Immer weniger Fruchtwasseruntersuchungen
Immer mehr werdende Mütter vertrauen bei der Schwangerschaftsvorsorge auf das sogenannte Ersttrimester-Screening - und entscheiden sich gegen eine Fruchtwasseruntersuchung. Denn die Kombination aus Ultraschalluntersuchung und Bluttest ist für Mutter und Kind ohne Risiko.
An Pränatalzentren ist die Zahl der Fruchtwasseruntersuchungen rückläufig, teilt die Fetal Medicine Foundation Deutschland e.V. (FMF) mit. Dies belegt eine aktuelle Studie von Berliner Wissenschaftlern in der Zeitschrift Ultraschall in der Medizin (Thieme, Stuttgart. 2010). Die Zahl der Geburten von Kindern mit schweren Fehlbildungen sei dabei nicht angestiegen. Die FMF Deutschland fordert deshalb die Krankenkassen auf, die Kosten für die Untersuchung regelhaft zu tragen.
Screening wird derzeit erst ab 35 Jahren übernommen
Mit zunehmendem Alter der Mutter steigt das Risiko für angeborene erblich bedingte Erkrankungen beim Kind. Frauen ab 35 haben deshalb Anspruch auf eine abklärende Pränataldiagnostik in Form einer Fruchtwasseruntersuchung oder einer Gewebeprobe. „Doch diese invasiven Verfahren – Amniozentese und Chorionzottenbiopsie – können zu Blutungen führen und in mehr als 0,5 Prozent der Fälle eine Fehlgeburt auslösen“, erläutert Professor Dr. med. Eberhard Merz, Präsident der FMF und Direktor der Frauenklinik am Krankenhaus Nordwest in Frankfurt. Einige schwangere Frauen, die ein gesundes Kind zur Welt bringen könnten, verlieren es demzufolge allein aufgrund dieser Untersuchungen.
Die FMF hat deshalb ein schonendes Verfahren entwickelt, das bereits im Zeitraum 11 bis 14 Schwangerschaftswochen, also vor Ende des ersten Schwangerschaftsdrittels, Auskunft über Chromosomenschäden gibt. Das sogenannte Ersttrimester-Screening kombiniert eine Ultraschalluntersuchung des ungeborenen Kindes mit einem Bluttest der Mutter. Anhand der Werte berechnet dann der Arzt oder das Labor mithilfe eines Computerprogramms das individuelle Risiko für Chromosomenstörungen des Fetus. Die Erkennungsrate von angeborenen Erkrankungen und Fehlbildungen liegt beim Ersttrimester-Screening bei etwa 90 Prozent.
Mediziner in Berlin berichten in einer aktuellen Studie, dass die Zahl der Fruchtwasser-untersuchungen und Chorionzottenbiopsien zurückgeht, weil immer mehr Frauen das Ersttrimester-Screening nutzen: In den Jahren 2003 bis 2006 verzeichnete das Zentrum für Pränataldiagnostik in Berlin eine Zunahme von nicht-invasiven Untersuchungen im ersten Schwangerschaftsdrittel um acht Prozent. Die Anzahl der Amniozentesen ist im gleichen Zeitraum um 17 Prozent zurückgegangen. Die Zahl der Chromosomenschäden, die erst bei der Geburt erkannt werden, stieg jedoch nicht.
Ersttrimester-Screening gibt guten Anhaltspunkt für weitere Diagnostik
„Diagnostisch kann das Ersttrimester-Screening die Fruchtwasseruntersuchung zwar nicht komplett ersetzen“, erläutert Professor Merz, „doch es gibt Schwangeren einen Anhaltspunkt, ob auf eine invasive Diagnostik verzichtet werden kann oder ob eine solche gezielt erforderlich ist.“ Vielen Ungeborenen rettet das Ersttrimester-Screening so das Leben: Weil es mit hoher Wahrscheinlichkeit Chromosomenschäden ausschließt, verzichten Mütter meist auf die riskante Fruchtwasseruntersuchung.
Die Fetal Medicine Foundation Deutschland e.V. (FMF) fördert seit 2002 die reihenweise Einführung des Ersttrimester-Screenings. „Die FMF-Deutschland hat zusammen mit der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin Standards entwickelt, die eine qualitativ hochwertige Untersuchung sicherstellen”, so Merz.