Was ist zu beachten?

Auslandsadoption

Sie möchten ein Kind aus dem Ausland adoptieren? Eine schwierige Entscheidung. Wie das geht und worauf dabei zu achten ist, hat urbia zusammengestellt.

Autor: Gabriele Möller

Auslandsadoption: Jedes fünfte Kind nicht aus Deutschland

Auslandsadoption
Foto: © iStock, Image Source

Der Wunsch, ein ausländisches Kind zu adoptieren, hat viele Gründe. Manche Eltern haben sich beruflich verwirklicht und wünschen sich jetzt ein Kind, aber es will aus unterschiedlichen Gründen nicht so recht klappen. Die Adoption eines deutschen Kindes gestaltet sich vielleicht wegen des Alters der Eltern oder aus anderen Gründen schwierig. Manche haben aber auch schon eigene Kinder und möchten gern ein weiteres Kind, das altersmäßig besser zur Familie passt, als ein Säugling. Gleichzeitig haben sie den Wunsch, einem chancenlosen Kind in einem der armen Länder der Welt eine gute Zukunft zu bieten.

Im Jahr 2008 besaßen 1.251 der adoptierten Kinder und Jugendlichen nicht die deutsche Staatsangehörigkeit. 612 dieser Kinder waren aus Anlass der Adoption nach Deutschland gekommen. Hilfsorganisationen, die sich für die sogenannte Dritte Welt engagieren, sehen Auslandsadoptionen mit gemischten Gefühlen. Denn leider wird der größere Teil der Kinder nicht über die anerkannten Vermittlungsstellen adoptiert. Viele Paare lassen sich auf die Angebote unseriöser Vermittler ein. Hier werden oft die Herkunft, das Alter und Vergangenheit der Kinder falsch angegeben.

Bei der Beschaffung des Kindes wird nicht selten weder vor Betrug und Urkundenfälschung bei Geburtsurkunden, Personenstandsurkunden, Einwilligungserklärungen der Mütter, noch vor Kindesentführung zurückgeschreckt. Auch eine langfristige Betreuung der Eltern über die Adoption hinaus fehlt. Man sollte also nur über seriöse Vermittlungsstellen nach dem Wunschkind suchen, um Leid tatsächlich zu vermindern und nicht zu vergrößern. Doch auch viele andere Dinge gilt es zu beachten und zu überlegen, wenn man ein ausländisches Kind adoptieren möchte.

Worauf müssen wir uns bei dem neuen Familienmitglied einstellen?

Man sollte sich nicht durch Fotos süßer, exotisch aussehender Kindergesichter zu allzu romantischen Vorstellungen verleiten lassen. Viele Kinder, die die deutschen Eltern glücklich in Empfang nehmen dürfen, sind mehr oder weniger stark in ihrer Seele verletzt, oder haben körperliche Krankheiten oder Behinderungen. "Kinder, die ein Heim verlassen, sind geschädigt:

  • Deprivation (seelische oder körperliche Mangelerscheinungen),
  • fehlende Vernetzungen im Gehirn,
  • Rachitis (durch Vitamin D-Mangel hervorgerufene Knochenverformungen),
  • schwere Kurzsichtigkeit,
  • Hospitalismus (Verhaltensstörung durch eintönige Umgebung und mangelnde Zuwendung),
  • schwere Infektionen bis hin zu Hepatitis B und AIDS,
  • Aufmerksamkeits-Defizit-Störung

und vieles mehr sind die möglichen Folgen des Heimlebens", so Pastor Wolfgang Gerts vom Bundesverband für Eltern ausländischer Adoptivkinder (der sich Anfang 2010 aufgelöst hat). Eltern sollten sich also realistisch fragen, wie belastbar sie sind und mit welchen Krankheiten und Problemen sie glauben, gut zurecht zu kommen und mit welchen nicht.

Es kommt zudem bei adoptierten Kindern manchmal vor, dass sie sich schwierig geben und die Grenzen der Eltern auf ungewöhnlich starke Weise "austesten". Was dann für die verunsicherten Adoptiveltern wie Ablehnung von Seiten des Kindes aussieht, ist gerade das Gegenteil: Die Suche nach Liebe und bedingungslosem Angenommen-Werden. Die Kinder testen auf diese Weise, ob die Eltern sie auch noch lieb haben, wenn sie selbst "böse" sind.

Auch die oft nicht einfachen Empfindungen der neuen Eltern für ihr Kind müssen bedacht und ehrlich einkalkuliert werden: "Bei der Adoption stellt sich oft das Gefühl ein, es fehle etwas in der Beziehung zum Kind, wenn ich es nicht von Anfang an hatte", weiß Gerts. Die neuen Eltern sollten stabil und gelassen genug sein, solche Gefühle zu akzeptieren.

Sind wir nicht schon zu alt?

"Der Gesetzgeber legt keine Altersgrenze fest. Wenn solche Grenzen praktisch von einzelnen Behörden gesetzt werden, haben sie damit also zwar eine praktische Lösung gefunden, aber keinerlei gesetzlichen Rückhalt", so Wolfgang Gerts. Diskussionswürdig werde die Frage ohnehin erst dann, wenn es auf die 50 zugehe. Denn zahlreiche Erfahrungen belegten, dass ältere Adoptiveltern gute und verständnisvolle Eltern seien, die auch umsichtig und weniger erschrocken mit denjenigen Problemen umgingen, die ein durch Heimaufenthalt geschädigtes Kind mitbringe.

Und wie alt sollte das Kind sein?

Einen Säugling zu bekommen, ist schwer. Die meisten vermittelten Kinder aus dem Ausland sind mindestens im Kleinkindalter, aber mindestens neun Monate alt. Man sollte die Altersstruktur der Familie erhalten. Das heißt, ein adoptiertes Kind sollte jünger als alle bereits vorhandenen Geschwister sein. Es brächte Unordnung in gewachsene Strukturen, wenn die übrigen Kinder plötzlich ein älteres Geschwister bekommen, das sie dominiert. Auch der Altersabstand muss gut gewählt werden: "Ist der Abstand zu groß, wird es ähnlich einem Einzelkind aufwachsen. Ist der Altersunterschied zu gering, werden die Positionen in der Familie von allen Familienmitglieder neu gesucht werden. Es kann zu Konkurrenz und übermäßiger Eifersucht kommen. Darum sollte der Altersunterschied mindestens ein Jahr betragen", so Gerts, der selbst vier ausländische Kinder adoptiert hat und seit vielen Jahren zum Thema Auslandsadoption Informationen sammelt, Kontakte pflegt, Hilfe leistet.

Aus welchem Land soll unser Kind kommen?

Leider ist es auch heute noch in unserem Land nicht ganz egal, wie ein Kind aussieht, welche Haut- oder Haarfarbe es vielleicht hat. Die eigene Kraft, aber auch die Umgebung, in der man lebt, sollten bedacht werden. "Man muss sich fragen, was man sich als Eltern zumuten kann", so Pastor Gerts. Denn es muss zwar nicht, kann aber durchaus passieren, das nicht alle Menschen dem Kind freundlich und vorurteilsfrei begegnen. "Du bist ein Rumäne. Rumänen klauen – mit denen spiele ich nicht!" Solche Aussagen von Kindern, die die Vorurteile ihrer eigenen Eltern widerspiegeln sind nicht selten, weiß Gerts.

Was müssen wir als Erstes tun?

Zunächst sollte man ein Beratungsgespräch mit dem zuständigen Jugendamt führen. "Man darf sich dabei nicht am Telefon abspeisen lassen, die Jugendämter haben die Aufgabe zu beraten", so Gerts. Wenn möglich, sollte man sich möglichst kurzfristig einen persönlichen Beratungstermin geben lassen, sich nicht auf Monate hinaus vertrösten lassen. Bei großen, oft überlasteten Jugendämtern muss man dennoch oft ein wenig mehr Geduld mitbringen.

Manche Jugendämter können den Interessenten auch Paare nennen, die bereits ein Kind adoptiert haben, und mit dem man sich austauschen kann. Die Beratung ist aber auch wichtig, um die zahlreichen Fragen zu klären, die eine Auslandsadoption mit sich bringt:

  • Ein Kind adoptieren: Kosten und Gebühren?
  • Ich möchte ein Waisenkind adopieren. Was muss ich tun?
  • "Wie ist es mit der Rechtsstellung meines Kindes?
  • Wie wird es zweifelsfrei ein deutsches Kind?
  • Ist eine Nachadoption erforderlich?
  • Welche psychologische und sozialpädiatrische Begleitung brauchen Kind, Geschwister und Eltern im Prozess des Zusammenwachsens?
  • Wie kommen wir über Krisen hinweg?", so Pastor Gerts.

Auf keinen Fall sollte man auf "schnelle und unbürokratische Hilfe" privater Vermittler (wie Ärzte, Pfarrer oder Anwälte) hier oder im Ausland zurückgreifen, oder gar auf eigene Faust handeln, um an sein Wunschkind zu kommen. Immer und in jedem Fall sollten die offiziellen und bekannten Vermittlungsstellen das (Adoptions-)Mittel der Wahl sein.

Ist die Auslandsadoption in Angriff genommen, kann man während der oft langen Wartezeit – ein Jahr ist keine Seltenheit - auch übers Internet Informationen sammeln und sich mit anderen wartenden Eltern austauschen.

Offene oder anonyme Adoption?

Viele Eltern können sich durchaus vorstellen, mit der Herkunftsfamilie ihres adoptierten Kindes weiteren Kontakt zu pflegen. Und in manchen Fällen ist dies sicher auch vorteilhaft für Eltern und Kind. "Eine offene Adoption birgt aber auch Risiken", wie Pastor Gerts weiß. "Man ist bisweilen gezwungen, ungebetenen Besuch der leiblichen Angehörigen zu dulden, ihren Bittstellereien ausgesetzt zu sein, sich in die Erziehung hineinreden zu lassen." Auch muss man im Falle der offenen Adoption der Herkunftsfamilie deutliche Grenzen setzen, die diese akzeptieren und einhalten muss. Der erfahrene Adoptivvater warnt: "Man muss gut überlegen, wieviel Offenheit man möchte. Was einmal hergestellt wurde, lässt sich nicht wieder umkehren." Auch in dieser Frage ist ein Gespräch mit den Beratern des Jugendamts sicher ratsam.

Rechtliche Bestimmungen

Ob das Kind nun aus dem In- oder dem Ausland stammt, die rechtlichen Voraussetzungen für die Eltern sind dieselben: Jedes Ehepaar, bei dem ein Ehegatte das 25. Lebensjahr und der andere Ehegatte das 21. Lebensjahr vollendet hat, kann sich um die Aufnahme eines Adoptivkindes bewerben. Unverheiratete können ein Kind auch allein annehmen, sofern sie das 25. Lebensjahr vollendet haben. Im Falle einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft kann nur einer der Partner das Kind adoptieren, eine gemeinsame Adoption ist nicht möglich.

Wer sich nun um ein Adoptivkind bewerben möchte, muss oft beim Jugendamt zunächst einen Fragebogen für Adoptiveltern anfordern und diesen dort ausgefüllt mit einigen Unterlagen wieder einreichen. Im persönlichen Gespräch wird dann die Eignung als Adoptiveltern geprüft. Im Unterschied zur Adoption eines deutschen Kindes muss das Paar die Kosten von bis zu 1.200 Euro für diese Eignungsprüfung selbst tragen.

Danach können die Adoptivbewerber sich mit den anerkannten Auslandsvermittlungsstellen in Verbindung setzen. Bei den einzelnen Stellen gibt es große Unterschiede bezüglich Auswahlverfahren und Gebühren. Die Vermittlung eines Kindes erfolgt dann über die Auslandsvermittlungsstelle in Zusammenarbeit mit dem örtlichen Jugendamt. Die Adoption wird zunächst nach den Gesetzen des Herkunftslandes durchgeführt. Das Adoptionsrecht ist von Land zu Land sehr unterschiedlich. Ist das Kind in Deutschland, ist eine erneute Adoption nach deutschem Recht ratsam, um den Status des Kindes rechtlich einwandfrei abzusichern. Grundvoraussetzung für das Adoptionsverfahren ist die notarielle Einwilligung der leiblichen Eltern, die frühestens acht Wochen nach der Geburt gegeben werden kann. Diese Form- und Fristerfordernis nach deutschem Recht muss bereits bei der Adoption im Herkunftsland berücksichtigt werden. Das weitere Vorgehen entspricht demjenigen bei der Adoption eines deutschen Kindes .

Die Haager Konvention – mehr Schutz für Kinder

Manche Eltern sehnen sich so sehr nach ihrem Wunschkind, das sie an den seriösen Vermittlungsstellen vorbei ein Kind aus dem Ausland adoptieren. Zweifel, ob die Freigabe zur Adoption wirklich mit rechten Dingen zuging, werden verdrängt, man gibt sich mit Halbwahrheiten zufrieden, glaubt, das Kapitel Vergangenheit ganz aus dem Leben des Kindes streichen zu können. Doch auch wenn der Kinderwunsch noch so sehnlich ist: Das Wohl des Kindes ist wichtiger, als der Wunsch der Eltern nach einer raschen Adoption und einem makellosen Kind. Deshalb soll auch auf internationaler Ebene zukünftig noch mehr zum Schutz der zu adoptierenden Kinder getan werden.

Die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen gesteht jedem Kind das Recht auf seine Herkunftsfamilie und das Recht auf kulturelle Identität zu. 1993 verabschiedete die Haager Konferenz für internationales Privatrecht das "Übereinkommen über die Zusammenarbeit und den Schutz von Kindern auf dem Gebiet der grenzüberschreitenden Adoption". Diese Haager Konvention setzt das Wohl des Kindes an die erste Stelle und legt fest, dass Auslandsadoptionen nur dann stattfinden können, wenn die Rechte der Kinder gewahrt werden. So wird eine Auslandsadoption nur dann möglich, wenn im Herkunftsland keine andere Möglichkeit besteht. Vermitteln dürfen nur anerkannte Stellen, auf keinen Fall darf irgendeine Seite einen finanziellen Vorteil durch die Vermittlung erlangen.

Welche Organisationen vermitteln ausländische Kinder?