Gegen Kinderarmut mehr Steuern zahlen
Die Mehrheit der Deutschen fordert, Kinderarmut wirksamer zu bekämpfen. So das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerkes. Dafür würden zwei von drei Befragten sogar höhere Steuern in Kauf nehmen.
Als Maßnahmen zur Bekämpfung von Kinderarmut werden vor allem gefordert, einkommensschwache Familien und deren Kinder mit Lehrmittelfreiheit (97 Prozent), kostenfreiem Essen in Schule und Kita (86 Prozent) und auch kostenfreien Beteiligungsmöglichkeiten an Bildung, Kultur und Sport (81 Prozent) sowie kostenlosen Ganztagsbetreuungen in Schulen und Kitas (84 Prozent) zu unterstützen. In der Bevölkerung werden solche Maßnahmen der Kostenbefreiung als außerordentlich wichtig eingeschätzt. Bemerkenswert ist, dass Männer wie Frauen nahezu in gleichem Maße die kostenlose Ganztagsbetreuung fordern, während unter Frauen die Zugänge zu Kultur- und Freizeiteinrichtungen deutlich wichtiger eingeschätzt werden. Sehr stark verbreitet ist auch die Forderung, in Schulen und Kitas mehr Fachkräfte und Sozialarbeiter (94 Prozent) einzusetzen, die sich um benachteiligte Kinder kümmern. Von Bevölkerungsmehrheiten werden außerdem eine Anhebung der Hartz-IV-Regelsätze für Kinder (70 Prozent) und Erhöhungen des staatlichen Kindergeldes (62 Prozent) als wirksame Unterstützungen bewertet.
Zu geringes staatliches Engagement gegen Kinderarmut
Drei von vier der Befragten (72 Prozent) sind der Ansicht, staatliche und gesellschaftliche Verantwortungsträger würden „eher wenig" oder „sehr wenig" tun, um Kinderarmut wirkungsvoll entgegenzutreten. Trotz differenzierter Sicht der Anhänger der verschiedenen Parteien kommen jeweils große Mehrheiten der politischen Lager zur Aussage, Staat und Gesellschaft engagierten sich zu wenig gegen Kinderarmut. Hier schwankt die Zustimmungsrate zwischen 89 Prozent bzw. 80 Prozent bei den Linken- und SPD-Anhängern und 78 Prozent bzw. 60 Prozent bei den Grünen- und Unions-Anhängern.
66 Prozent würden sogar mehr Steuern zahlen
Auch bei der Frage der Finanzierung der notwendigen Maßnahmen gibt es eine große Übereinstimmung: 66 Prozent der Bundesbürger wären bereit, mehr Steuern zu bezahlen, wenn damit das Problem der Kinderarmut in Deutschland wirksam bekämpft würde. Gleichlautende Bekundungen gehen quer durch die politischen Lager. Dabei variiert die Zustimmung zwischen 87 Prozent bzw. 73 Prozent bei den Grünen- und SPD-Anhängern und 67 Prozent bzw. 60 Prozent bei den Unions- und Linken-Anhängern.
Nach Berechnungen des Deutschen Kinderhilfswerkes sind derzeit rund 2,8 Millionen Kinder und Jugendliche von Armut betroffen. Zur Bekämpfung fordert das Kinderhilfswerk, ein Nationales Programm gegen Kinderarmut mit einem besonderen Fokus auf dem Bildungsbereich.
Der Erwerbsstatus von Eltern sowie politische Rahmenbedingungen werden von der Bevölkerung als die wesentlichen Einflussfaktoren auf das Wohl von Kindern in Deutschland eingeschätzt. Niedrige Einkommen durch prekäre Arbeitsverhältnisse (85 Prozent) sowie die besondere Situation von Alleinerziehenden (75 Prozent) sind laut Umfrage die Hauptgründe für fehlendes Geld in Familien und damit auch die wichtigsten Auslöser für Kinderarmut in Deutschland.
Für die repräsentative Umfrage zur Kinderarmut in Deutschland wurden von infratest dimap im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerkes deutschlandweit 1.008 Wahlberechtigte ab 18 Jahren mittels computergestützter Telefoninterviews befragt.