauen uns nicht!" Diese Phase geht bald von selbst vorüber.
„Geh’ nicht immer gleich hin, wenn das Baby weint, sonst lernt es nie durchzuschlafen!“
Auch hier solltest du weghören, denn Psychologen erklären: Babys müssen nicht durchschlafen „lernen". Das ist von der Natur auch gar nicht unbedingt vorgesehen. Ein Baby wacht nachts auf, weil es sich vergewissern will, dass es nicht allein ist. Kommt niemand, glaubt es, Mama und Papa seien für immer weg. Es fällt in eine bodenlose Angst. Dies, so warnen Wissenschaftler, unterhöhlt die vertrauensvolle Bindung an Mutter oder Vater, was spätere Angststörungen oder ein schwaches Selbstwertgefühl begünstigt.
„Mit 12 Monaten sollte sie längst aufs Töpfchen gehen!“
Es gibt zwar Kinder, die schon extrem früh scheinbar trocken sind. Sie bekommen aber fast ausnahmslos einen Rückfall, und sind letztlich sogar oft später sauber als andere Kinder. Entwicklungsforscher betonen: Ein Kind wird erst dann zuverlässig und auch langfristig trocken, wenn es von seiner Hirnreife her soweit ist. Das ist meist mit etwa zwei bis vier Jahren der Fall. Wenn der Nachwuchs von sich aus Interesse zeigt, sobald seine Freunde oder die Eltern auf die Toilette gehen, kannst du ihm Toilette oder Töpfchen erklären und hier und da fragen, ob er vielleicht mal muss.
„Ein ordentlicher Klaps hat noch niemanden geschadet!“
Doch, das hat er! Kinder, die geschlagen werden, erleben nicht nur eine große Verletzung ihres Selbstwertgefühls. Sie lernen auch, dass man Konflikte mit Gewalt lösen darf. Studien haben außerdem gezeigt, dass häufigeres Schlagen das Risiko von Angststörungen und Depressionen erhöht. Es beeinflusst sogar die Hirnentwicklung: Es stört Bereiche, die für eine intakte Persönlichkeitsentwicklung zuständig sind, und dies begünstigt eine Neigung zu Alkoholismus und Drogenabhängigkeit.
„Bei Durchfall helfen am besten Cola und Salzstangen!“
Salzstangen liefern nur Natrium, während der Körper bei Durchfall auch Kalium verliert. Der extrem hohe Zuckergehalt von Cola verstärkt diesen Kaliumverlust noch. Zucker führt außerdem zu Flüssigkeitsverlust über den Darm, obwohl dein Kind bei Durchfall sowieso schon viel Wasser verliert, und das kann gefährlich sein. Besser helfen Apfelpektin, spezielle Hefen oder ein Elektrolyt-Pulver (alles in der Apotheke). Ist dein Kind unter zwei Jahre alt, bei Durchfall immer auch zum Kinderarzt gehen!
„Muttermilch verliert ihren Nährwert ab einem Jahr Stillzeit!“
„Stillst du immer noch?" Diese erstaunte Frage wird manchen Müttern schon nach drei Monaten gestellt. Und wer nach einem Jahr noch stillt, bekommt oft die skurrilsten Behauptungen aus der Märchenecke zu hören. Dabei sorgt die Natur dafür, dass die Muttermilch in Menge und Nährstoffgehalt immer genau zum Alter eines Kindes passt! Stille dein Kleinkind also ruhig auch nach dem ersten Geburtstag (zusätzlich zur Beikost) weiter, wenn ihr beide das möchtet und genießt!
„Nachts braucht ein Baby keine Flasche, es kann bis morgens warten!“
Sehr viele Babys haben im ganzen ersten Lebensjahr nachts noch Hunger. Es ist wichtig, dass sie dann etwas bekommen, auch wenn manche Kinderärzte behaupten, dies sei ab acht Monaten nicht mehr nötig. Ein Baby in diesem Alter verhungert vielleicht nicht gleich, wenn es nachts keinen Milch trinken darf. Dennoch ist es darauf angewiesen, dass sein Bedürfnis erfüllt wird: Wenn es trotz seines Hungers keine Milch bekommt, kann es das nicht verstehen und weint verzweifelt. Sein Vertrauen in dich und seine kleine Welt wird erschüttert.