Landkinder seltener allergisch
Bekommen Kinder, die im Dreck wühlen dürfen, seltener Allergien? Eine interessante Studie untermauert diese These.
Studie untermauert die Hygiene-Hypothese
Menschen, die in ländlicher Umgebung aufwachsen, leiden weniger oft an Asthma und Allergien als Kinder aus städtischen Gegenden. Grund dafür ist ein trainiertes Immunsystem: Der Kontakt mit dem Bakterienbestandteil Endotoxin während der Kindheit bewirkt möglicherweise, dass das Immunsystem Allergene besser toleriert, so dass es seltener zu allergischen Reaktionen kommt. Landkinder sind weit größeren Mengen dieser Substanz ausgesetzt als Stadtkinder. Diese Ergebnisse veröffentlichte die internationale Allergy and Endotoxin Gruppe (ALEX) unter Beteiligung von Prof. Dr. Albrecht Bufe (Universitätskinderklinik der Ruhr-Universität Bochum) im "New England Journal of Medicine".
Fragebögen, Matratzenstaub und Blutproben
"Am deutlichsten ist der Effekt, wenn sich Kinder schon im ersten Lebensjahr regelmäßig in Ställen aufhalten und unbehandelte Kuhmilch trinken", so Prof. Bufe. Die Forscher untersuchten 812 Kinder zwischen sechs und 13 Jahren aus ländlichen und Stadtgebieten in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die Eltern füllten zunächst einen Fragebogen aus, in dem sie angaben, ob ihr Kind auf einem Bauernhof lebt oder nicht, und ob es Symptome von Asthma oder einer Allergie wie z. B. Heuschnupfen zeigte. Die Wissenschaftler entnahmen den Betten der Kinder Staubproben, die sie auf Endotoxin, einen Zellwandbestandteil von Bakterien, und bekannte Allergene untersuchten. Außerdem prüften sie die Aktivität des Immunsystems der Kinder anhand von Blutproben.
Mehr Staub und weniger Allergien
In Matratzen vom Land fanden die Forscher etwa doppelt so viel Endotoxin wie in städtischen. Die Fragebögen ergaben, dass auf dem Land nur etwa halb so viele Kinder an Asthma und Heuschnupfen litten wie in der Stadt (Heuschnupfen: 4,1 Prozent der Land- und 10,5 Prozent der Stadtkinder, Asthma: 3,1 Prozent der Land- und 5,9 Prozent der Stadtkinder). Auch bei den Immuntests zeigte sich ein Zusammenhang zwischen der Immunreaktion auf verschiedene Substanzen und der Lebensumgebung. Die Menge an Endotoxin, der ein Kind ausgesetzt ist, verhält sich demnach umgekehrt proportional zu bestimmten Reaktionen seiner Immunzellen.
Hygiene-Hypothese untermauert
Grund für dieses Verhalten ist wahrscheinlich ein Trainingseffekt. Das angeborene Immunsystem erkennt Bakterienbestandteile und reagiert darauf, auch wenn keine Infektion zu bemerken ist. Durch solche Abläufe wird es toleranter gegenüber Keimen. Diese Forschungsergebnisse stützen wissenschaftlich die so genannte "Hygiene-Hypothese", die besagt, dass Allergien heute deshalb immer häufiger auftreten, weil Menschen wesentlich weniger mit Bakterien in Berührung kommen als früher. Wie genau der Toleranzeffekt funktioniert, ist jedoch noch unklar. "Diese Ergebnisse sollten nicht dazu führen, dass die Hygiene vernachlässigt oder gar das Impfen aufgegeben wird", warnt Prof. Bufe. (Quelle: Informationsdienst Wissenschaft)
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