Kinderwunsch

Progesteron: Das Gelbkörperhormon bereitet den Platz für den Embryo

Das Sexualhormon Progesteron bereitet den Körper auf die Schwangerschaft vor. Ein Mangel des sogenannten Gelbkörperhormons führt häufig zu unerfülltem Kinderwunsch.

Autor: Dr. Sandra Hermes

Was ist Progesteron?

Teaser Progesteron
Foto: © iStock, stsmhn

Progesteron ist ein weibliches Geschlechtshormon (Gestagen). Es bereitet die Gebärmutterschleimhaut auf die  Einnistung einer befruchteten Eizelle vor. Das geschieht in der zweiten Zyklushälfte (Gelbkörperphase).

Wo wird Progesteron gebildet?

Das Sexualhormon wird in erster Linie in den Eierstöcken vom sogenannten Gelbkörper (Corpus luteum) gebildet. Daher wird auch der Begriff Gelbkörperhormon oder Corpus-luteum-Hormon benutzt. Der Gelbkörper entsteht nach dem Eisprung aus den Resten der gesprungenen Eizelle. Während einer  Schwangerschaft übernimmt auch der Mutterkuchen (Plazenta) einen Teil der Hormonproduktion. In kleinen Mengen wird das Gelbkörperhormon außerdem von den Nebennieren zur Verfügung gestellt.

Übrigens bildet auch der männliche Körper in der Nebennierenrinde und den Hoden kleine Mengen Progesteron. Beim Mann ist das Sexualhormon wichtig für die Beweglichkeit der Spermien und ihre Fähigkeit, in eine Eizelle einzudringen.

Aus Progesteron können auch Östrogen und Testosteron gebildet werden. Ein Mangel an Progesteron kann also auch zu einem Mangel anderer Geschlechtshormone führen.

Welche Bedeutung hat Progesteron?

Wie wichtig ein Hormon ist, sieht man meist, wenn es nicht oder nicht ausreichend vorhanden ist. Das Hormon Progesteron spielt eine wichtige Rolle, um schwanger zu werden. Produziert der Gelbkörper nicht genug Progesteron, wird die Gebärmutterschleimhaut nicht auf die Ankunft der befruchteten Eizelle vorbereitet. Sie kann sich nicht in der Gebärmutter einnisten, und geht mit der dann eintretenden Blutung ab. Man spricht in diesem Fall von einer Gelbkörperschwäche oder einem Progesteronmangel. Er ist eine häufige Ursache bei unerfülltem Kinderwunsch.

Wie verändert sich der Progesteronspiegel?

Die Gelbkörperausschüttung ist abhängig vom weiblichen Zyklus. Wenn hormonell alles in Ordnung ist, gibt die Progesteronkonzentration im Blut Auskunft darüber, in welcher Phase ihres Zyklus die Frau sich befindet. In der ersten Zyklushälfte (vom ersten Tag des Zyklus bis zum Eisprung) ist die Konzentration des Hormons noch gering. In dieser Phase spielen andere Sexualhormone (z.B. Östrogen) eine Rolle, die zunächst für den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut sorgen.
Nach dem Eisprung steigt die Progesteronkonzentration. Der Gelbkörper reagiert auf das Signal eines anderen Hormons, des LH-Hormons (luteinisierendes Hormon). Dies wird in der Hypophyse (Hirnanhangdrüse) gebildet und gibt den Startschuss zur Progesteronausschüttung. Das Hormon aktiviert nun die Drüsen, Gefäße und Zellen der Gebärmutterschleimhaut, um den Embryo später mit Nährstoffen versorgen zu können.
Liegt keine Gelbkörperschwäche vor, ist der Progesteronspiegel in der zweiten Zyklusphase also stark erhöht.
Im Fall einer Schwangerschaft erhöht sich die Konzentration noch stärker. Progesteron wird nun zunehmend von der Plazenta erzeugt. Wird die Eizelle hingegen nicht befruchtet, bleibt der Wert in der Gelbkörperphase (oder Lutealphase) konstant und fällt mit der Menstruation wieder stark ab.

Hat Progesteron noch andere Wirkungen?

Das Hormon wirkt nicht nur auf die Gebärmutterschleimhaut. Es sorgt auch für eine Verdichtung der Brustdrüsen und eine Erhöhung der  Basaltemperatur (thermogenetischer Effekt). In der Schwangerschaft bleibt die Körpertemperatur konstant um 0,4 bis 0,6 Grad erhöht. Das Hormon verhindert in einer Schwangerschaft außerdem, dass ein weiterer Eisprung stattfindet.
Progesteron hat auch einen Einfluss auf die Einlagerung von Flüssigkeit ins Gewebe. Dadurch nimmt das Körpergewicht vor der Regelblutung leicht zu. Auch die Gewichtszunahme in der Schwangerschaft geht zu einem großen Teil auf die Wirkung des Gelbkörperhormons zurück. Darüber hinaus soll es den Knochenaufbau fördern und vor Brustkrebs schützen.
Progesteron wird auch als das Gute-Laune-Hormon bezeichnet. Es sorgt für Entspannung und hat einen positiven Effekt auf unsere Stimmung. Kein Wunder, dass der extreme Rückgang der Progesteronproduktion in den Wechseljahren bei vielen Frauen für Gereiztheit und schlechte Laune sorgt.

Wann ist es sinnvoll, den Progesteronwert bestimmen zu lassen?

Besteht bei dir schon länger der unerfüllte Wunsch nach einem Baby, kann eine Hormonuntersuchung mit einer Bestimmung des Progesteronwerts Hinweise auf die Ursache geben. Auch bei Zyklusstörungen, funktionellen Störungen der Eierstöcke oder anderen hormonell bedingten Erkrankungen ist eine Bestimmung des Progesteronwerts sinnvoll. Dein Arzt wird dir ab dem 21. Zyklustag mit einem Abstand von einigen Tagen zwei oder dreimal Blut abnehmen und den Progesteronwert bestimmen.

Wann liegt der Progesteronwert im Normbereich?

Während der ersten Zyklushälfte liegt die Konzentration des Gelbkörperhormons zwischen 0,2 und 1,5 Mikrogramm pro Liter (µg/l). Um den Eisprung herum liegt sie bei etwa 3,0, um dann in der zweiten Zyklushälfte auf bis zu 27 Mikrogramm pro Liter zu steigen.

In der Schwangerschaft steigt die Konzentration weiter an. 10 Mikrogramm pro Liter muss sie in den ersten zwölf Wochen mindestens betragen, damit die Schwangerschaft erhalten bleibt.

Die Progesteron-Werte während der Schwangerschaft:
1. Drittel: 3,0 bis 147 Mikrogramm pro Liter
2. Drittel: 23 bis 95 Mikrogramm pro Liter
3. Drittel: 28 bis 243 Mikrogramm pro Liter

Für Frauen in der Menopause ist ein Wert zwischen 0,2 und 1,4 Mikrogramm pro Liter im Normalbereich.
Wichtig! Die Referenzwerte unterscheiden sich von Labor zu Labor erheblich. Lass dich daher nach einer Untersuchung nicht von Abweichungen verunsichern. Sprich die Ergebnisse in Ruhe mit deinem Arzt durch. Er kann sie für dich interpretieren und sie ins Verhältnis zu deinen anderen Untersuchungsergebnissen setzen.

Wann ist der Progesteronwert zu niedrig?

• Bei einer sogenannten Gelbkörperschwäche (Corpus-luteum-Insuffizienz) produziert der Gelbkörper in den Ovarien zu wenig Progesteron. Eine Schwangerschaft wird unter diesen Voraussetzungen unwahrscheinlich. Bei einer bestehenden Schwangerschaft ist das Risiko für eine Fehlgeburt erhöht. Die unterschiedlichen Ursachen für eine Gelbkörperschwäche (auch GKS) können mit Medikamenten meist gut behandelt werden.
• Bei Störung des Eisprungs.
• Bei einer Unterentwicklung der Eierstöcke.
• In den Wechseljahren (Der Abfall des Hormonspiegels geht häufig mit typischen Beschwerden wie Gereiztheit oder Schlafstörungen einher. Sie werden häufig mit natürlichem Progesteron behandelt).
• Bei einer Eileiterschwangerschaft.

Wann ist der Progesteronwert zu hoch?

• Wenn Frauen in einer  Kinderwunschbehandlung entsprechende Medikamente einnehmen.
• Durch die Einnahme der Anti-Babypille.
• Bei Zyklusstörungen, bei denen der Gelbkörper auch nach Ende der Lutealphase noch Progesteron produziert und sich nicht mehr zurückbildet.
• Beim adrenogenitalen Syndrom (AGS).
• Durch Tumore, die das Hormon produzieren (z.B. Eierstocktumore).
• Bei einer Blasenmole.

Was tun bei Progesteronmangel?

Die Therapie richtet sich nach dem vorliegenden Befund. Ist eine Gelbkörperschwäche die Ursache für den Progesteronmangel, richtet sich der Fokus auf die erste Zyklushälfte. Eine medikamentöse Verabreichung von Progesteron und anderen Hormonen kann die Eizellreifung verbessern. Im Rahmen einer Kinderwunschbehandlung wird häufig  Clomifen oder Utrogest verschrieben.
Bei Zyklusschwankungen oder Wechseljahrbeschwerden hat natürliches Progesteron einen guten Effekt. Der Name irritiert etwas. Natürliches Progesteron wird aus dem Pflanzenstoff Diosgenin gewonnen. Er kommt zum Beispiel in der Yamswurzel vor. Der Begriff Natürliches Progesteron bedeutet, dass es der Molekülstruktur des Gelbkörperhormons entspricht. Es muss aber dennoch künstlich gewonnen werden. Im Unterschied dazu gibt es die synthetischen Gestagene. Dabei handelt es sich um chemisch veränderte Substanzen, die in der Anti-Baby-Pille vorkommen oder in der konventionellen Hormonersatztherapie angewendet werden.

Hat eine Progesteron-Therapie Nebenwirkungen?

Da die synthetischen Gestagene in der Hormontherapie oft starke Nebenwirkungen (Erhöhung des Brustkrebsrisikos) haben, bekam die Behandlung mit natürlichem Progesteron eine immer größere Bedeutung. Frei von Nebenwirkungen sind aber auch sie nicht. Besonders oral eingenommene Mittel belasten häufig den Magen-Darm-Trakt (Völlegefühl, Bauchschmerzen). Als Salbe, Creme oder Pflaster angewendet sind sie verträglicher. Auch Kopfschmerzen, Müdigkeit, Schmierblutungen und Gewichtszunahme sind mögliche Nebenwirkungen einer Hormonersatztherapie. Die Mittel sind verschreibungspflichtig.
Nachteil: Natürliches Progesteron wird schneller wieder abgebaut als synthetische Gestagene. Bei starkem Progesteronmangel reicht der Effekt daher nicht immer aus, um die Beschwerden in den Griff zu bekommen.