Warum nistet sich die Eizelle nicht ein?
Eizellen aus dem Körper einer Frau zu entnehmen und im Labor mit Samenzellen zu befruchten, ist inzwischen kein Problem mehr. Doch danach findet häufig keine Einnistung in die Gebärmutter statt. Woran liegt das?
Wichtige Rolle der Samenflüssigkeit?
Die Technik der künstlichen Befruchtung im Reagenzglas ist heute weit fortgeschritten, der Kinderwunsch wird dennoch oft enttäuscht: Nur knapp ein Drittel der künstlich befruchteten Eizellen führen nach dem Einsetzen in die Gebärmutter zur erwünschten Schwangerschaft.
Wissenschaftler der Universitäts-Frauenklinik Heidelberg untersuchen einen Faktor, der bislang eher vernachlässigt wurde: die Bedeutung der Samenflüssigkeit für die Einnistung der Eizelle in die Gebärmutter. Ergebnisse aus dem Labor sprechen dafür, dass die Schwangerschaftsrate nach künstlicher Befruchtung (In-vitro-Fertilisation, IvF) gesteigert werden kann.
Warum die Mehrzahl der Einpflanzungsversuche scheitert, ist im Detail nicht bekannt. Ein Teil der Eizellen wird wahrscheinlich von der Gebärmutterschleimhaut nicht "akzeptiert". "Natürliche Bedingungen" der Befruchtung, so vermuten die Wissenschaftler, könnten die Einnistung der Eizelle nach In-vitro-Fertilisation fördern.
Studie: Wie lässt sich die Einnistung der befruchteten Eizelle verbessern?
Im Rahmen einer klinischen Studie an der Universitäts-Frauenklinik Heidelberg wird untersucht, ob die künstlich befruchtete Eizelle eine größere Chance hat, sich in der Gebärmutter einzunisten, wenn die Gebärmutterschleimhaut mit einem Extrakt aus männlicher Samenflüssigkeit vor der Einnistung behandelt wird. "Wir möchten dadurch die Einbettung des Eis in die Gebärmutter verbessern", erklärt Professor Dr. Thomas Strowitzki. Dass bei der Einnistung ein kompliziertes Zusammenspiel von Botenstoffen und Zellen der Gebärmutter und des Immunsystems abläuft, zeigen jüngste wissenschaftliche Ergebnisse, auch aus der Heidelberger Klinik.
Schon jetzt gibt es wissenschaftliche Anhaltspunkte dafür, dass die Samenflüssigkeit eine aktive Rolle bei der Entstehung einer Schwangerschaft spielt. "Lange Zeit ist man davon ausgegangen, dass Samenflüssigkeit und überzählige Spermien nichts mit Befruchtung und
Einnistung zu tun haben", berichtet Oberarzt Privatdozent Dr. Michael von Wolff. Denn während der fruchtbaren Phase ist der Schleim im Gebärmutterhals besonders zäh. Zudem wurde angenommen, dass nur ein sehr kleiner Teil des Ejakulats in die Gebärmutterhöhle gelangen kann.
Dagegen sprechen neue Untersuchungen, die einen Einstrom von Substanzen vom Muttermund bis in die Eileiter innerhalb weniger Minuten nachgewiesen haben. Dieser Einstrom scheint durch Muskelbewegungen der Gebärmutter gefördert zu werden.
Ziel ist die Entwicklung eines Medikaments
Die Samenflüssigkeit enthält eine Vielfalt von Botenstoffen, die das Wachstum von Blutgefäßen fördern und Entzündungsreaktionen oder andere immunologische Reaktionen beeinflussen. In Laboruntersuchungen haben Dr. von Wolff und seine Mitarbeiter erstmals festgestellt, dass Samenflüssigkeit die Produktion von Botenstoffen in den Zellen der Gebärmutterschleimhaut reguliert, die wiederum die Einnistung der Eizelle begünstigen.
Daher sei "nächstes Ziel die Entwicklung eines Medikaments, das in die Scheide und den Muttermund gegeben wird und gezielt die Einnistungswahrscheinlichkeit verbessert", sagt Dr. Wolff. Dazu werden die Bestandteile der Samenflüssigkeit aufgetrennt, um zu erkennen, welche Substanzen für die Verbesserung der Einnistung wesentlich sind, um sie dann in einem Medikament zusammenzuführen. (idw)