Kindergartenkonferenz
Wut im Bauch ist ungesund. Damit Kinder nicht durch unausgesprochene Gefühle Magenschmerzen bekommen, können zum Beispiel regelmäßige Konferenzen im Kindergarten hilfreich sein.
Probleme ausdiskutieren - Kindergartenkonferenzen bieten Lösungen
Wer ständig Wut im Bauch hat, der wird langfristig gesehen gesundheitliche und zwischenmenschliche Probleme bekommen. Was für Erwachsene gilt, gilt freilich auch bei Kindern – und deshalb ist es so wichtig, dass bereits Vorschulkinder lernen, mit ihren Gefühlen umzugehen und diese auch artikulieren zu können. Hannelore Dierks, Leiterin in einer Kindertagesstätte im rheinischen Langenfeld, hat vor einiger Zeit in ihrer Einrichtung "Kinderkonferenzen" eingeführt. Die Jungen und Mädchen bekommen ein Forum, in dem sie – wenn sie mögen – erzählen können, was sie belastet, was sie doof finden oder was sie gerne verändern würden. Normalerweise sind für diese Konferenzen, die zum Teil unter ganz konkreten Themen stehen, bestimmte Termine angesetzt. Wenn den Kindern aber etwas besonders unter den Nägeln brennt, dann werden diese Runden auch kurzfristig einberufen. Hannelore Dierks gibt ein Beispiel: "Gleich morgens kamen etwa 20 Kinder an und sagten: Wir müssen unbedingt eine Kinderkonferenz haben. Das geht so nicht mehr weiter, wir hauen uns nur noch." Die Tagesstättenleiterin und einige aus dem Team haben sofort reagiert. Wenig später saßen die Kinder, die angefragt hatten, im Kreis versammelt.
Mut ist ... vor anderen zu weinen
Ein Junge steht auf und erzählt, dass ein anderer ihn gehauen und mit einem Stock geärgert habe. Während er das erzählt, kullern ihm die Tränen über die Wangen. Die anderen hören zu und sind ganz aufgewühlt. Hannelore Dierks fragt den "Übeltäter", ob das stimmt. Dieser gibt zu, den Weinenden geärgert zu haben. "Was kannst du denn jetzt tun, damit es dem Severin besser geht?", fragt die Erzieherin. Die Antwort: "Ich weiß nicht." Die anderen Kinder mischen sich ein: "Entschuldige dich!" "Das habe ich doch schon getan", sagt der Junge. "Meinst du, du kannst dich jetzt noch einmal entschuldigen? Schaffst du das?" hakt Hannelore Dierks nach. Der Junge kann – öffentlich sagt er Severin, dass es ihm leid tut. Ein Mädchen fragt Severin: "Geht es dir jetzt besser?" Mit seinen noch schmutzigen Händen – zuvor hatte er im Matsch gespielt - reibt er sich die Tränen weg und meint mit einem lauten Seufzer: "Ja."Mehrere Dinge sind für Hannelore Dierks entscheidend. "Diese Konferenz hatte absoluten Vorrang, da die Kinder ein ganz dringendes Bedürfnis hatten, zu reden. Für Severin war das eine sehr wichtige Erfahrung: Er hatte den Mut, vor anderen zu weinen. Er hat aber gemerkt, hier darf ich weinen, die anderen nehmen mich und meine Gefühle ernst."
Solidarisches Verhalten lernen
Dass sich der andere Junge entschuldigen musste, hat nichts mit autoritärer Maßregelung zu tun. "Es war mir wichtig, ihm deutlich zu machen, dass er mit seinem Verhalten einen anderen verletzt hat und dass er für seine Handlungen verantwortlich ist", erklärt Hannelore Dierks. Das Gespräch war für die gesamte Gruppe gut, weil hierdurch die schlechte Stimmung unter den Kindern bereinigt wurde. Die Kinder haben ganz konkret erlebt, dass es einem besser gehen kann, wenn man über seine Gefühle redet. Hannelore Dierks sieht in der "Kinderkonferenz" auch eine gute Möglichkeit, das solidarische und eigenverantwortliche Handeln einzuüben und somit die soziale Kompetenz zu stärken.