Mit Baby daheim - was jetzt?
Andrew McKenna hat Frau und Kind nach der Geburt aus der Klinik geholt. Nun ist die junge Familie endlich allein. Aber wie geht es jetzt eigentlich weiter? Chaotisch! Lies hier seinen Weg ins Elterndasein.
Endlich daheim?
Mit einem entrückten Grinsen auf dem Gesicht trug ich meinen neu geborenen Sohn zum ersten Mal in unser Haus. Ich knallte ihn in seinem Autokindersitz auf den Boden und hob an ihm zu erklären, dass dies der Ort sei, an dem wir künftig leben würden und dass er dies eines Tages alles erben könne – bis auf den Fernseher, der noch immer dem Media Markt gehörte.
Ich fotografierte ihn aus allen Winkeln und in allen Einstellungen, lachte still in mich hinein... und dachte plötzlich daran, dass ich ja seine frisch Kaiserschnitt-operierte Mama im Auto vergessen hatte. Als ich ihr ins Haus geholfen hatte, standen wir einträchtig lächelnd vor Timmy: "Ist er nicht allerliebst?" "Ja, das ist er wohl." Dann starrten wir einander an und fragten uns: "Hey....was machen wir jetzt?" Das bringt einem im Eltern-Vorbereitungskurs keiner bei.
Achtzehn Jahre Zwangsarbeit
Wir würden uns um ihn kümmern müssen bis er erwachsen wäre, soviel war sicher. Achtzehn Jahre Zwangsarbeit – soviel bekommt man nicht mal für Totschlag. Das Heimbringen des Säuglings vom Krankenhaus ist der Moment, an dem man die volle Breitseite des Elterndaseins abbekommt. Bis jetzt war alles graue Theorie. Nun aber fühlt man sich wie ein Pilot der Bundeswehr, der an einem Flugsimulator trainiert hat... und auf einmal einen Kampfbomber fliegen soll.
Was du in diesen ersten Tagen im Wesentlichen tust, ist herumfummeln, herumstümpern, herumrennen, während du dich ungeschickt den Weg ins Elterndasein bahnst. „Hat er Blähungen? Ich klopfe ihm auf den Rücken.“ (patsch, patsch, patsch) „Woran erkennt man eigentlich, wann man aufhören muss?“ (patsch, patsch, patsch) „Er hat sein Bäuerchen gemacht! Ich glaube.... oh, er hat gespuckt! Oder klopfe ich zu fest?“ In der Zwischenzeit vertrödelt die stillende Mutter ihre Zeit. „Das geht nicht richtig zu!“ „Hat er genug bekommen?“ „Hat er Blähungen?“ Und da glaubt man es kaum, dass Neugeborene bis zu 20 Stunden pro Tag schlafen.
Mr. Cool im Hintergrund
Währenddessen wollen wir frischgebackenen Väter beweisen, dass wir eine große Hilfe und „Mr. Cool“ im Hintergrund sind. Wir wickeln unseren Kleinen so fest, dass die Windeln eine Stunde später wie Granaten explodieren, oder so locker, dass sie auf dem Wickeltisch liegen bleiben, wenn Mami ihn hochhebt. Oder verkehrt herum, wie ich es fertig gebracht habe (halte einen Eimer bereit).
Halb leer getrunkene Kaffeetassen und nicht beendete Mahlzeiten verschmutzen langsam aber sicher dein Haus. Deine Waschmaschine läuft im Dauerbetrieb und dein Mülleimer quillt über mit Baby-Pflegeartikeln, so dass der mahnende Besuch von Greenpeace nur eine Frage der Zeit sein dürfte. Und zum ersten Mal erlebst du bewusst den Sonnenaufgang... weil du vorher aufstehst, halb blind nach dem Wasserkocher tasten und deinem Partner zuraunst: „Atmet er noch? Klopf ihm auf den Rücken. Nicht so fest, er wacht doch auf!“
Unsichere Gefilde
Unsere tägliche Familienroutine gibt es nicht mehr. Sie wurde ausgelöscht, hat aufgehört, zu existieren... sie ist eine Ex-Routine. Problem: es gibt keine Ersatz-Routine. An einem Tag schläft und isst das Baby friedlich und regelmäßig. Sofort denkt man: „Ha! Geschafft.“ Tags darauf saugt es wie ein Vampir, nur um sich anschließend in einen Akkord-Windelbefüller zu verwandeln. Du wirst also nicht nur unsicher, was zu tun ist, sondern vor allem, wann dies das nächste Mal wieder zu tun sein wird. Und in diesen unsicheren Gefilden sollst du dein Leben als Eltern organisiert bekommen....ha!
Sogar gewohnte Dinge werden plötzlich unkalkulierbar. Früher war der Lebensmitteleinkauf eine Allerweltssache. Jetzt, mit dem Baby im Schlepptau, hat der Ausflug zum Supermarkt etwas von Bungee-Springen ohne Seil. Ist er auch warm genug angezogen? Was mache ich nur, wenn ich mittendrin Windeln wechseln muss? Habe ich seinen Schnuller eingepackt? Wird er schreien? Wenn er auf dem Rückweg gefüttert werden muss: schmelzen dann die Tiefkühlprodukte? Wenn du einigermaßen wohlbehalten zu Hause ankommst, bist du total gerädert. Neulich habe ich aus lauter Verzweiflung meine Mutter angerufen. „Wir waren bei Aldi!“, prahlte ich. „Wow“, sagte sie, „ihr Helden.“
Glücklich, aber übermüdet
Für Väter sind die ersten Tage von besonders seltsamen Begleiterscheinungen geprägt. Du willst dein Baby in die Luft werfen und auffangen. Du willst es am liebsten aufessen – du stopfst seine Füße in deinen Mund und kaust darauf herum. Nun, keine Angst: Du bist nicht verrückt. Das macht die Liebe zu seinem Baby aus einem fürsorglichen Vater.
Nach etwa einer Woche überkommt einen ein seltsames Gefühl: als habe man eine Woche lang nicht geschlafen. Trotzdem bist du glücklich. Geradezu euphorisch. Trotz aller Bedenken und Unsicherheiten ist das Baby nach wie vor am Leben. Mehr zumindest, als du selbst es bist. Aber tröste dich, alle frischgebackenen Eltern sind zunächst hilflos.
Heldenhafter Väter-Einsatz
Fakt ist, bei ca. zehn Fütterungen und achtmal Wickeln pro Tag gewinnst du mit erstaunlicher Geschwindigkeit an Selbstbewusstsein und Können. Und die Erfahrung, durch die Betreuung eines Babys ganz eng mit diesem verbunden zu sein, ist eine der großartigsten Erfahrungen im Leben überhaupt.
Ihn zu seinem ersten Bäuerchen zu bringen... ihn zum ersten Mal in den Schlaf zu wiegen... seine Fingernägel zu schneiden ohne zu hyperventilieren – jedes für sich ein kleiner Meilenstein. Drei Wochen, nachdem wir Timmy nach Hause gebracht hatten, beschlich mich das Gefühl, es als Vater geschafft zu haben. Um das gebührend zu feiern, nahm ich ihn ganz alleine mit zum Einkaufen – furchtlos und stolz. Hindurch wie ein Verrückter, er zerkratzte sich vor Aufregung das Gesicht... und kam nach Hause mit nur einem Socken.
Aus dem Englischen übersetzt von Martin Schneider