Wenn der Vermieter zu viel fragt
Vermieter legen verständlicherweise viel Wert darauf, ihr Wohneigentum an seriöse und vor allem solvente Interessenten zu vermieten. Doch welche Fragen an den zukünftigen Mieter sind überhaupt zulässig? Versicherungsexperten geben hier Antwort.
Die meisten Vermieter versuchen schon im Vorfeld durch gezielte Fragen die Spreu vom Weizen, sprich den Mietnomaden vom seriösen Mieter zu trennen. Schließlich hat er ein berechtigtes Interesse daran, vom Mieter regelmäßig die Miete zu erhalten. Einige Vermieter schießen dabei aber über das Ziel hinnaus, denn nicht jede Frage ist zulässig. Denn auch Mieter haben Recht durch ihr auf informationelle Selbstbestimmung eine grundrechtlich geschützte Privatsphäre.
Ein berechtigtes Interesse liegt meist bei Fragen vor, die für das Mietverhältnis wesentlich sind und nicht in das Persönlichkeitsrecht des Mieters eingreifen. Ist eine Frage unzulässig, muss der Mieter sie nicht beantworten. Antwortet er allerdings nicht, dürfte es auch mit der ersehnten Wohnung nichts werden. In einem solchen Fall darf der Interessent dem Vermieter erzählen, was dieser hören will. Gerichte sprechen dem Mietbewerber in dieser Situation ein so genanntes „Recht auf Lüge“ zu, das man aus dem Arbeitsrecht übertragen hat. Das gilt aber nur bei unzulässigen Fragen. Zulässige Vermieterfragen muss er wahrheitsgemäß beantworten. Bei seinen Einkommensverhältnissen kann der Mieter sogar eine Auskunftspflicht haben, bei der er den Vermieter ungefragt informieren muss.
Was Vermieter fragen dürfen und was Mieter gerne für sich behalten können und wo der Mieter sogar flunkern darf, haben die Experten der ARAG Versicherungen hier zusammengestellt.
Persönliche Fragen:
- Fragen zur Identität des Mieters (Namen, Anschrift und Telefonnummer) sind selbstverständlich rechtens.
- Die Frage nach dem Familienstand wurde bislang ebenfalls grundsätzlich für zulässig erachtet (z. B. LG Landau, Az.: 1 S 226/84). Allerdings könnte dies seit der Anerkennung von Lebenspartnerschaften problematisch werden Bei der Formulierung der Frage sollte der Vermieter darauf achten, die wertungsfreie Antwortmöglichkeit „verheiratet/in einer Lebenspartnerschaft“ zu benutzen.
- Fragen, ob man geschieden ist, in einer nicht ehelichen Beziehung lebt oder verlobt ist, sind dagegen genau so unzulässig wie Fragen nach Beziehungen, ihrer Dauer, Fragen zum persönlichen Lebenswandel u.s.w.
- Nach der Anzahl der Kinder, die mit in die Wohnung ziehen sollen, darf der Vermieter fragen. Schließlich hat er ein berechtigtes Interesse daran, wie viele Personen in seiner Immobilie wohnen.
- Die Frage nach dem Alter der Kinder ist heikel. Möchte der Vermieter Lärm durch Kleinkinder ausschließen, kann es rechtlich problematisch werden. Die Gerichte halten Kinderlärm im Treppenhaus regelmäßig für zulässig – ob es sich nun um einen Jugendlichen oder ein Kleinkind handelt (LG München I, Az.: 31 S 20796/04).
- Fragen nach einem Kinderwunsch, einer geplanten oder bestehenden Schwangerschaft sind unzulässig! Diese verletzen das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Mieters und müssen nicht wahrheitsgemäß beantwortet werden.
- Auch Fragen nach dem Gesundheitszustand müssen nicht wahrheitsgemäß beantwortet werden. Kein Mieter muss „fit“ genug sein, um Schnee zu räumen oder Laub zu kehren. Dabei handelt es sich lediglich um Nebenpflichten des Mieters.
- Fragen zu Behinderungen sind in aller Regel diskriminierend und daher unzulässig. Auch mietangelegenheiten dürfen nicht dem Integrationsgedanken von Menschen mit Behinderung oder dem Gleichbehandlungsgrundsatz aus Artikel 3 GG widersprechen.
- Die Frage nach Haustieren muss der Mieter beantworten, soweit die Tierhaltung das Einverständnis des Vermieters voraussetzt, wenn es sich um Hunde oder Katzen handelt. Das gilt insbesondere auch für giftige Tiere, die im Normalfall nur mit Genehmigung des Vermieters gehalten werden dürfen.
- Kleintiere (Fische, Hamster, Vögel, Kaninchen, Schildkröten), die ohne Einverständnis des Vermieters gehalten werden dürfen, müssen nicht angegeben werden, wenn die Anzahl der Tiere noch im normalen Rahmen liegt.
- Ob und welche Sportart man ausübt, fällt in den geschützten Privatbereich. Das gilt ebenfalls, wenn Sportgeräte nur mit einem gewissen Geräuschfaktor benutzt werden können, also zum Beispiel ein Trimmrad.
- Ob man ein Musikinstrument spielt, geht den Vermieter nichts an. Hält sich der Mieter an die Ruhezeiten, darf er ohne Weiteres musizieren, in der Regel bis zu zwei Stunden am Tag. Ob er es mit einem musikalischen Profi, der mehrere Stunden am Tag übt, zu tun hat, kann der Vermieter bereits mit der Frage nach dem ausgeübten Beruf herausfinden.
- Ob ein Mieter gerne mit viel Knoblauch kocht, ist nicht nur Geschmacks-, sondern auch Privatsache. Hier hat der Schutz der Privatsphäre Vorrang vor dem Ansinnen, nicht durch schlechte Gerüche belästigt zu werden.
- Fragen nach dem Rauchen müssen nicht wahrheitsgemäß beantwortet werden. Gibt der Mieter an, dass er Nichtraucher sei, kann der Vermieter daraus allein kein generelles Rauchverbot für die Wohnung herleiten. Raucht der Mieter in der Folgezeit dann selbst gelegentlich oder seine Gäste, rechtfertigt das keine Kündigung (LG Stuttgart, Urteil v. 02.07.1992, Az.: 16 S 137/92).
Fragen zur Bonität:
- Fragen nach Beruf und Einkommen sind zulässig! Welchen Beruf der Mieter ausübt, sagt etwas über seine Bonität aus. Das gilt ebenfalls für Fragen nach dem Arbeitgeber und nach dem durchschnittlichen Nettoeinkommen. Schließlich stellt die Mietzahlung die wesentliche Hauptleistungspflicht des Mieters dar (LG München, Az.: 14 S 18532/08).
- Die Einkommensverhältnisse von Angehörigen gehen den Vermieter nur etwas an, wenn der Angehörige selbst mit in das Mietverhältnis involviert ist; z. B. wenn er für den Mieter bürgt.
- Nach Gehaltspfändungen darf sich der Vermieter erkundigen. Dabei ist nicht nur der Mieter zur wahrheitsgemäßen Beantwortung verpflichtet. Auch der Arbeitgeber kann sich schadensersatzpflichtig machen, wenn er auf Nachfrage des Vermieters lügt (OLG Koblenz, Az.: 5 U 28/08).
- Mietinteressenten, die von Sozialleistungen abhängig sind, müssen dies dem potenziellen Vermieter sogar ohne Nachfrage mitteilen (LG Gießen, Az.: 1 S 590/00).
- Ist über das Vermögen des Mietinteressenten ein Insolvenzverfahren eröffnet, besteht die Gefahr, dass der Vermieter zukünftige Mietforderungen gar nicht oder nur zu einem geringen Teil wiedererstattet bekommt. Es besteht also Auskunftspflicht seitens des Mieters (AG Hamburg, Urteil v. 06.05.2003, Az.: 48 C 636/02).
- Über vergangene und bereits überwundene finanzielle Notlagen muss der Mieter grundsätzlich keine Auskunft erteilen.
- Eine wichtige Frage für den Vermieter ist allerdings, ob aus dem vorigen Mietverhältnis Mietschulden bestehen; denn diese können Auswirkungen darauf haben, ob der Mieter zukünftig den Mietzins bezahlen kann (LG Itzehoe, Az.: 9 S 132/07).