Zum Essen trinkt man nicht?

Irrtümer rund ums Trinkwasser

Zu kaum einem Lebensmittel finden sich mehr Weisheiten, Ratschläge und Belehrungen als zum Wasser aus dem Hahn. Lebensmittel-Experte Prof. Helmut Heseker von der Universität Paderborn ist den häufigsten Mythen zum Wasser auf den Grund gegangen.

Autor: Forum Trinkwasser
Frau trinkt Wasser
Foto: © Forum Trinkwasser

Darf man zu Kirschen Wasser trinken?

Fast jedes Kind kennt diese Weisheit: „Nach dem Kirschen essen darf man kein Wasser trinken.“ Aber Ernährungswissenschaftler Prof. Dr. Helmut Heseker gibt Entwarnung: „Magenprobleme entstehen durch Gärungsprozesse in Magen und Darm. Auf den Schalen von Kirschen sitzen unter anderem Hefepilze, die Blähungen verursachen. Diese Hefepilze können mit dem Obst durchaus in den Magen gelangen, werden dort aber normaler Weise von der reichlich vorhandenen Magensäure rasch vernichtet und unschädlich gemacht“, so der Experte. Da sich früher auch im Trinkwasser Hefepilze befinden konnten, die den beschriebenen Effekt verstärkten, riet man von der Kombination ab. Heute ist das Trinkwasser in Deutschland von so hoher Qualität, dass Wasser auch nach dem Genuss von Steinobst bedenkenlos getrunken werden kann.

Zum Essen trinkt man nicht!

Seit über hundert Jahren ist diese Empfehlung zu hören und hat es sogar in Schulbücher geschafft. Doch dieser Ratschlag ist schlichtweg falsch. Mikrobiologen glaubten damals, dass die Magensäure durch das Trinken während des Essens zu sehr verdünnt wird und es dadurch zu Infektionen und Erkrankungen kommt. Heute weiß man, dass dies nicht der Fall ist und empfiehlt Trinken und Essen zu kombinieren: „Wer zum Essen trinkt, trägt zur Deckung des Wasserbedarfs bei. Auch hilft das Trinken von Wassers, die oft durch Verarbeitungs­prozesse konzentrierte Nahrung zu verdünnen. So kann beispielsweise ein regelmäßiger und hoher Verzehr von trockenen Frühstückscerealien ohne ausreichende Flüssigkeitszufuhr zur Entstehung einer Divertikulitis, also einer krankhaften Veränderung der Darmschleimhaut, beitragen“, erläutert Prof. Heseker.
Ein zusätzlicher Effekt bei Diäten: Eine Studie der Berliner Charité im Auftrag des Forum Trinkwasser ergab, dass schon das Trinken von eineinhalb bis zwei Liter Wasser den Energieumsatz um 100 Kilokalorien pro Tag erhöhen kann.

Hartes Wasser trinken: Arterienverkalkung und Nierensteine?

Hartes Wasser ist ein Wasser mit einem hohen Gehalt an Mineralstoffen, besonders an Magnesium- und Calcium-Ionen – es hat demnach einen hohen Kalkgehalt. Die Hypothesen, dass eine erhöhte Wasserhärte das Risiko für Arteriosklerose und/oder Nierensteinen steigen lässt, sind mehr als 40 Jahre alt. Hierzu stellt Prof. Dr. Heseker fest: „Langzeitstudien in England und Wales haben keine Beweise für diese Annahme geliefert. Auch die Weltgesundheitsbehörde hat die Schlussfolgerung gezogen, dass keine überzeugenden Belege vorliegen, die für einen Einfluss der Wasserhärte auf die Gesundheit – weder im positiven noch im negativen Sinne – sprechen.“ In einer neuen Analyse von Studien, die an Nierensteinpatienten durchgeführt wurden, konnte außerdem gezeigt werden, dass eine höhere Flüssigkeitszufuhr das Risiko für erneute Nierensteine reduziert. Auch ein geringerer Verzehr von süßen Erfrischungsgetränken reduzierte das Risiko für erneute Nierensteinerkrankungen.

Ist Sauerstoff-Wasser ein Power-Elixier?

Die Werbung verspricht, dass sauerstoffangereichertes Wasser für Vieles gut ist. Ernährungsexperten können das nicht bestätigen. Prof. Dr. Helmut Heseker erklärt, warum es wenig Sinn macht, Sauerstoff zu „trinken“: „Unsere Lunge verfügt über eine große Überkapazität, um uns mit lebensnotwendigem Sauerstoff zu versorgen. Dazu brauchen wir unseren Darm nun wirklich nicht.“ Auch bei Hochleistungssportlern wird die Leistungsfähigkeit nicht durch die Zufuhr von Sauerstoff in den Körper limitiert, sondern von der begrenzte Fähigkeit den vom Körper aufgenommenen Sauerstoff mit Hilfe der roten Blutkörperchen in die Muskelzellen zu transportieren.

 

Gibt es rechts- und linksdrehendes Wasser?

Die Begriffe rechts- und linksdrehend man aus dem Bereich der Milchprodukte, denn hier gibt es zum Beispiel in Joghurt rechts- und linksdrehende Milchsäure, die der Körper unterschiedlich gut verwertet. Aber funktioniert dieser Effekt auch bei Wasser? Herr Prof. Dr. Heseker: „Bei Wasser kann es aufgrund seiner chemischen Struktur nicht zu den Effekten rechts- und linksdrehend kommen und demnach auch nicht zu einer unterschiedlich guten Verwertung von Wasser im Körper.“