Schwiegereltern - Fluch oder Segen?
Jeder kennt das Klischee der klassischen Schwiegermutter: Sie mischt sich ein, will alles kontrollieren, ist eifersüchtig auf die Partnerin des Sohnes und weiß in Sachen Kindererziehung und Haushaltsführung sowieso alles besser. Doch ist dieses Bild des „Schwiegermonsters“ überhaupt noch zeitgemäß?
Wird Schwiegermama härter beurteilt als die eigene Mutter?
Während dem Schwiegervater in der Regel ein weniger negatives Image anhaftet, sind die Erwartungen an eine perfekte Schwiegermutter hoch: Sie soll helfen, wenn sie gebraucht wird, aber auf keinen Fall ungefragt Ratschläge erteilen.
Sie darf nur auf ausdrückliche Einladung kommen, aber bitte niemals überraschend vor der Tür stehen. Wenn früher anders gewickelt, gefüttert und gemaßregelt wurde, soll sie das doch bitte für sich behalten.
Doch Hand auf´s Herz: Selten liegt die Latte bei der eigenen Mutter genauso hoch. Denn steht die eigene Mama überraschend vor der Tür, zeugt das von deren Interesse an den Enkeln. Ist es jedoch die Mutter des Angetrauten, vermuten wir bestimmt einen Kontrollbesuch. Doch woran liegt das? Ist es eine Art Konkurrenzdenken, wer im Leben des Mannes die erste Geige spielt? Oder ist es der Druck, den wir uns selber machen (weil wir ein perfektes Bild abliefern wollen, damit die liebe Schwiegermama nichts zu beanstanden hat)? Was ist der Schlüssel für eine harmonische Koexistenz mit den Eltern des Partners?
Der Mann sitzt zwischen den Stühlen
Unbestritten gibt es verschiedene Exemplare der Gattung Schwiegermutter: solche die geschätzt werden und allzeit willkommen sind, und solche die schon mehrfach gedanklich zum Mond geschossen wurden. Für den Mann ist es schwer Position zu beziehen, denn er sitzt zwischen den Stühlen. Er möchte seinen Eltern, die ihn jahrelang liebevoll aufgezogen haben, ja nicht vor den Kopf stoßen. Doch genauso wenig darf er seiner Partnerin in den Rücken fallen, sonst hängt daheim der Haussegen schief.
Die meisten Frauen würden sich jedoch mehr Rückhalt vom Partner wünschen, so auch urbia-Userin und Sechsfach-Mama Sandra. Ihre Schwiegermutter sieht sie nur zu „Pflichtgelegenheiten“ wie Geburtstage und Weihnachten, dazwischen wird in der Regel auch nicht telefoniert. Das Schlimmste an dem Verhältnis ist für die 35-jährige wohl das mangelnde Interesse an den Kindern: „Sie hat uns nie wirklich mit den Kindern unterstützt, höchstens mal aufgepasst, aber nicht oft und auch nie über Nacht. Unsere Söhne werden `links liegengelassen´, doch unsere beiden Töchter werden quasi in den Himmel gehoben mit Geschenken. Sie kennt unsere Kinder kaum und schenkt oft irgendetwas Wertfreies, statt sich mit ihnen oder mir abzusprechen. Mein Mann sieht die Situation leider relativ entspannt. Er könnte ja eh nichts daran ändern. Ich würde mir wünschen, dass er da manchmal mehr hinter mir stehen würde.“
Jedem Besuch folgt ein Ehestreit
Bei der 25-jährigen Iris hat sich das Verhältnis zu den Schwiegereltern mit der Geburt ihres ersten Kindes verändert. Die junge Mutter erzählt: „Vor der Schwangerschaft war unser Miteinander eigentlich ganz gut. Ich hatte das Gefühl, dass sie mich mögen und sie freuten sich auch sehr mit uns, als ich schwanger wurde.“
Doch kaum war der Sohn auf der Welt, änderte sich die Beziehung schlagartig: „Alles was ich tat, wurde in Frage gestellt. Mein Mann und ich waren noch jung, aber wir haben stets versucht alles richtig zu machen. Wir haben Ratgeber gelesen und uns Tipps von der Hebamme oder dem Kinderarzt geholt, wenn wir unsicher waren. Doch meine Schwiegereltern fanden alles übertrieben, nur weil man früher einfach weniger auf viele Dinge geachtet hat, zum Beispiel wenn es um Hygiene, Sicherheit oder Ernährung ging. Zum Beispiel fanden wir es selbstverständlich den Schnuller abzuwaschen, wenn er auf den schmutzigen Boden gefallen ist. Mein Schwiegervater fand das lächerlich und hat dann demonstrativ dem Kleinen schnell den Nucki in den Mund gesteckt, bevor ich ihn säubern konnte.“
Dieses Verhalten verletzte Iris sehr: „Meine Schwiegereltern haben mich total verunsichert, bei jeder Kleinigkeit hatte ich Angst verurteilt zu werden. Das schlimmste aber war, dass mein Mann sich nie eingemischt hat. Bis heute hält er sich aus allem raus, was bei uns jedes Mal, wenn wir bei meinen Schwiegereltern waren, in einem dicken Ehestreit endet.“ Mittlerweile hat Iris gelernt, die Kommentare ihres Schwiegervaters zu überhören und bezeichnet ihr Verhältnis als „höflich-distanziert“.
Sie ist die Mutter, die ich mir immer gewünscht habe
Ganz anders bei urbia-Userin „weidekaetzchen“, die sich mit ihrer Schwiegermutter glücklich schätzen kann. Die 34-jährige schwärmt: „Wir mochten uns auf Anhieb. Meine Schwiegermutter ist für mich die Mutter, die ich mir immer gewünscht habe. Zu meiner eigenen hatte ich nie ein gutes Verhältnis, schon gar kein herzliches.“
Da die Schwiegermama 200 km weit weg wohnt, sind die Besuche selten, aber intensiv: „Sie kommt etwa alle vier Wochen für ein paar Tage vorbei. Sie schläft dann oben im Dachgeschoss und hilft mir mit den Kindern, spielt mit ihnen, hilft ein wenig bei der Hausarbeit und kocht für uns - und das gerne! Um Rat fragen kann ich sie jederzeit und ihr auch alles erzählen. Sie ergreift auch nicht, wie vielleicht andere, sofort Partei für ihren Sohn, sondern ist auch auf meiner Seite. Ich fände es schön, wenn sie hier in der Nähe eine Wohnung hätte.“
Für die zweifache Mama war die Schwiegermutter schon oft eine große Hilfe: „In der zweiten Schwangerschaft kam es zu Komplikationen, da hat sie alles stehen und liegen lassen, um uns zu unterstützen. Als unser zweiter Sohn einen Monat zu früh auf die Welt kam, hat sie meinem Mann toll geholfen und blieb auch nach der Entbindung noch, um mich zu entlasten. Vier Tage, nachdem sie gefahren war, erfuhren wir, dass unser Kleiner schwer krank ist und am Herz operiert werden muss. Sie ist sofort zurückgekommen und fast die ganzen acht Wochen, die ich mit dem Kleinen im Krankenhaus war, geblieben. Ohne sie hätten wir diese Zeit nicht so gut überstanden.“
Eine gute Balance aus Nähe und Distanz
Aniko scheint das Geheimrezept gefunden zu haben, denn die 27-jährige hat fünf Jahre im Haus der Schwiegereltern gewohnt und lebt mittlerweile mit ihrem Mann auf dem Nachbargrundstück. Sie erzählt, wie das Zusammenleben funktioniert: „Die Eltern meines Mannes sind beide noch sehr jung, das finde ich super! Ich mag und akzeptiere sie, genauso ist es andersherum. Sie leben ihr eigenes Leben, dadurch sehen wir uns eher unregelmäßig.“
Aniko ist nun zum ersten Mal schwanger, doch sie glaubt nicht, dass sich an dem guten Verhältnis etwas ändern wird, wenn das Baby auf der Welt ist: „Weil ich Erzieherin bin, sagt meine Schwiegermama oft, dass ich ja weiß, was gut ist und was nicht. Auch deswegen, weil ich immer offen über alles rede, alles kritisch abwäge und mir dadurch einen Weg suche, den ich guten Gewissens gehen kann. Ich frage meine Schwiegereltern auch nicht direkt um Rat. Ich erzähle mehr, was ich tue und wenn sie dazu etwas sagen wollen, dann tun sie es. Durch gegenseitige Wertschätzung und Akzeptanz ist das Zusammenleben kein Problem, aber man sollte einfach immer einen gewissen Abstand halten. Eine gute Balance aus Nähe und Distanz, und natürlich Vertrauen, ist wichtig.“
Aniko hat das, was sich viele Frauen wünschen würden: „Ich denke, das Problem, das viele mit Schwiegereltern haben, ist, dass man sich zu sehr reinreden lässt. Das gibt es bei uns nicht, wir akzeptieren den anderen wie er ist. Meine Familie ist, im Gegensatz zu meinen Schwiegereltern, sehr fürsorglich und bemutternd, da tut die Distanz gut. Sie würden uns nicht so unser Leben führen lassen wie das die Eltern meines Mannes tun. Das Zusammenleben mit meinen Schwiegereltern funktioniert, weil sich jeder hauptsächlich um sich kümmert. In unserer Beziehung ist jeder auf einer Augenhöhe, das ist der Clou bei der Sache.“
Aus der Sicht einer Schwiegermutter
„fruehchenomi“ kennt die andere Seite: sie ist selbst Schwiegermutter und Oma einer 7-Jährigen. Die 59 Jahre alte urbia-Userin erzählt, dass ihre Enkelin als Frühchen auf die Welt kam und sich in den ersten beiden Jahren durch viele Operationen und Gipsbehandlungen kämpfen musste. „fruehchenomi“ entlastete Tochter und Schwiegersohn, wo es ging und passte oft auf die Kleine auf.
Heute, sieben Jahre später, stehen sich Oma und Enkelin sehr nah: „Leonie wird zwar von mir verwöhnt, aber auf keinen Fall sinnlos verzogen oder mit Süßigkeiten abgefüllt. Ich falle meiner Tochter nie in den Rücken, ich versuche höchstens mal zu vermitteln.“ „fruehchenomi“ wird bald Enkel-Zuwachs bekommen, denn ihre Schwiegertochter ist schwanger: „Zu meinem zweiten Enkel werde ich diese besondere Beziehung wahrscheinlich nicht so aufbauen können, realistisch gesehen. Mein Sohn wohnt zwar auch nicht weit entfernt, ist aber nicht der große Besucher seiner Eltern. Und da ich nicht der Typ bin, der unangemeldete Besuche veranstaltet oder aufdringlich ist, muss ich einfach abwarten, wie sich das entwickeln wird.“
Die jung gebliebene Omi schwärmt: „Mein Schwiegersohn ist der Weltbeste und auch meine Schwiegertochter mag ich. Ich würde mich aber nur massiv einmischen, wenn ich echte Sorge um Leonie haben müsste, aber die Eltern machen schon alles recht. Leonie hat vorrangig eine Mama und einen Papa – und dann komm erst ich, auch wenn ich sie wirklich abgöttisch liebe. Ich habe mein Erziehungs-Soll bereits erfüllt mit meinen Kindern.“ Als Schwiegermutter kann sich „fruehchenomi“ gut vorstellen, warum bei vielen Familien das Verhältnis so schwierig ist: „Solange eine Mutter nicht akzeptiert, dass ihr Sohn nun verheiratet ist und eigene Familie hat, wird das immer Zündstoff sein. Allerdings gibt es sicher auch Schwiegertöchter, die ihren Mann nur für sich haben wollen und die nicht einsehen, dass der Partner auch eine Herkunftsfamilie hat, die er nicht von heute auf morgen vergessen sollte.“
Plädoyer für mehr Harmonie – im Interesse der Kinder
Betrachtet man diese unterschiedlichen Beispiele, könnte das Fazit lauten: Man darf in Sachen Schwiegereltern nicht pauschalisieren, es gibt, wie meist im Leben, sehr unterschiedliche „Exemplare“. Gegenseitige Offenheit und Wertschätzung sind der Schlüssel für eine gelungene Beziehung zwischen Schwiegerkind und Schwiegereltern, schwierig wird das Verhältnis, wenn sich Konkurrenzdenken dazwischen schiebt. Dazu gehört auch, die Fehler und Schwächen des anderen zu akzeptieren und nicht hinter jedem Kommentar Argwohn und Kritik zu vermuten – vor allem im Interesse der Kinder.