Nach der Trennung oder Scheidung

Väter kämpfen um ihre Kinder

Väter-Selbsthilfegruppen und -Vereine erhalten wachsenden Zuspruch. Denn viele Väter kämpfen nach der Trennung um das Recht, ihre Kinder regelmäßig zu sehen.

Autor: Petra Fleckenstein

Viele Mütter betrachten das Kind als IHR Kind

Vater Sohn Park spielen
Foto: © panthermedia.net/ Monkeybusiness Images

Ein Jahr nach der Trennung verliert nach Informationen des Vereins "Väteraufbruch für Kinder" (VafK) die Hälfte aller Väter den Kontakt zu ihren Kindern. Immer mehr Männer wollen jedoch mehr als die Geldquelle sein und organisieren sich in einer der immer zahlreicheren Vätergruppen. Hauptanliegen des VafK und seiner Mitglieder ist es, nach einer Trennung die Beziehung der Kinder zu beiden Eltern aufrecht zu erhalten. urbia sprach mit Rüdiger Meyer-Spelbrink vom Bundesvorstand des Vereins.

urbia: Der Verein Väteraufbruch wurde 1989 gegründet, wie viele Mitglieder hat er derzeit?

VafK: Aktuell sind es 1.700 Mitglieder. Über die 66 Ortsgruppen und etwa 120 lokale Kontaktstellen werden etwa 8.000 Väter lokal eingebunden.

urbia: Ist in letzter Zeit ein Mitgliederzuwachs zu verzeichnen? Wenn ja, wie erklären Sie sich das?

VafK: Ja, das Familienbewusstsein und die emotionale und erzieherische Verantwortung vieler Väter nimmt zu, während es Mütter gibt, denen trotz aller Emanzipation offensichtlich nicht lieb ist, dass Männer nun diese "Frauen"-Domäne erobern. Emanzipation hat sicher zwei Seiten. Frauen wollen beruflich gleichberechtigt sein und wollen nicht nur ins Heim und hinter den Kochherd gehören. Das hat zur logischen Konsequenz, dass Väter verstärkt den Platz in der Kindererziehung einnehmen. Die derzeitige Politik verstärkt die Einladungen von Vätern in der Familienarbeit. Dennoch betrachten viele Mütter das Kind als "ihr" Kind, selbst in intakten Beziehungen. Der Zugewinn für Frauen am Berufsalltag muss ein Loslassen in der Familienwirklichkeit nach sich ziehen. Da dies bisher nur wenig gelebt wird, haben Männer Schwierigkeiten in der Ausübung ihrer Vaterschaft, gerade nach einer Trennung. Die Gerichte und Mitarbeiter in den Jugendämtern begünstigen heute in der Regel die Mutter immer noch. Väter sind sensibler geworden und sind auch bereit, sich für ihre Kinder im Verein zu engagieren.

Gegen den Willen der Mutter hat der Vater keine Chance

urbia: Mit welchen Problemen wenden sich Männer an diesen Verein?

VafK: Meist, wenn es nach der Trennung zu Schwierigkeiten kommt, Umgang mit den Kindern wahrzunehmen oder gar das gemeinsame Sorgerecht zu beanspruchen. Häufig (fast) zu spät. Leider in den seltensten Fällen frühzeitig, um das Schlimmste zu verhindern. Gegen den Willen der Kindesmutter hat der Vater keine Chance.

urbia: Können Sie exemplarisch einen Fall beschreiben?

VafK: Das wird schwierig, weil die Facetten sehr vielfältig sind. Häufig verschwindet die Mutter mit den Kindern (rechtswidrig, aber immer wieder gebilligt) oder die Mutter blockiert trotz gemeinsamen Sorgerechts die Umgangskontakte mit dem Vater. Hier herrscht schlichtweg das Faustrecht, Mutter tut es einfach. Der Vater muss oft über Jahre darum kämpfen, seine Kinder überhaupt wieder zu sehen. In der Zwischenzeit tritt natürlich eine Entfremdung ein, danach folgt dann die Begründung, "das Kind will ja gar nicht zum Vater".

urbia: Auf welche Weise unterstützen Sie diese Väter? Welche Hilfen bieten Sie?

VafK: Vor Ort im Rahmen der Selbsthilfearbeit durch Beratung und Erfahrungsaustausch, überregional durch Hotline (01805 – 120 120), Schulungen und Informationen. Der Verein unterstützt die Solidarität der Väter untereinander. Das Besuchsbettenprogramm ist dafür ein typisches Beispiel. Väter müssen oft viele Kilometer für den Umgang zum Kind fahren. Vereinsmitglieder nehmen diese Väter als Gäste auf. Trennung oder Scheidung bedeutet für Väter häufig eine Entwurzelung, die der Verein vorübergehend auffangen kann. Darüber hinaus als politische Interessensvertretung.

Warum enthalten manche Mütter Vätern ihre Kinder vor?

urbia: Was veranlasst Frauen aus Ihrer Erfahrung, Vätern die Kinder vorzuenthalten?

VafK: Eigene Ängste und Unsicherheiten, Hass- und Rachegefühle, unaufgearbeitete Trennung vom Partner sowie die Ansicht, das beste für’s Kind zu wollen (und der "böse" Ex kann ja nicht dazu gehören, sonst hätte man sich ja nicht getrennt). Geschichtlich waren die Mütter immer für die Erziehung verantwortlich, die Väter für die Beschaffung des Geldes. Das sind tief in uns eingegrabene Verhaltensmuster. Meistens werden diese Einstellungen nicht überprüft und die Gesellschaft hat dafür auch noch keinen Blick. Es gibt noch keine Kampagne zur Überprüfung der Mutterrolle.

urbia: Handeln diese Frauen einfach eigennützig und unverantwortlich?

VafK: Es gibt beides, Mütter, die mit Vorsatz dieses Ziel verfolgen und Mütter, die durch unbewusste Verhaltensweisen und Äußerungen versuchen, die Kinder zu beeinflussen und damit einem enormen Druck aussetzen. Es wird sicherlich auch dadurch gefördert, dass das Thema "mehr Rechte für Frauen" auch hier eine Menge Ratgeber auf den Markt gebracht hat, wie Frauen ihre Rechte sichern können. Da wird ganz offen das Recht der Frau mit Tipps hervorgehoben, das Recht und Wohlergehen der Kinder aber weniger gewürdigt. Alleine aus solchen Ratschlägen folgt ein sicher auch öfters unbewusstes Verhalten der Mütter.

urbia: Welche politischen und gesellschaftlichen Forderungen stellt der Verein?

VafK: Konsequente Gleichstellung im Familienrecht, paritätische Elternschaft nicht nur auf dem Papier, sondern gelebte Wirklichkeit. Das Bild in der Gesellschaft vom Vater und vom Mann entspricht nicht mehr der Wirklichkeit, sondern erweist sich oft als ein Vorurteil. In der Praxis haben Mütter häufig einen Bonus. Das Klischee "im Zweifel ist das Kind bei der Mutter doch besser aufgehoben" besteht noch sehr häufig, wenn auch unbewusst, so dass in vielen Fällen der Mutter Vorteile zugesprochen werden.

urbia: Wie versuchen Sie diese öffentlich zu machen?

VafK: Durch Infoschriften, öffentliche Veranstaltungen, Pressearbeit und politische Aktionen. Ebenso durch Kontaktaufnahmen und Gespräche mit Politikern, Fachleuten, Beratungsstellen, Familienrichtern und Jugendämtern. Auch führen wir Fachveranstaltungen zur Weiterbildung der Fachwelt durch.

Offensichtlich waren immer die falschen Partner zusammen

urbia: Den Mitgliedern Ihres Vereins steht ein Heer alleinerziehender Frauen gegenüber, die sich über mangelndes Engagement der getrennt lebenden Väter beklagen. Wie erklären Sie sich das?

VafK: Es gibt beides. Offensichtlich waren immer die falschen Partner zusammen. Wir bekommen viele Antworten von Müttern, die sagen "so einen Vater hätte ich auch gerne für meine Kinder". So wie es Rabenmütter gibt, gibt es sicher auch unter Vätern schwarze Schafe. Väter, die sich nicht für ihre Kinder engagieren, verurteilen wir ebenso.
Allerdings sollte dabei berücksichtigt werden, dass viele Väter sich auch einfach verzweifelt, resigniert zurückgezogen haben. Vielen fehlt einfach die Kraft, über Jahre um Ihre Kinder zu kämpfen. Was soll sich ein Vater engagieren, wenn ihm sowieso die Kompetenz abgesprochen wird und er bei vielen Auseinandersetzungen bei Jugendamt und Familiengericht merkt, dass seine Verantwortung und Bedeutung nicht ernst genommen wird?

urbia: Die Bundesregierung versucht seit einiger Zeit massiv, mehr Väter dazu zu bewegen Elternzeit zu nehmen, aber die Zahlen steigen nur sehr langsam. Wollen Väter sich denn wirklich mehr einbringen für ihre Familien?

VafK: Tun sie das nicht schon heute? Ist nicht auch die materielle Versorgung der Familie ein Stück Familienarbeit? Wünschen nicht gerade auch Frauen, dass der besser verdienende Vater diese Annehmlichkeit nicht gefährdet? Viele Väter würden sicher gerne Elternzeit nehmen, wenn sie dies beruflich durchsetzen könnten. Das Elternzeitgesetz steht zwar auf dem Papier, die Wirklichkeit in der Arbeitswelt ist aber häufig eine andere. Engagierten Vätern wird vom Arbeitsgeber diese Bereitschaft nicht gerade honoriert.
Die Motivation hat aber auch etwas mit der unsicheren Perspektive zu tun. Wenn Väter ihre berufliche Weiterentwicklung zurückstellen, heißt das noch lange nicht, dass sie damit in ihrer Lebensplanung eine verlässlichen Planung haben. Wir kennen etliche Fälle, in denen Vätern trotz Elternzeit bei einer Trennung die Kinder gerade nicht zugesprochen werden. Bei Müttern wird häufig davon gesprochen, dass sie ja die längere Zeit die kontinuierliche Hauptbezugsperson für das Kind gewesen seien. Wenn Väter Elternzeit genommen haben, zählt dies nicht mehr. Im Gegenteil, wir kennen Mütteraussagen, "die letzten Jahre musste ich arbeiten und der Vater hat sich ‚aushalten’ lassen".

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