Spiel- und Bolzplätze

Urteile zur Lärmbelästigung

Kinder und Jugendliche, die draußen spielen, werden unweigerlich zur Lärmquelle. Ärger mit den Nachbarn ist dabei häufig vorprogrammiert. Doch was müssen Anwohner von Spielplätzen hinnehmen? Hier Beispiele aus der Rechtsprechung.

Maedchen auf Reifenschaukel

Ein Spiel- oder Bolzplatz in einem Wohngebiet - das ist für Kinder und Jugendliche der Nachbarschaft ein Ort, wo sie unbeschwert spielen und Freunde treffen können. Für die unmittelbaren Anwohner dagegen ist dies – vor allem wegen der Geräusche der spielenden Kinder – häufig ein bloßer Störfaktor. Wegen dieser unterschiedlichen Interessen mussten sich in der Vergangenheit schon mehrere Gerichte mit der Zulässigkeit von Spiel- und Bolzplätzen beschäftigen.

Spielplätze

Bereits im Jahr 1991 hat das Bundesverwaltungsgericht– also das höchste deutsche Verwaltungsgericht – die Zulässigkeit von Spielplätzen in Wohngebieten grundsätzlich bejaht. Spielplätze, die nach ihrer Ausstattung für Kinder bis zu 14 Jahren eingerichtet sind, seien sozialadäquate Einrichtungen innerhalb einer Wohnbebauung, so das Gericht. Sie seien erforderlich, um Kindern einen ungestörten Aufenthalt im Freien zu ermöglichen und ihnen Gelegenheit zu geben, ihr Sozialverhalten im Spiel mit anderen Kindern zu entwickeln. Um den Bedürfnissen von Kindern und ihren Eltern gerecht zu werden, gehören die Spielplätze nach Ansicht des Gerichts auch gerade aus diesem Grund in die unmittelbare Nähe der Wohnbebauung. Auch die mit einer bestimmungsgemäßen Nutzung eines Kinderspielplatzes verbundenen Beeinträchtigungen – vorwiegend Geräusche – seien ortsüblich und deshalb von den Nachbarn hinzunehmen. Nur in besonderen Einzelfällen könne ein Spielplatz unzulässig sein – z.B. wegen seiner Lage unmittelbar neben Wohnräumen.
(Bundesverwaltungsgericht, Aktenzeichen 4 C5/88)

In den folgenden Jahren haben sich mehrere Gerichte dieser Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes angeschlossen, so z.B. das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen. Im Jahr 2006 hatte es über die eingereichte Klage eines Anwohners gegen einen öffentlichen Spielplatz zu entscheiden.

Der Fall: Nach Ansicht des Klägers war der neben seinem Grundstück gelegene Spielplatz überdimensioniert. Er argumentierte: Auch ein erheblich kleinerer Spielplatz könne die Versorgung des umliegenden Wohngebietes gewährleisten. Der vorhandene Spielplatz führe wegen seiner erheblichen Größe und Attraktivität zu einem nicht hinnehmbaren „Spielplatztourismus“ zusätzlich auch von Kindern aus anderen Wohngebieten.
Zudem komme es zu einer überdurchschnittlich häufigen und unzumutbaren missbräuchlichen Nutzung des Spielplatzes durch Jugendliche, vor allem in den Abendstunden.

Die Entscheidung: Das Gericht wies die Klage des Anwohners ab. In seiner Begründung verwies es zunächst auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes, wonach die mit einer bestimmungsgemäßen Nutzung eines Kinderspielplatzes verbundenen Beeinträchtigungen – vorwiegend Geräusche – als ortsüblich von den Nachbarn hinzunehmen sind. Ein Ausnahmefall, in dem die Störungen wegen ihres Umfangs für die Anwohner unzumutbar sind, ergebe sich noch nicht aus der bloßen Größe des Spielplatzes. Auch die bestimmungsgemäße Verwendung der Spielgeräte verursache hier keine unzumutbaren Störungen. Die lärmträchtigen Spielgeräte – wie eine Tischtennisplatte und ein Trampolin – befänden sich weiter entfernt vom Grundstück des Klägers. Nur die weniger lärmintensiven Spielgeräte für Kleinkinder, wie z.B. Wippen, seien in der Nähe seines Grundstückes installiert. Der Auffassung des Klägers, es liege ein „Spielplatztourismus“ vor, schloss sich das Gericht nicht an. Dagegen spräche unter anderem, dass genügend andere Spiel- und Jugendplätze in der Umgebung vorhanden seien.
Der Kläger lege im Übrigen nicht dar, dass der ruhestörende Lärm von Jugendlichen in den Abendstunden in ursächlichem Zusammenhang mit dem Spielplatz bzw. mit seiner Größe steht. Selbst bei einer Verkleinerung des Spielplatzes könne es weiterhin in den Abendstunden zu nicht erlaubten Nutzungen kommen. Die grundsätzliche Gefahr gelegentlicher Missbräuche eines Spielplatzes oder öffentlicher Grünanlagen sei unvermeidbar und von den Anwohnern hinzunehmen.
(Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Aktenzeichen 9 LA 113/04)

Bolzplätze

Deutlich strenger haben Gerichte bei Nachbarklagen gegen so genannte Bolzplätze entschieden:

Das Verwaltungsgericht Berlin hatte im Jahre 2006 über die Klage der Anwohnerin eines Bolzplatzes zu entscheiden.

Der Fall: Die Klägerin wohnte im vierten Stock eines Wohnhauses, dessen Hinterhof unmittelbar an einen Bolzplatz angrenzte. Der Platz war einige Jahre zuvor saniert und dabei mit einem Hartgummibelag, zwei neuen Toren, einem Stahlgitterzaun und einem darüber gespannten Ballfangnetz ausgestattet worden. Infolge der Sanierung kam es zu einer verstärkten Nutzung des Platzes, was zu wiederholten Anwohnerbeschwerden führte. Das Bezirksamt beauftragte daraufhin ab dem Jahre 2003 einen ganzjährig tätigen Schließdienst zur Einhaltung der vorgesehenen Schließzeiten von 21.00 Uhr bis 07.00 Uhr.

In einem gerichtlichen Eilrechtsverfahren setzte die Klägerin bereits eine Einschränkung der Öffnungszeiten des Bolzplatzes durch. Mit ihrer Klage verlangte sie sodann die dauerhafte Beseitigung des Bolzplatzes, da die durch ihn verursachten Lärmbeeinträchtigungen nicht hinnehmbar seien. Begründung: Die Schließzeiten würden nicht eingehalten, und wiederholt seien Jugendliche und Erwachsene über den Zaun geklettert und hätten – zum Teil in Mannschaftsstärke – während der Schließzeiten auf dem Platz gespielt.

Die Entscheidung: Das Gericht gab der Klage statt und wies das Bezirksamt an, den Platz zu beseitigen.
Es bestehe eine unzumutbare Lärmbelästigung für die Klägerin, da die in ihrem Wohnhaus gemessenen Lärmpegel deutlich über den Richtwerten der Sportanlagen-Lärmschutzverordnung lagen. Aufgrund der Ähnlichkeit der hier auftretenden Geräusche mit den von Sportanlagen ausgehenden Geräuschen seien die Richtwerte dieser Verordnung als Anhaltspunkte für die Zumutbarkeit der vom Bolzplatz ausgehenden Geräusche heranzuziehen.

Das Gericht wies zudem darauf hin, dass der Platz besonders in den Abendstunden und an den Wochenenden in erheblichem Umfang auch von älteren Jugendlichen und Erwachsenen genutzt wird. Das vom Bezirksamt vorgetragene Argument, der Lärm spielender Kinder sei allgemein hinzunehmen, gehe daher an der hier vorliegenden Problematik vorbei. Wegen ihres Alters (hauptsächlich Jugendliche und Erwachsene) seien die Nutzer des Bolzplatzes auch nicht – anders als die Benutzer von Spielplätzen – auf einen Platz „vor der Haustür“ angewiesen. Im Übrigen befände sich in fußläufiger Entfernung eine größere Anzahl von Ballspielplätzen.

Mildere Mittel als eine Beseitigung des Platzes standen nach Ansicht des Gerichts nicht zur Verfügung. Eine weitere Reduzierung der Nutzungszeiten komme nicht in Betracht, weil dadurch die Gefahr illegaler Nutzungen außerhalb der erlaubten Nutzungszeiten nachhaltig erhöht worden wäre.
(Verwaltungsgericht Berlin, Aktenzeichen 10 A239.05)

Auch das Verwaltungsgericht Köln hat im Jahre 2008 eine Entscheidung zu Gunsten der Anwohner eines Bolzplatzes getroffen.

Der Fall: Auf der dem Grundstück der Kläger gegenüberliegenden Straßenseite befand sich eine Freifläche, die im Bebauungsplan als „öffentliche Grünfläche, Dorfplatz“ ausgewiesen war. Der ansässige Ortsverein stellte auf dieser Freifläche zwei Tore auf und erneuerte sie im Jahre 2005 ohne Mitwirkung der zuständigen Verwaltungsbehörde.

Im Jahre 2006 kam es zu ersten Beschwerden von Anwohnern wegen der intensiven Nutzung der Freifläche als Bolzplatz. Daraufhin stellte die Behörde an der Freifläche zwei Hinweisschilder auf mit dem Hinweis „Spielwiese, Benutzung bis spätestens 20.00 Uhr“. Nach Angaben der Anwohner wurde der Platz dennoch insbesondere von Heranwachsenden und Erwachsenen ohne zeitliche Beschränkung zum Fußballspielen genutzt. Der durch die häufige Bolzerei hervorgerufene Lärm sei unzumutbar. Die Anwohner stellten deshalb einen Antrag auf Beseitigung des nicht genehmigten Bolzplatzes.

Die Behörde lehnte den Antrag ab. Sie entfernte lediglich ein Tor und errichtete hinter dem anderen, dem Grundstück der Kläger zugewandten Tor einen 4 Meter hohen Ballfangzaun. Daraufhin entschieden sich die Kläger, vor dem Verwaltungsgericht Köln Klage auf Beseitigung des Bolzplatzes zu erheben.

Die Entscheidung: Das Verwaltungsgericht Köln gab der Klage statt und wies die zuständige Behörde an, den Platz zu beseitigen.

Das Gericht stellte in seinem Urteil zunächst klar, dass es sich nach seiner Auffassung bei der Freifläche nicht um einen Kinderspielplatz handelt. Hierfür fehle es an einer entsprechenden Ausstattung mit Spielgeräten, zudem sei die Fläche deutlich größer als eine auf die Bedürfnisse von Kindern bis 14 Jahren ausgerichtete Ballspielfläche. Vielmehr handele es sich um einen Bolzplatz.

Ein solcher Platz sei hier aber nicht zulässig, da die im Bebauungsplan getroffene Festsetzung „öffentliche Grünfläche, Dorfplatz“ die Nutzung der Freifläche als Bolzplatz nicht umfasse. Zudem setze eine Vereinbarkeit von Bolzplätzen und Wohnbebauung einen Mindestabstand von 80 bis 100 Metern voraus. Ein solcher Abstand werde hier deutlich unterschritten. Schließlich sei es faktisch auch gar nicht möglich, wirkungsvolle Schutzmaßnahmen für die Anwohner zu treffen. Es komme daher als einziges Mittel die Beseitigung des Bolzplatzes in Betracht.
(Verwaltungsgericht Köln, Aktenzeichen 13 K403/08)

Quelle: www.lbswest.de