Kinderfotos im Netz
Wer in sozialen Netzwerken aktiv ist, macht auch oft vor den Fotos der eigenen Kinder nicht halt und postet sie bei Facebook und anderen sozialen Netzwerken. Warum Eltern bei Fotos ihrer Kinder besonders vorsichtig sein sollten.
Eltern im Unklaren darüber, wer die Kinderfotos sehen kann
Neugeborenenfotos auf Facebook sind die neuen Geburtsanzeigen. Babyfotos in den sozialen Netzwerken gehören heute selbstverständlich dazu, um seine Freude über das Ereignis zu teilen. „Viele Eltern sind stolz und die ständige Medienutzung gehört für sie eben zum Alltag", erklärt Kristin Langer den Trend. Langer ist Medienpädagogin der Elternberatungsseite www.Schau-hin.info, die vom Bundesfamilienministerium betrieben wird. Für viele Eltern ist nach dem Geburtsfoto nicht Schluss. Fotos vom Baby beim ersten Brei, vom Kind bei seinen ersten Schritten, auf dem Spielplatz und bei der Einschulung werden fleißig gepostet. Anschließend folgt die Dokumentation von Noten in Klassenarbeiten und auf Zeugnissen. Viele vergessen dabei allerdings, wer alles mitliest.
Fotos greifen Persönlichkeitsrechte an
Das halten Experten für problematisch. „ Kinder haben ein Recht auf Privatsphäre und Selbstbestimmung“, findet etwa der Gründer der Facebook-Seite „Keine Kinderfotos im Social Web“. „Ein Kind mit zwei Jahren auf dem Topf ist niedlich. Die Frage, die sich Eltern stellen sollten, ist: Findet dasselbe Kind dieses Bild mit elf Jahren immer noch niedlich?“, gibt Kristin Langer zu bedenken. In einem viel beachteten Kommentar - über 100.000 mal geteilt - schreibt Tobias Schäfer, Rechtsanwalt aus Wetter an der Ruhr auf seiner Facebook-Seite: „Ihr alle seid stolz auf eure Kinder und wollt nur das Beste für sie. Dazu gehört selbstverständlich auch die Wahrung der Persönlichkeitsrechte eurer Kinder… Liegt es wirklich im Interesse des Kindes, hunderte potenzielle Peinlichkeiten und Angriffspunkte zu schaffen? Fragt doch mal eure Kinder, wenn sie ein paar Jahre älter sind und die Fotos von ihren Schulkameraden mit einem verachtenden Lachen auf die eigene Pinnwand gepostet bekommen. Von noch schlimmeren Möglichkeiten als dem schon heute immer häufiger vorkommenden Cybermobbing mal ganz abgesehen.“ Schäfer hat beruflich mit Cybermobbing-Opfern zu tun und weiß daher, wovon er spricht.
Jeder kann die Fotos kopieren
Die Gefahr, dass Andere die Kinderfotos kopieren, speichern, verbreiten oder verfremden, ist groß, selbst wenn Eltern das selbst nicht beabsichtigen und die Fotos wieder löschen. Medienpädagogin Langer rät daher dazu, Kinder auf Fotos nicht direkt erkennbar abzubilden, sondern nur im Anschnitt oder mit Mütze und Sonnenbrille. Beim Hochladen der Bilder sollte man außerdem darauf achten, das die Ortsbestimmung im Smartphone deaktiviert ist und die vollständige Adresse nicht zu sehen ist.
Rechtlich gesehen können Eltern minderjähriger Kinder frei entscheiden, ob sie Bilder ins Netz stellen. Die Kinder gelten als noch nicht einsichts- und geschäftsfähig, und das betrifft auch das Recht am eigenen Bild. Sobald das Kind die Risiken, die damit verbunden sind, selbst einschätzen kann, darf es aber mitentscheiden. Das ist in etwa im Alter von 12 bis 14 Jahren der Fall. Dann können Kinder theoretisch auch von ihren Eltern verlangen, Bilder aus dem Netz zu nehmen.
Schlimmer Extremfall: Das eigene Kind bei Facebook bloßstellen
Fotos, um damit seinen Stolz zu zeigen, oder seine Freude zu teilen sind das Eine. Manchmal (besonders in den USA) werden Fotos in den sozialen Medien aber auch dafür genutzt, um Kinder zu beschämen, indem ihr Fehlverhalten öffentlich dargestellt wird. Das Internet wird von diesen Eltern als Pranger verwendet, um ihre Kinder unter Druck zu setzen. Eltern posten beispielsweise Fotos von ihren Kindern, die Schilder in der Hand halten, auf denen es heißt: „Ich habe in all meinen Fächern ein F“ (F steht im amerikanischen Benotungssystem für failure, also nicht bestanden), oder „Ich bin ein Dieb, weil ich ein Familienmitglied bestohlen habe“ oder „ich bin von der Schule geflogen, weil ich einen Lehrer beschimpft habe.“ Pädagogen können angesichts dieser Erziehungsmethode nur den Kopf schütteln. „Das ist ein völlig falsches Instrument, das Vertrauen und Bindung zerstört“, sagt Kristin Langer.