Erziehung in der Öffentlichkeit: So klappt’s
Viele Eltern haben das Gefühl, mit ihren Kindern in der Öffentlichkeit ständig unter Beobachtung und Kritik zu stehen. Wie sollen sie da am besten mit stressigen Situationen umgehen und dabei doch dem eigenen Erziehungsstil treu bleiben? Wir haben für euch Alltagstipps – auch von urbia-Userinnen aus dem Forum Erziehung – gesammelt.
Vorwurfsvolle Blicke = Kritik am Erziehungsstil?
Kinder haben zu funktionieren und ihre Umgebung nicht zu nerven. Sonst drohen den Eltern vernichtende Blicke und Kritik an der Erziehung. So zumindest nehmen viele Eltern die Reaktionen der Öffentlichkeit auf schreiende, weinende oder trotzende Kinder wahr. Manchmal lohnt sich aber ein Perspektivenwechsel, meint urbia-Userin „patschepatsche": „Dass Andere abwertend schauen, ist UNSERE Interpretation von Blicken. Natürlich schauen die Leute, wenn ein Kind brüllt. Wir Eltern wissen aber doch gar nicht, was die Leute tatsächlich in dem Moment denken." – „Wenn dann aber tatsächlich mal blöde Sprüche kommen, bleibe ich locker und vor allem bei meinem Nein dem Kind gegenüber!", erzählt „baerchie89".
„Trag mich!“
Dein Kind kann schon gut laufen, will aber ständig getragen werden und fordert das auch lautstark ein – vor allem beim Spazierengehen oder Einkaufen. Viele Eltern setzen auf die harte Linie: Nicht nachgeben, nicht diskutieren, denn das bringt nichts. Andere bevorzugen die Strategie der Ablenkung und Appelle ans eigene „Großsein", wie z.B. den Buggy mit der Puppe drin zu schieben, weil die ja noch viel kleiner ist. Wenn euer Kind aber müde ist, z.B. nach einer langen Wanderung oder hat zu wenig geschlafen, geht „sunshine1176" so vor: „Dann nehme ich es auf den Arm – und ja, trage es auch mal ein Stück unter der Bedingung, dass es dann weiterläuft oder im Wagen bleibt. Wir finden meistens einen guten Kompromiss, mit dem alle zufrieden sind."
Rennen im Restaurant
Dein Kind bleibt im Lokal nicht am Tisch sitzen, sondern rennt ständig herum? Für viele Kinder ist ein Restaurantbesuch kein Genuss, sondern eine öde Angelegenheit. Vor allem bei kleineren Kindern ist der Bewegungsdrang einfach zu groß fürs lange Stillsitzen beim Essen und Trinken. Besser ihr verzichtet noch eine Weile auf ausgedehnte Restaurantbesuche, als auf Konfrontationskurs zu gehen. Wenn ihr zusammen essen gehen wollt, sucht ihr besser familienfreundliche Lokale mit Spielecken aus, in der sich eure Kinder beschäftigen können. Deshalb müsst ihr aber nicht auf die liebgewonnenen, stundenlangen Schlemmereien der Vergangenheit verzichten: Engagiert für solche Gelegenheiten einen Babysitter und geht alleine aus.
Quengeln in Bus und Bahn
Keine Bus- oder Zugfahrt ohne mehr oder weniger laute Quengelei. Das kennen viele Eltern. Schließlich fehlt kleinen Kindern das Zeitgefühl und sie fühlen sich durch den Lärm um sie herum und die vielen Menschen unwohl. Ihr könnt eurem Kind helfen, indem ihr es ablenkt: Z.B. mit einem kleinen Vorrat an Hörbüchern, Bilderbüchern, Malsachen und Spielen für unterwegs.
Mit Schimpfwörtern provozieren
In Kindergarten und Schule lernen Kinder innerhalb kurzer Zeit ein Riesenrepertoire an üblen Schimpfwörtern kennen, mit denen sie ihre Geschwister in den unpassendsten Situationen überschütten oder die sie laut und fröhlich hinausposaunen. Nicht zuletzt auch, um die Reaktion der eigenen Eltern zu testen. Auch wenn's schwerfällt: Bleibt gelassen! Sagt eurem Kind klar und deutlich, dass ihr diese Worte verletzend findet und es sie in eurer Gegenwart nicht mehr benutzen darf.
Stress im Supermarkt
Dein Kleinkind schmeißt sich heulend in den Gang, wenn du ihm die Süßigkeit seiner Wahl nicht kaufen willst? Das ist normal, denn in der Phase steht die eigene Autonomie nun mal im Vordergrund und nicht dein Einkaufszettel. Auch bei infernalischem Gebrüll im Laden und einem amüsiert bis genervt dreinblickenden Publikum aus Kunden. Nachgeben ist trotzdem keine gute Idee. So lernt dein Kind nur, dass dreimal Nein hintereinander am Ende doch ein Ja bedeuten kann – wenn es nur laut genug brüllt. urbia-Userin „krawallschachtel08" meint: „Mich interessiert nicht, was andere dann über mich denken. Wenn mein Kind ausrastet, dann maßregele ich es auch in der Öffentlichkeit. Es bringt nichts, in diesem Moment darüber hinwegzusehen und erst später was zu sagen."
Ständig streitende Geschwister
Spannungen zwischen Geschwistern gehören zum Familienleben dazu, denn Streiten ist auch ein Mittel, um Sozialverhalten zu lernen. Manche Geschwister inszenieren ihren Streit regelrecht in der Öffentlichkeit, um die Eltern hineinzuziehen und zur Stellungnahme zu zwingen. Was hilft: Jedem Kind die gleiche Aufmerksamkeit zukommen lassen, Geschwister nicht miteinander vergleichen, den Kindern die Konfliktlösung so weit wie möglich selbst überlassen und auf Petzen nicht reagieren.
Zuschauer für Streit dringend gesucht!
Gerne reizen ältere Kinder die Geduld ihrer Eltern bis zum Äußersten, indem sie vor anderen Erwachsenen einen Streit beginnen. Lieblingsthemen können da z.B. die Mediennutzung sein, Ausgehregeln oder die Forderung nach bestimmter Markenkleidung. Doch solche privaten Konflikte, die in vielen Familien wahre Dauerstreitthemen sind, brauchen kein Publikum und keine schnellen Entscheidungen auf dem Weg von A nach B. Am besten reagiert ihr gar nicht darauf und vertagt das Thema ruhig und bestimmt auf die Zeit, wenn ihr wieder zuhause seid. „Mit Ruhe standhaft bleiben und dem Kind erstmal seinen Zorn ‚gönnen'. Das ist in dem Moment sehr lästig, zahlt sich aber auf lange Sicht aus", rät urbia-Userin „geliebtesnichts".
Achtung bei Gefahr im Verzug!
Das Kind hantiert mit gefährlichen Gegenständen im Laden, patscht mit den Händen in die Ritzen des Kassenlaufbands im Supermarkt oder balanciert auf der Kante fahrender Rolltreppenstufen? Dann sind schnelles Handeln gefragt, klare Ansagen und eindeutige Verbote – gerne auch mit Nachdruck und lauter Stimme. So merkt euer Kind, dass es euch ernst ist. Wenn das Kind in eine gefährliche Situation gerät, die es nicht richtig einschätzen kann, ist es egal, wie eure Reaktion gerade in der Umgebung ankommt und ob eurer Kind vielleicht lautstark dagegen protestiert – denn Sicherheit geht vor.