Familiencoach Detlef Deva Wallow

Expertenrat Erziehung

Verwöhne ich mein Kind? Wie bringe ich meiner Tochter bei Ordnung zu halten? Mein Sohn trödelt, was kann ich tun? In unserem Expertenforum beantwortete der Coach und Familientherapeut eure Fragen rund um die Erziehung eurer Kinder.

Deva Wallow

Über den Experten

Detlef Deva Wallow ist EDV- und Diplomkaufmann "auf Abwegen". Schon früh hat er begonnen sich mit psychologischer Astrologie, dem Geheimnis von Beziehungen und dem Weg zum Glücklich Sein zu interessieren.

Über verschiedene Wege wurde sein Interesse geweckt für Atmungsschulung und Bewusstseinsentwicklung und später dann für die Arbeit mit dem Inneren Kind. Seit mehr als 10 Jahren arbeitet er als Coach und Familientherapeut in eigener Praxis.


Hier der Blog von Detlef Wallow: http://familymag.net

 

Eltern wissen am besten, was ihr Kind braucht. Sie haben lediglich das Vertrauen zu sich selbst verloren

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3 wichtige Fragen aus dem Expertenforum

Wut - wie umgehen mit Hauen und Beißen?

Frage: Unser Sohn ist 22 Monate alt und EIGENTLICH ein lieber fröhlicher Spatz. Er setzt in den letzten Monaten immer mehr seinen Willen durch bzw versucht es. Und wenn es nicht nach seinem Kopf geht, fängt er seit neustem an, sowohl sich selbst (ins Gesicht) als auch seinen Gegenüber zu hauen, manchmal sogar zu beißen. Man spürt richtig, dass er nicht weiß wohin mit seiner Wut.

Simples Beispiel: er will die Tastatur des PC haben, die er spontan entdeckt hat. Diese ist aber kein Spielzeug sondern Arbeitsmittel des Papas und soll nicht bespielt werden. Wir sagen also "nein, die gehört dem Papa. Das ist kein Spielzeug, bitte bring sie zurück". Er denkt natürlich im Traum nicht dran und rennt damit in sein Zimmer. Der Papa geht hinterher und nimmt ihn an die Hand, bietet an, die Tastatur gemeinsam zurück zu bringen. Unser Kind schlägt vor Wut um sich, schlägt den Papa und wirft die Tastatur vor Wut mit Wucht auf den Boden.

Wie reagiert man hier am besten? Es ist letztlich immer det ähnliche Ablauf. Ignorieren und die Tastatur nehmen und weg bringen? Oder das Kind solange bereden, bis er die Tastatur freiwillig zurück bringt? Und wie dabei dem Kind beibringen, dass Hauen und Beißen falsch ist, genauso wie das Wegwerfen von Gegenständen? Hier landet derzeit viel aus Wut auf dem Boden.

 

Experte: Schön, dass Du Dich mit deinem "Problem" mitteilst. Ich denke, dieses Verhalten kennen sehr viele Mütter und Väter und es tut gut zu wissen, dass "man nicht allein damit ist".

Es hört sich so an, als ob dein Sohn Halt und Grenzen braucht, so dass er sich und seine Mitmenschen nicht verletzen kann. Dazu gehört auch, dass er Gegenstände kaputt macht, die Dir und deinem Mann wichtig sind, denn im Herzen will er das nicht, da er sie beide bedingungslos liebt. Es ist unsere Aufgabe als Eltern, Dinge vor unseren Kleinen zu schützen, die sie kaputt machen könnten. Wenn es um Dinge geht, mit denen sie sich verletzen können, fällt es im Gegensatz dazu uns von Anfang an viel leichter.

Das "Bereden" der Dinge mit deinem Sohn wird wohl noch bis in absehbare Zeit nicht funktionieren. Kinder "verstehen" viel länger, viel weniger als wir glauben. Selbst wenn sie unsere "Worte" so gut zusammensetzen, dass es sich anhört, als ob sie wirklich verstehen würden, was sie von sich geben.

Und wenn er sich das nächste Mal die Tastatur schnappt, wäre es hilfreich, wenn Du Dir diese nimmst und ihn mit bzw. in seiner Wut hältst und darauf achtest, dass er sich und Dich nicht verletzen kann. Und bleibe im Vertrauen, dass es richtig ist!

Ich weiß nicht, warum er so wütend auf sich ist, häufig ist es der Gedanke an die eigene Unzulänglichkeit, die diese Wut hervorbringt und diese richtig sich dann häufig gegen alles und jeden. Und diese Unzulänglichkeit kommt sehr oft mit den Wachstumsschüben. Das ist immer wieder eine extreme Herausforderung für unsere Kleinen, sich in der für sie "veränderten" (verändert wahrgenommenen) Welt zu Recht zu finden.

Vielleicht kannst Du das Verhalten deines Sohnes mal aus der Perspektive sehen, dass er verzweifelt ist und nicht weiß, was los ist. Und frage Dich, was Du gebraucht hättest oder braucht, wenn es Dir gerade so gehen würde.

Meiner Erfahrung nach kommen die eigenen Eltern immer besser auf das, was ihre Kinder brauchen. Sie bzw. wir haben meistens nur das Vertrauen in uns verloren.
Ich wünsche Dir alles Gute und Vertrauen für diese und die kommenden Wachstumsphasen.

 

Stärken des Selbstbewusstseins

Frage: Meine 7,5 jährige ist ein eher unsicheres Mädchen. Neuen Situationen stellt sie sich nur ungern und wenn dann am ehesten, wenn Freundinnen dabei sind. Sie traut sich wenig selbst zu. Beispielsweise schaut sie beim Ballett, was die Kinder neben ihr machen. Ebenso beim Flötenunterricht in der Schule. Sie schaut auf ihren Nebenmann, was der macht und spielt dann. Auch im Chor singt sie sehr schüchtern und somit leise. Zu allen Sachen geht sie sehr gerne hin. Vom Chor habe ich mir erhofft, dass sie selbstbewusster wird...

In der Schule gibt es keine Probleme. Laut Lehrerin läuft dort alles gut.

Dennoch höre ich immer wieder die Worte "ich kann das nicht" von ihr. Sie ärgert sich dann, wenn die anderen Kinder sich etwas trauen, sie aber nicht. Beispiel: das Tauchen im Pool. Manchmal fängt sie deshalb auch an zu weinen.

Wie kann ich ihr Selbstbewusstsein stärken?

 

Experte: Deine "Sorge" um deine Tochter kann ich gut verstehen und möchte Dir zu Beginn gleichzeitig mit dem folgenden Absatz Mut machen.
Wir Menschen kommen nicht alle nicht mit dem gleichen Selbstbewusstsein "auf die Welt", manche beginnen ängstlicher und andere mutiger. Dies macht durch die unterschiedlichen Erfahrungen, die wir dadurch machen, im Laufe unseres Lebens unsere Persönlichkeit aus.

Die Angst deiner Tochter erinnert mich zudem an eine Zeit als ich Selbstbewusstseinskurse für Jungen gab. Mit ihnen habe ich zum Abschluss des Kurses alle "kann ich nicht und schaff ich nicht und trau ich mich nicht" aufgeschrieben, in eine Zigarettenschachtel gepackt und vergraben. Das war ein sehr schönes Ritual, auch wenn die Jungs danach nicht alle plötzlich alle super selbstbewusst waren, hat es ihnen gut getan ihre Ängste aufzuschreiben und mitzuteilen.

Auf deine Frage, was Du für deine Tochter tun kannst, möchte ich Dir mit an die Hand geben, sie so zu lieben wie sie ist, mit all ihren Ängsten und Traurigkeit. Denn die größte Angst deiner Tochter besteht wahrscheinlich darin, dass sie mit ihrer "Scheu", weniger liebenswert sein könnte.

Vielleicht kennst Du diese Scheu oder Selbstzweifel auch von Dir und wenn, dann erzähle deiner Tochter davon und wie Du es mit der Zeit geschafft hast immer mutiger zu werden.
Angst ist eine Lebensnotwendigkeit, die uns vor Gefahren schützt. Wir können unsere Ängste nicht loslassen, wenn es auch noch so eine verlockend wäre. Das einzige, das wir tun können, ist unser Vertrauen (Mut) auszuweiten.

Angst zu haben und zu äußern bedarf eines großen Mutes und senkt den "Angstpegel" sogleich. Doch wenn wir diese immer wiederholen, ziehen wir uns nur unnötig runter.

Wenn deine Tochter das versteht, kannst Du sie später immer fragen, ob sie ihre Angst oder ihren Mut stärken möchte.

Zudem ist es sehr hilfreich sich weniger um die Schwächen als mehr um die Stärken zu kümmern und diese auszubauen. Schau doch mal gemeinsam mit deiner Tochter, was ihr besonders viel Spaß macht und was ihr leicht fällt und probiert diesen Erfahrungen mehr Raum in ihrem Leben zu geben.

Hierzu fällt mir abschließend ein Zitat von Kurt Tucholsky ein:

„Nichts ist schwieriger und nichts erfordert mehr Charakter, als sich im offenen Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen: Nein!"

 

Wie finde ich die richtige Linie?

Frage: Meine Tochter wird im Oktober 4. Ich sehe sie als hochsensibel/sensitiv an, was uns das Zusammenleben deutlich erleichtert. Ich kann bestimmtes Verhalten von ihr leichter akzeptieren und besser damit umgehen, weil ich es z.B. auf Überreizung etc zurückführen kann. Ich kenne das auch von mir, genauso wie Selbstzweifel und ständiges Hinterfragen des eigenen Verhaltens. Im Grunde habe ich das inzwischen hinter mir gelassen, nur nicht wirklich im Zusammenhang mit der Erziehung meiner Tochter. Ihr Vater kann berufsbedingt nur am Wochenende bei uns sein, und so bin ich für den Großteil verantwortlich. Meinem Empfinden nach kommen wir besser klar, wenn ich sie viel einbinde und ihr wenn nötig meine Entscheidung auch kurz und altersgerecht erkläre.

Nun sagte mir mein Nachbar vor kurzem, ich würde dem Kind zu viele Wahlmöglichkeiten lassen. Sie darf selbst entscheiden, was sie auf das Frühstücksbrot möchte, ihre Kleidung selbst aussuchen (ich achte darauf, dass es zur Witterung passt), wann sie genug gegessen hat und ob sie nachmittags Lust hat, mit anderen Kindern zu spielen. Mein Nachbar (Tochter, 2, und Sohn, 5) ist der Ansicht, solche Dinge müssen die Eltern in dem Alter noch entscheiden. Ebenso, ob sie morgens den Kindergartenbus nehmen möchte oder von mir mit dem Auto gebracht wird, ob sie in ihrem Bett oder bei mir schläft etc. Ich denke, es gibt Bereiche, in denen sie kaum oder kein Mitspracherecht hat (Neukauf von Auto oder Fernseher, fahren wir zu Omas Geburtstag, gehen Mama und Papa Freitag oder Samstag abend aus,...), aber warum soll sie nicht in einem gewissen Rahmen mitbestimmen dürfen?

Klar gibt es Tage, an denen ich meine Tochter als anstrengend empfinde (und sie mich vermutlich auch ;-) ), weil ihre Ideen so gar nicht zu meinen passen, aber das geht wohl allen Eltern so. Ich bin bisher der Meinung gewesen, dass wir auf einem guten Weg sind. Wenn ich doch mal auf der gefütterten Jeans bestehen muss statt dem von ihr gewünschten kurzärmligen Kleid, weil nunmal draußen Minusgrade sind, meckert sie zwar kurz, zieht sie dann aber an. Ich finde, das Meckern steht ihr auch zu, sie darf ruhig äußern, wenn sie unzufrieden ist. Sie sagt von sich aus Bitte (oft) und Danke (meistens), kann sich auch mit sich selbst beschäftigen und sieht sich nicht als den Nabel der Welt. Im Gegenteil, sie hat eher Schwierigkeiten, sich gegenüber anderen durchzusetzen. Mit ein Grund, dass ich sie viel selbst entscheiden lassen will, ich habe erst sehr spät gelernt, dass meine Bedürfnisse auch etwas wert sind.

Wie findet man die richtige Linie? Gibt es die überhaupt? Auf welche Signale kann ich achten, um zu merken, ob ich mein bisheriges Vorgehen ändern muss? Vielen Dank schon jetzt für Ihre Anregungen!

 

Experte: Schön, dass Du Dich mit deiner Frage meldest. Mit deiner Frage, wieviel Entscheidungsspielraum Du deinem Kind (Tochter) gewähren sollst, bist Du nicht allein.

An deiner Fragestellung an mich, finde ich toll, das Du fragst, wie "Du" es merken kannst, was "Richtig" und was "Falsch" ist. Denn Du bist die beste (und einzige) Mutter deiner Tochter, mit den Entscheidungsspielräumen, die Du ihr gewährst, wie auch mit deinen Selbstzweifeln... .

 Bevor ich auf deine Frage eingehe, was wir unseren Kindern entscheiden lassen sollten und was nicht, möchte ich, eine meiner Meinung nach sehr wichtige Unterscheidung treffen. Und zwar die zwischen der Entscheidungsmöglichkeit und Verantwortung.

Kinder sollten keine Verantwortung tragen, sondern ihre Kindheit ungezwungen und "frei" von Verantwortung und damit verbundenen Ängsten verbringen dürfen. So haben sie z.B. nicht zu entscheiden, ob sie zur Schule gehen wollen oder nicht. Sie dürfen jedoch gerne ihre Meinung äußern, dass sie heute nicht so gerne gehen möchten, weil sie sich schlapp oder müde fühlen oder gar Schmerzen haben... . Entscheiden und die Verantwortung für die Entscheidung tragen jedoch wir Eltern.

Das gilt auch für die Fehler, die unsere Kinder machen, gemäß der Aufschrift, "Betreten verboten. Eltern haften für ihre Kinder".

Wenn sie dennoch das Gelände / Baustelle betreten, dann tragen wir die Verantwortung für die Folgen, weil wir ihnen zuvor nicht deutlich genug gemacht haben, dass man das nicht darf. Schuldig werden wir dadurch nicht!

Wenn deine Tochter krank ist und der Arzt oder deine Homöopathin ihr etwas verschreibt oder spritzen möchte, und es für Dich das Beste zu sein scheint, weil sie ansonsten eine lebensgefährdende Erkrankung davon tragen könnte, wirst Du deine Tochter nicht fragen, ob sie es ok findet oder nicht. Bei deiner Entscheidung wägst Du ab, ob Dir das Risiko der Erkrankung gefährlicher erscheint, als die mögliche Belastung eurer Beziehung, da Du gegen ihren Willen etwas entscheidest.

Entscheidungen treffen und eine Wahlmöglichkeit zu haben, sind nicht das Gleiche. Denn, wenn ich eine Entscheidung treffe, muss ich auch die Verantwortung dafür übernehmen. Und das können Kinder noch nicht.

Das heißt nicht, dass wir alles bestimmen sollen, doch das wir die Grenzen des Entscheidungsspielraums festlegen, die Grenzen, die wir mit gutem Gewissen verantworten können.

Und das machen wir, wenn wir sie zum Beispiel fragen, ob sie heute lieber ihr rotes, lilianes oder gelbes T-Shirt anziehen wollen.

In diesem Fall haben wir ihr Wahlmöglichkeiten gegeben, von denen wir meinen, die können wir gemäß des Wetters, der Größe und der Sauberkeit ... mit gutem Gewissen verantworten.

Wenn Du zum Beispiel nicht weißt, ob sie heute nun lieber Pommes oder Spagetti essen möchte, und für Dich beides ok ist, dann frage sie. Doch wenn Du im Moment keine Pommes magst, oder sie erst kaufen müsstest und Dir das gerade zu stressig ist, dann bekommt sie diese Wahlmöglichkeit nicht.

Wenn Du deiner Tochter z.B. fragst, was sie heute/jetzt gerne mit Dir machen möchte, solltest Du Dich nicht wundern, wenn sie mit Dir zu den "Sternen fliegen möchte". So, da stehst Du nun. Auf der einen Seite möchtest Du deine Tochter nicht enttäuschen, auf der anderen, kannst Du ihr ihren Wunsch gerade nicht erfüllen. Da ist die Enttäuschung oder Theater schon mal schnell recht groß. Je älter die Kinder sind, desto besser können wir ihnen den Unterschied zwischen "Wünschen äußern" und "Entscheidungen treffen", erklären. Wie zum Beispiel, "Wohin würdest Du gerne in den Ferien fahren/fliegen, wenn Du es entscheiden könntest?".

Die Ausweitung des Entscheidungsspielraums und Verantwortung Übertragung ist ein fortlaufender sich verändernder Prozess, mit der Regel, je jünger sie sind, desto weniger und je älter umso mehr Bereiche sollten sie erhalten, wo sie wählen dürfen bzw. Verantwortung übernehmen dürfen. Wobei wir die Verantwortung für die Übertragung der Verantwortung auch dann weiterhin tragen.

Zum Schluss möchte ich noch auf deine Frage kommen "Auf welche Signale kannst achten, um zu merken, ob Du dein bisheriges Vorgehen ändern musst?"

Das beste Signal ist es nachzuspüren, wie es Dir damit geht. Wenn es sich gut für Dich anfühlt, deiner Tochter die Wahl zu lassen, dann frage sie. Wenn es sich besser anfühlt erstmal nur eine Idee von ihr zu erhalten, dann frage sie nach einem Vorschlag und wenn Du ihr noch später zu traust die Verantwortung für eine Aufgabe zu überlassen, dann übertrage ihr diese.

Möglicherweise hilft Dir bei der Entscheidung mein Artikel "Kinder wollen an die Hand genommen werden" auf dem familymag.net

http://websites.familymag.net/kinder-brauchen-fuehrung/