Berlin mit Kindern
Dass es in der Hauptstadt Familien-Attraktionen wie Legoland oder Sea Life gibt, ist allgemein bekannt. Zu einer entspannten Reise mit Nachwuchs trägt ein Besuch in diesen teuren, überfüllten Locations eher nicht bei. Wir bieten Familien alternative Attraktionen - empfohlen von unserer Berliner Autorin Maja Roedenbeck.
Kurzurlaub: Berlin mit Kindern
Ausschlafen im schicken Hotel, danach ausgiebig brunchen, über die Shoppingmeile flanieren und schließlich eine Massage im Wellness-Tempel genießen, bevor man aufbricht, das Nachtleben zu erkunden – so in etwa sieht eine Städtereise aus, wenn ein frisch verliebtes Paar ohne Anhang sie unternimmt. Mit Kindern läuft das ein bisschen anders, kann aber genauso viel Spaß machen. Denn wer sich darauf einlässt, eine Stadt aus ihrer Perspektive zu entdecken, bekommt einen viel authentischeren Eindruck vom dortigen Lebensalltag: Er kommt auf dem Kiezspielplatz mit Eltern aus der Nachbarschaft ins Gespräch, zählt Eisdielen statt Sehenswürdigkeiten und nimmt als Andenken nicht den typischen Kitsch aus der Touristeninformation, sondern ein Unikat eines ortsansässigen Kinderklamotten- oder Spielzeug-Designers mit nach Hause. Wenn Sie die Städtereise-Tauglichkeit Ihres Nachwuchses für den Anfang in Berlin testen möchten, ist vielleicht unter folgenden Anregungen etwas für Sie dabei:
Unterkunft
Ein Zimmer mit Doppelbett für die Eltern und Ausklappsofa oder Babybettchen für die Kinder bekommt man in jedem größeren Hotel, dennoch hier zwei Links zu zentralen Berliner Hotels, die sich Familienfreundlichkeit ausdrücklich auf die Fahnen schreiben:
Das Holiday Inn Berlin Mitte bietet Familienzimmer (21qm) und Familiensuiten (42qm) an, hat ein extra Spielzimmer eingerichtet und wirbt mit seinen „Happy Family Packages“: z.B. 2 Übernachtungen, Begrüßungsabendessen plus Gruppenkarte für die öffentlichen Verkehrsmittel für 265 Euro. Um Steckdosensicherungen und Babybadewanne braucht man sich hier auch nicht zu kümmern.
Das 3-Sterne-Hotel Berliner Hof an der Gedächtniskirche gewährt im Jahr 2011 unter bestimmten Bedingungen einen Familienrabatt von 20 Prozent auf den aktuellen Tagespreis für die Buchung eines Familienzimmers. Das besteht hier aus zwei Studiozimmern mit Verbindungstür. Für Babyphon, Buggy und Co. ist gesorgt.
Essen
Nur satte Kinder sind gute Reisebegleiter. Wohin also zur Nahrungsaufnahme so zwischendurch? In jedem Berliner Bezirk gibt es ein paar Kindercafés (hier eine mit wirklich guten Tipps bestückte Top Ten Liste: www.top10berlin.de, außerdem empfehlenswert: das „Kiezkind“ oder das „Amitola“). Die Spielmöglichkeiten in diesen Kindercafés bestehen meist aus einer kleinen Rutsche, einem kleinen Klettergerüst, einem Bällebad und ein paar Kramkisten und sind damit für Kleinkinder bis vier bis fünf Jahren interessant, das Speiseangebot ist eher was für die Kaffee-und-Snack-Pause als für den großen Hunger.
Essen gut und satt gibt’s dagegen im „Charlottchen“ oder beim Familien-Sonntags-Brunch von 10 bis 14 Uhr in der „Alten Bahnhofshalle“ neben dem „S-Café Friedenau“ direkt am S-Bahnhof Friedenau (S1) (unbedingt reservieren!). Zwar beschränkt sich das Spielzeugangebot auch hier auf einen Autoteppich plus Kaufladen und ein paar Kisten Kram (kleiner Spielplatz direkt nebenan), doch der Raum ist so groß und spärlich bestuhlt, dass auch ältere Kinder beim Herumstromern nicht stören und ein Eckchen finden, um sich mit ihren Fußballtauschkarten zurückzuziehen. Das wunderbare Buffet besteht nicht nur aus der 08/15-Brunch-Variante, sondern immer auch aus besonderen Häppchen wie gefüllten Blätterteigtaschen, Mini-Quiches oder Oliven-Antipasti.
Aktivitäten
Spielplätze
Für Städtereisende mit Kindern ist es immer eine gute Idee, die Besichtigung einer Sehenswürdigkeit mit einem anschließenden Spaß-Programmpunkt zu kombinieren. Sich also zum Beispiel einige Spielplätze entlang der geplanten Tagesroute herauszusuchen, um dort in regelmäßigen Abständen Zwischenstopps einzulegen. Im Berliner Online-Spielplatzverzeichnis und auf den Seiten des Senats für Stadtentwicklung werden zahlreiche Spielplätze mit Fotos und teils mit Elternbewertungen vorgestellt. Die vom Brandenburger Tor und Großen Stern aus nächstgelegenen Spielplätze befinden sich im Großen Tiergarten. Nach der rasanten Fahrstuhlfahrt auf den Fernsehturm am Alexanderplatz geht’s zum Toben in den Monbijou-Park am S-Bahnhof Hackescher Markt. Und der Funkturm auf dem Messegelände in Charlottenburg liegt nahe dem Lietzenseepark, der gleich drei Spielplätze, einen Imbiss und das Café „Bootshaus Stella“ beherbergt.
Ein schön gelegener Spielplatz mit Seilbahn verbirgt sich auch ganz hinten im Schlosspark Charlottenburg. Nach der Familienführung „Mit der Kammerzofe Sophie durchs Schloss“ für 6- bis 10-Jährige lässt es sich gemütlich dorthin spazieren. Vielleicht zum Abschluss des Nachmittags noch auf eine Waffel in die mit allerlei romantischem Plunder dekorierte „Kleine Orangerie“? Oder doch lieber der müden Beine wegen die Abkürzung durch den Parkhinterausgang zum S-Bahnhof Jungfernheide nehmen?
Schwimmen
Nur weil dieser Urlaub nicht am Meer stattfindet, müssen die Kinder aufs Schwimmen ja nicht verzichten! Hier stellen die Berliner Bäderbetriebe ihre Hallenschwimmbäder vor, mit einem gelben Punkt versehen sind die freizeitorientierten Spaß- und Erlebnisbäder. Ein (teurer) Tagesausflug könnte ins 60km südlich von Berlin gelegene Tropical Islands führen – eine künstlich angelegte Tropenlandschaft in der ehemaligen Cargo-Lifter-Halle.
Wer im Sommer anreist, findet hier Beschreibungen der Berliner Freibäder. Weit über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt ist natürlich das Strandbad Wannsee . An heißen Sommertagen ist von einem Besuch mit kleinen Kindern allerdings abzuraten, denn da mutiert das Strandbad Wannsee zum reinsten Ballermann – viel zu voll, viel zu laut, viel zu wenig Schatten, viel zu viele Spaßattraktionen. Wesentlich ruhiger und entspannter (wenn auch in die Jahre gekommen) ist das Strandbad Jungfernheide, gelegen im Volkspark Jungfernheide, der auch einen Spielplatz, mehrere Wildgehege und einen Hochseilklettergarten für Kinder ab sechs beherbergt.
Indoor
An Regentagen könnten Sie mit etwas größeren Kindern, die sich schon sicher alleine bewegen, einen Indoor-Spielplatz in Betracht ziehen. Obgleich die natürlich alle sehr laut und nicht sehr „echt Berlin“ sind und nur unterirdisches Fast Food servieren. Die größeren (z.B. Jack’s Fun World in Reinickendorf) befinden sich eher außerhalb der Innenstadt. Relativ zentral liegen das „Pingolino“ in Charlottenburg und „Jolos Kinderwelt“ in Kreuzberg. Im „KiiWii“ in Wilmersdorf trinken die Eltern ihren Kaffee zumindest in einem separaten Raum und beobachten die tobenden Kinder durch eine Glasscheibe.
Wo gehen wir hin?
Kulturprogramm
Viel schöner bei schlechtem Wetter: ein Kulturprogramm. Im Mitmachmuseum „Labyrinth“ hat gerade die Ausstellung „Frische Tinte“ über die Erlebniswelten von „Tintenherz“-Autorin Cornelia Funke eröffnet. Dort können die kleinen Besucher ihr eigenes Fischernetz knüpfen, Lese- und Schreibrätsel lösen oder ein kleines Puppentheater improvisieren. Unbedingt Hausschuhe oder Stoppersocken mitbringen!
In Berlin gibt es zudem mehrere Kinder- und Jugendtheater, die ihre Stücke derart schön anzusehen inszenieren, dass sie den Vergleich mit dem Erwachsenentheater nicht zu scheuen brauchen. Da sitzt man als Eltern nicht nur gähnend daneben und ist froh, dass der Nachwuchs sich über den Kasperle kaputtlacht, sondern fühlt sich selbst gut unterhalten. Empfehlenswert sind das ATZE Musiktheater direkt am U-Bahnhof Amrumer Straße mit seinen Bühnenversionen von „Momo“, „Ronja Räubertochter“ und den „Bremer Stadtmusikanten“, aber auch modernen, gesellschaftskritischen Stücken. Oder das GRIPS Theater mit dem weltbekannten Kultstück „Linie 1“ für Jugendliche und Erwachsene, aber auch Aufführungen wie „Krach im Bällebad“ oder „Julius und die Geister“ für Kinder ab dem Vorschulalter. Eine Auswahl weiterer Locations für Familientheater: das Puppentheater „Hans Wurst Nachfahren“, das anspruchsvolle Jugendtheater „STRAHL“ oder das „Theater an der Parkaue“ mit Klassikern wie „Räuber Hotzenplotz“ und „Peter und der Wolf“.
Bummeln
Der menschenüberlaufene Ku’damm oder die Potsdamer Platz Arkaden sind nicht unbedingt die besten Adressen für eine Shopping-Tour mit kleinen Kindern. Wie wäre es stattdessen mit der Florastraße in Pankow, die sich in den vergangenen Jahren zur Kindermeile gemausert hat? Zwischen den S-Bahnhöfen Pankow und Wollankstraße gibt es dort den Kinderbuchladen „Buchsegler“, in dem ein Piratenschiff zum Entern bereitsteht, das Kindercafé „schönhausen“ mit seinem sagenhaft leckeren Obstsalat mit karamellisierten Walnüssen und Honig, den Kinder-Secondhand-Laden „Siebenstern“, den Kinderschuhladen „Über Stock und Stein“ und den „Wunschkind“-Shop für Schwangerschaftsmode und Babyerstausstattung. Der Spaziergang endet auf dem benachbarten Kinderbauernhof „Pinke-Panke“.
Auch in der Leonhardtstraße in Charlottenburg (Nähe S-Bahnhof Charlottenburg) gibt es gleich mehrere Geschäfte für kleine Leute: Bei „Finkids“ finden Sie nordisch-sportliche Kindermode, „Kleine Fische“ hat viele ausgewählte Lieblingsstücke für Babys im ersten Lebensjahr, „Paulinchen“ ist ein Kinder-Secondhand-Laden und „Coquins Coquines“ verkauft Pariser Spielzeug und „1000 Dinge, bei denen Ihre Kleinen große Augen machen“. Den wohlverdienten Kaffee zum Ausklang des Bummels gibt’s in einem der Straßencafés am Stuttgarter Platz (Ecke Leonhardtstraße), vor denen meistens ein Tisch mit Blick auf den Spielplatz gegenüber frei ist.
Für das eingangs versprochene Andenken – das Unikat eines Berliner Designers – könnten Sie bei „bubble.kid“ vorbeischauen. Das Berliner Label steht für schlichte Trendmode aus Wohlfühlstoffen für Kinder bis sechs Jahren. Oder bei „Die kleine Gesellschaft“, hier gibt’s den Fernsehturm als Rassel und anderes Spielzeug. „Dollyrocker“ und „Fräulein S“ machen Recyclingmode im bunten Materialmix aus handverlesenen, hochwertigen Flohmarkttextilien für Kinder bis zum (Vor-)Schulalter. Bei „Glaube und Wahrheit“ finden Sie das Phantasie-Kuscheltier „Schweinmeisenbär“, „Hase Weiss“ hat Kindermöbel und Accessoires und „la fraise rouge“ designt ausgefallene Spieluhren, „Taschentüchtertaschen“ und „Wärmetierchen“.
Babysitting
Ein Abend auf dieser Reise allerdings, der gehört Mama und Papa ganz allein. Vielleicht möchten Sie sich die „Blue Man Group“ ansehen oder schick essen gehen im „HBC“? Mehrere Berliner Babysitteragenturen vermitteln Kinderbetreuung im Hotel: die „Biene Maja Kinderbetreuungsagentur“, die „Agentur Pünktchen“ und der „Babysitter Express“. Die Preise für eine Stunde Betreuung von zwei Kindern bewegen sich zwischen 15 und 17 Euro, teils ist eine Express-Service-Pauschale für sehr kurzfristige Buchungen fällig, teils gibt es eine Mindestbetreuungsdauer.
Die Agenturbetreiberinnen berichten einstimmig, dass es in den allermeisten Fällen keine Probleme gibt, wenn Urlaubskinder in fremder Umgebung von ihnen fremden Personen betreut werden - insbesondere dann nicht, wenn sie es bereits gewöhnt sind, von anderen Personen als Mama und Papa betreut zu werden. Mit dem „Überraschungskoffer“, einer halben Stunde Kennenlern- und Eingewöhnungszeit, bevor die Eltern losziehen, und ganz viel Kindererfahrung gelingt es den Betreuerinnen schnell, Vertrauen aufzubauen und eine gute Stimmung herzustellen.
Und am nächsten Morgen…
… sind Mama und Papa wieder ganz entspannt für die Familie da. Zeit für einen gemeinsamen Besuch im Zoo, im Ökowerk, in der Domäne Dahlem oder, oder, oder ...
Übrigens
Hier gibt es einen Museums-Guide Berlin für Kinder und Jugendliche: inside.expedia.de/berlin-museumsguide