Zwei Millionen Kinder weniger in Deutschland
Wie viele Kinder leben in Deutschland und in welchen Familienformen? Wie viele Eltern sind berufstätig? Und wie armutsgefährdet sind Deutschlands Kinder? Zu diesen und anderen Fragen zur Situation der Kinder gibt es hier neue Zahlen und Fakten vom Statistischen Bundesamt.
Nach den Ergebnissen des Mikrozensus lebten im Jahr 2010 rund 13,1 Millionen minderjährige Kinder in Deutschlands Haushalten. Vor zehn Jahren - also im Jahr 2000 - war diese Zahl noch um 2,1 Millionen höher: Damals lag sie bei 15,2 Millionen. Der rückläufige Trend wird sich weiter fortsetzen, so die Ergebnisse der 12. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung.
Diese und weitere Ergebnisse hat Roderich Egeler, Präsident des Statistischen Bundesamtes (Destatis), zur Lebenssituation von Kindern in Deutschland vorgestellt.
Er betonte die unterschiedlichen Entwicklungen im Westen und Osten Deutschlands. In Westdeutschland sei die Zahl der Kinder zwischen 2000 und 2010 um etwa zehn Prozent auf elf Millionen Kinder gesunken. "Noch gravierender war der Rückgang in Ostdeutschland: Im Jahr 2010 gab es hier knapp 29 Prozent weniger Kinder als zehn Jahre zuvor", sagte Roderich Egeler.
Auch hinsichtlich der Familienstrukturen unterscheiden sich West- und Ostdeutschland: Während 2010 in Westdeutschland 79 Prozent der minderjährigen Kinder bei ihren verheirateten Eltern lebten, betrug der entsprechende Anteil in Ostdeutschland nur 58 Prozent. Hier war der Anteil der Kinder in Lebensgemeinschaften mit 17 Prozent fast drei Mal so hoch wie im Westen (sechs Prozent). 24 Prozent der ostdeutschen Kinder wohnten bei einem alleinerziehenden Elternteil, im früheren Bundesgebiet waren es 15 Prozent.
Roderich Egeler ging auf eine Reihe weiterer Themen ein, die die Situation von Kindern in Deutschland aus Sicht der Statistik beschreiben. Einige Beispiele:
- Bei 51 Prozent der minderjährigen Kinder in Paarfamilien in Deutschland gingen beide Elternteile einer beruflichen Tätigkeit nach, bei 38 Prozent war nur ein Elternteil berufstätig und elf Prozent der Kinder lebten in Paarfamilien, bei denen keiner der beiden Elternteile aktiv erwerbstätig war. Je jünger Kinder sind, desto häufiger geben insbesondere Mütter ihre Erwerbstätigkeit vorübergehend auf: So waren nur noch bei 28 Prozent der Kinder unter drei Jahren beide Elternteile berufstätig.
- Das Angebot an Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren in einer Kindertageseinrichtung oder durch eine Tagesmutter beziehungsweise einen Tagesvater ist in den letzten Jahren gestiegen. 2006 betrug die Betreuungsquote noch 14 Prozent, am 1. März 2010 bereits 23 Prozent. Um das Ziel der Bundesregierung zu erreichen, bis 2013 insgesamt 750 000 Betreuungsplätze für unter Dreijährige zur Verfügung zu stellen, müssen bis dahin noch rund 280 000 Plätze zusätzlich geschaffen werden.
- An den weiterführenden Schulen in Deutschland gibt es einen Trend zur Höherqualifizierung: Im Schuljahr 2010/2011 besuchten 45 Prozent der Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe ein Gymnasium. Zehn Jahre zuvor hatten nur 37 Prozent die Gymnasiallaufbahn eingeschlagen.
- Die wirtschaftliche Lage von Kindern hängt in erster Linie davon ab, welche Einkommen ihre Eltern beziehen. Bei 92 Prozent der minderjährigen Kinder in Paarfamilien ist das Erwerbseinkommen eines oder beider Elternteile Quelle des überwiegenden Lebensunterhaltes. Auch bei mehr als der Hälfte der Kinder von Alleinerziehenden (57 Prozent) war das Erwerbseinkommen des Elternteils die Haupteinkommensquelle. Für rund 33 Prozent der Kinder von Alleinerziehenden stellten jedoch Transferleistungen die Haupteinkommensquelle der Familie dar.
- Kinder sind in Deutschland nicht stärker armutsgefährdet als der Durchschnitt der Bevölkerung. Nach der Erhebung über Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC) waren im Jahr 2008 in Deutschland 15,5 Prozent der Bevölkerung armutsgefährdet. Für Kinder unter 18 Jahren lag die Quote bei 15 Prozent.
Schwerpunkt der vorgestellten Ergebnisse sind die neuen Daten des Mikrozensus 2010, der größten jährlichen Haushaltsbefragung in Deutschland und Europa. Darüber hinaus wurde eine Reihe anderer Quellen ausgewertet, so zum Beispiel Statistiken zu Bildung, Kinderbetreuung und Kinder- und Jugendhilfe, aber auch Ergebnisse der Justiz-, der Gesundheits- und der Verkehrsunfallstatistik sowie der europaweiten Erhebung über Einkommen und Lebensbedingungen wurden präsentiert.