Ich bin gerne eine Rabenmutter
Sind Frauen, die Beruf und Familie unter einen Hut bringen wollen, auf einem falschen Weg? Wir fragten urbia-Nutzer, was sie von Eva Hermans Thesen halten und erhielten ein buntes und spannendes Meinungsbild.
Lebhafte Diskussion der urbia-Nutzer
Sind Frauen und Mütter heute auf dem falschen Weg? Macht sie die Möglichkeit, Beruf und Kinder unter einen Hut zu bringen, gar nicht wirklich glücklich? Und mehr noch: Liegt die sinkende Geburtenrate an einer "Vermännlichung" der Frauen?
"Eva Herman plädiert für eine Rückkehr zur traditionellen Wahrnehmung der Geschlechter, um die Familie und damit die ganze Gesellschaft vor dem Aussterben zu bewahren", schreibt der Pendo-Verlag zum umstrittenen Buch "Das Eva-Prinzip". Denn "auf der Suche nach Bestätigung haben sich die Frauen in eine männliche Rolle drängen lassen", so der Verlag weiter, und haben nun "auch den letzten Schritt vollzogen: Sie wollen nicht mehr gebären."
Schon Wochen vor dem Erscheinen sorgte dieser Ansatz der Ex-Nachrichtensprecherin für heiße Diskussionen, denn es wirkt besonders erstaunlich, wenn ausgerechnet eine Frau, die sich für alle sichtbar gegen die traditionelle Frauenrolle entschieden hat, nun mit einem Mal die Ansicht vertritt, Frauen seien in ihrer "natürlichen" Rolle im Haus und innerhalb ihrer Kinderschar möglicherweise glücklicher als in der Doppelrolle als berufstätige Mutter oder gar als Nur-Karrierefrau.
In unserem Magazin und in unserem Forum stellten wir die Frage, was urbia-Nutzer von Eva Hermans Thesen halten und erhielten ein vielgestaltiges und spannendes Meinungsbild - von offener Entrüstung über Hermans Zurück-an-den-Herd-Aufruf bis zu klarer Zustimmung, dass es durchaus für alle Beteiligten leichter sein könne, traditionelle Rollenteilung zu praktizieren und sich für einige Jahre ausschließlich der Erziehung der Kinder zu widmen.
Jede(r) soll und darf selbst entscheiden
Mit großer Mehrheit sprechen sich urbia-Mütter und -Väter jedoch dafür aus, dass jede Familie das für sie passende Lebensmodell wählen solle und erteilen Versuchen, ein bestimmtes Rollenmodell als das bessere oder überlegene zu favorisieren eine deutliche Absage.
"Sicher kann das jeder für sich entscheiden, ob man zu Hause bleibt oder wieder arbeiten geht", schreibt zum Beispiel urbia-Userin kawie2106. "Aber selber 'Karrierefrau' sein und andere, die auch arbeiten gehen, verurteilen nach dem Motto 'Zurück an den Herd', das geht auf keinen Fall." Auch blum7, die selbst nicht nur zu Hause sein möchte, will keinem vorschreiben, was er zu tun hat: "Ich kann es mir für mich nicht vorstellen, mich nur noch der Familie zu widmen. Aber jedem das seine. Alle Frauen über einen Kamm zu scheren, finde ich reichlich daneben." Einige Mütter, die sich bewusst und gerne ganz für Kinder und Haushalt entschieden haben - wie zum Beispiel die urbianerin nisivogel2604 - rufen zu Toleranz gegenüber den unterschiedlichen Rollenmodellen auf: "Ich empfinde es als wunderschön und ausfüllend, täglich rund um die Uhr für mein Kind da sein zu können. Ich finde, jede Frau sollte die Möglichkeit haben, eine freie Entscheidung zu treffen, ob sie Karriere und Kinder teilen will oder nicht."
Ohne berufliche Herausforderung wäre ich unglücklich
"Gerne bin ich eine Rabenmutter, wenn dabei meine Familie glücklich wird", schreibt die urbia-Userin schokolinsa. Wie sie bekennen viele urbianerinnen klar, auf berufliche Herausforderungen nicht verzichten zu wollen: "Also ich persönlich kann es mir gar nicht vorstellen, nicht zu arbeiten", schreibt bejoyful. "Ich brauche einfach die Herausforderung auf einer anderen Ebene und es ist auch eine gute Abwechslung zum Alltag." Andere haben sich einige Jahre berufliche Auszeit für ihre Familie genommen und freuen sich nun darauf, sich wieder beidem, Beruf und Kindern, zu widmen: "Ich für meinen Teil bin froh, nach fast vier Jahren Babypause nun endlich wieder arbeiten zu gehen! Und man mag es nicht glauben... ist die Mama zufrieden, geht es dem Knirps auch bestens", schreibt dazu andrea right back und mamastern77 bekennt: "Ich liebe mein Kind, aber ich freue mich auf den Tag, an dem ich wieder mal in mein Büro darf!"
Ich bin froh, ganz zu Hause bei meinen Kindern zu sein
Ohne anderen ihren Lebensstil vorschreiben zu wollen, melden sich viele urbia-Mütter zu Wort, die sich sehr gerne und mit Herzblut ausschließlich Haushalt und Familie widmen. caschirr zum Beispiel schreibt: "Für mich gibt es nichts Schöneres als zu Hause für meine Tochter da zu sein, wir unternehmen viel in der Natur bei jeder Wetterlage und wir genießen es beide. Ich selbst bin als Kind einer berufstätigen Mutter bei der Oma groß geworden und ich habe meine Mutter vermisst." Und p.zwackelmann stellt fest: "Für mich persönlich finde ich die Situation als Hausfrau und Mutter mit drei Kindern mehr als zurfriedenstellend. Die Vorstellung, ein Kind zu bekommen, und es dann nach ein paar Monaten zur Tagesmutter bringen zu müssen, weil ich arbeiten muss, könnte ich nicht ertragen. Ich habe die Jahre mit meinen Kinder genossen und genieße es bis heute jeden Tag, da zu sein, Zeit für sie zu haben, nicht gestresst zu sein und immer ein offenes Ohr zu haben."
Auch willow19 empfindet den Freiraum, ganz bei ihren Kindern sein zu dürfen, als ein Geschenk: "Ich hätte das Gefühl, was verpasst zu haben, wenn ich meine Kinder mit z.B. sechs Monaten zu einer Tagesmutter gegeben hätte oder so. Jeden Tag kommt was Neues dazu und das möchte ich, wie schon oft gesagt, selbst miterleben und mir nicht von jemandem erzählen lassen." Andere scheuen die Zerrissenheit, von der berufstätige Mütter häufig berichten und entscheiden sich lieber für eine Sache, die aber dann richtig: "Ich denke auch, es ist sicherlich eine Typfrage. Bei mir ist es so, dass ich große Schwierigkeiten hätte, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. Ich kann mich schlecht auf beides einstellen und bekomme dann wirklich Frust, beides nicht auf eine für mich zufriedenstellende Weise auf die Reihe zu bekommen. Ich habe den Luxus zu Hause bleiben zu können, ich genieße das sehr." (superangel)
Und was ist mit den Männern?
Der Argumentation, Frauen rieben sich zwischen Kindern und Beruf eher auf und könnten mit dieser überfordernden Doppelrolle nicht glücklich sein, setzen einige urbia-Mitglieder die Frage nach der Rolle der Männer entgegen: "Aber wenn Frau Herman mal die Herren der Schöpfung ein wenig kritischer ins Kalkül gezogen hätte und vielleicht Wege der gemeinsamen Arbeitsteilung aufgezeigt hätte - das wäre mal ein sinnvoller Beitrag gewesen! Aber dass Frauchen zurück an den Herd soll, weil sie sowieso punkto doppelter Belastung überfordert ist - aber Männe weiterhin sein 'Söhnchenimage' pflegen darf, anstatt mal sich in Arbeitsteilung zu üben - das ist der Hammer auf der ganzen Linie", kritisiert zum Beispiel agostea.
lavinia78 hat für Eva Hermans Thesen nur Spott und Ironie übrig: "Ein Männe hat das Geld zu verdiene, und somit seinen Part erfüllt. Er kommt heim, legt sich vorn Fernseher, Mutti bringt ihm noch sein Bierchen...natürlich möglichst in Strapsen, damit's auch gleich ein weiteres Baby für Deutschland gibt, danach klopft sie ihm sein Kissen wieder zurecht, damit er gut schlafen kann." Ebenso ärgert sich jujpod über den alten Zopf, Männer hätten für den Haushalt weniger Talent: "Ja, das regt mich am meisten auf an diesem Buch: dass es einen Unterschied in den Geschlechtern geben soll, der sich auf die Fähigkeit, Hausarbeit erledigen zu können und Kinder zu erziehen, bezieht. Sorry, aber so schwierig ist spülen und Wäsche machen nicht, dass das nicht auch der dämlichste Mann/Frau könnte. Und Kinder muss man lieb haben und den Rest lernt man eh beim Tun, oder?"
Mit urbia-Mitglied karl.hsr schließlich bringt auch ein Mann Zweifel daran ein, dass die Rückkehr zur klassischen Rollenaufteilung beide Geschlechter glücklicher macht: "Ich kann es mir nicht vorstellen, mit einer Frau zusammen zu leben, die keinerlei andere Interessen und Ziele hat, als die Pflege unseres Kindes und unserer Wohnung. Und ich möchte auch nicht immer alleine für den Lebensunterhalt der Familie aufkommen müssen, weil dies auch für mich eine Belastung ist und ich auch Zeit für meinen Sohn und mich haben möchte. Ich will eine selbstständige Frau, die für sich sorgen kann und ihre eigenen Interessen pflegt."
Das Schlusswort soll der urbianerin luise.kenning gehören, die den durch Eva Hermans Buch angestoßenen Streit auf den Punkt bringt: "Wir sind eben Problemmacher, wo keines ist (...). Und so machen wir ein Problem draus, wenn eine Familie klassische Rollenverteilung als ihr Glück betrachtet und auch ein Problem daraus, wenn Mama arbeiten geht und so weiter."