Traditionelle chinesische Medizin

Wie TCM helfen kann, schwanger zu werden

Wenn sich der Wunsch schwanger zu werden einfach nicht erfüllt, beginnt für viele Frauen eine mühsame Zeit. Viele suchen Hilfe bei der Schulmedizin. Doch auch die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) bietet bei Fruchtbarkeitsproblemen gute Therapiemöglichkeiten.

Autor: Nicole Borrasch

Chinesische und westliche Medizin im Einklang - beste Chancen für ein Baby

Frau Akupunktur
Foto: © panthermedia.net/ Tyler Olson

Mit einem Erfahrungsschatz von über 4000 Jahren stellt die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) eine ausgereifte Heilmethode dar, die auf eine ganzheitliche Behandlung des Menschen setzt. 

Gesundheit ist nach der Vorstellung der fernöstlichen Medizin kurz gesagt der freie Fluss der Lebensenergie (Qi) im Körper. Ist dieser Fluss zu stark, zu schwach oder blockiert, treten körperliche Beschwerden oder Krankheiten auf. (Mehr Allgemeines zum Thema lesen Sie in unserem Artikel Traditionelle Chinesische Medizin)

Die Fruchtbarkeit des Menschen ist nach der TCM von einem harmonischen Zusammenspiel der Körpersubstanzen, dem Organsystem und dem emotionalen Wohlbefinden abhängig. Nur wenn sich ein Körper in Harmonie befindet, kann neues Leben entstehen. Um diese Grundvoraussetzung zu erreichen, setzt die fernöstliche Medizin Akupunktur, Heilkräutertherapie und Moxibution (Erwärmung spezieller Körperpunkte) ein. Und das nachweislich so erfolgreich, dass immer mehr westliche Reproduktionskliniken und  Frauenarztpraxen TCM mit anbieten. „Die Westliche und fernöstliche Medizin ergänzen sich hervorragend“, meint Frau Dr. Schweizer-Arau, Fachärztin für Psychotherapeutische Medizin, die sich seit über 20 Jahren mit dem Thema TCM und Kinderwunsch beschäftigt. „Nimmt man einen Computer als Beispiel, so kümmert sich die Schulmedizin um die Hardware, die chinesische Medizin hingegen hat die Software, die Gefühlsebene des Menschen, im Fokus. Berücksichtigt man beides, so kann man den Menschen als Ganzes wahrnehmen und ihn auf allen Ebenen behandeln. “, so Schweizer-Arau, die nicht nur in ihrer eigenen Praxis Patienten mit Kinderwunsch behandelt, sondern auch mit verschiedenen Kinderwunschzentren in München und Augsburg  zusammenarbeitet.

Denkt man an die Patientinnen, die schon seit Jahren erfolglos versuchen, ein Kind zu bekommen, und deren Gedanken sich beinahe zwanghaft nur noch ums Kinderkriegen drehen, leuchtet es ein, dass auch hier die Gefühlsebene mit in die Therapie einbezogen werden muss. Denn Stress, Druck und emotionale Belastung wirken sich auch körperlich aus und können einer erwünschten Schwangerschaft im Wege stehen. Auch hier setzt die TCM-Therapie an. Sie behandelt die körperlichen Disharmonien und die des Geistes. „Nicht selten kommen Patientinnen zu mir, die nach erfolglosen künstlichen Befruchtungen seelisch völlig am Boden sind. Mit Hilfe der TCM konnte ich vielen von ihnen helfen und in sehr vielen Fällen findet danach tatsächlich eine erfolgreiche Schwangerschaft statt. Allerdings darf man nicht erwarten, dass das in ein bis zwei Monaten geschieht. Der Körper und die Seele brauchen Zeit, bis sie wieder kraftvoll und im Einklang sind.“

Ursachen für Unfruchtbarkeit aus Sicht der TCM 

Für die fernöstliche Medizin gibt es verschiedene Gründe und „Krankheitsbilder“, die die Harmonie von Körper und Geist und somit eine Schwangerschaft verhindern. Grob zusammengefasst geht es dabei um Energie- und Substanzmangel, um Blockaden, Wärme- und Kälteprobleme sowie um emotionale Belastungen. „Heutzutage sind die Frauen meist schon über 30, haben sich beruflich verwirklicht und wünschen sich dann ein Baby. Doch der Stress des Lebens, emotionale Belastungen, aber auch gynäkologische Befunde haben dem Körper viel Substanz und Energie geraubt. Substanz und Energie, die für die Entstehung eines neuen Lebens notwendig sind.

Auch die Temperatursituation im Körper, speziell in der Gebärmutter, spielt oft eine große Rolle, wenn einfach keine Schwangerschaft eintritt“, berichtet TCM-Expertin Dr. Mirka Renate Lanius, die seit vielen Jahren in ihrer Kölner Praxis Patientinnen mit unerfülltem Kinderwunsch behandelt. Auch wenn es seltsam klingt, so leuchtet doch ein, dass kein Baby gerne in einer zu kalten Gebärmutter heranwachsen möchte. Und genau solche Zustände erkennt und behandelt die TCM. Hinter jedem medizinischen Krankheitsbild deutet die fernöstliche Medizin die jeweilige Ursache und gleicht, je nachdem was der Körper braucht, zum Beispiel Energie-, Wärme-, Substanz- oder einen anderen Mangel aus.

„Das ist auch eine der Erklärungen, wie die Traditionelle Chinesische Medizin überhaupt wirkt.“, erklärt Dr. Lanius. „Sie fügt dem Körper durch Kräuter Substanz zu, wirkt harmonisierend und sieht nicht nur ein Symptom, sondern den ganzen Menschen in seiner Lebenssituation.“ Ein TCM-Therapeut interessiert sich nicht nur für die Hormonlage und die Gebärmutter, sondern findet es genauso wichtig, ob der Patient kalte oder warme Füße hat. Ein Bild von allem, ein ausführliches Gespräch und die Aufnahme von allen Symptomen und medizinischen Krankheitsbildern führt zur passenden TCM-Behandlung. „Neben Akkupunktur und Kräutertherapie findet manchmal auch eine Beratung der gesamten Lebensführung statt. Wenn jemand nur im Stress von Termin zu Termin hetzt, sich schlecht ernährt und am Tag keine warme Mahlzeit zu sich nimmt, muss auch das hinterfragt werden. Denn woher soll ein solcher Körper die Energie und Substanz haben, ein neues Leben entstehen zu lassen?“, gibt die TCM-Expertin zu bedenken.

Wirkung von TCM auf die Fruchtbarkeit

Die Traditionelle Chinesische Medizin kann keine Wunder bewirken. Befunde wie schwerwiegende Defekte der Fortpflanzungsorgane, verschlossene Eileiter oder nicht vorhandene sowie genetisch veränderte Spermien des Mannes kann die TCM nicht beheben. Je mehr organische Probleme medizinisch diagnostiziert werden, umso schwieriger ist es für jede Art der Therapie. Doch vielen Paaren mit bislang unerfülltem Kinderwunsch kann die TCM helfen – als Alternative oder begleitend zur Schulmedizin.

So kann die fernöstliche Heilkunst manchen Paaren ermöglichen, doch noch eine Schwangerschaft auf natürlichem Wege zu erreichen. Anderen hilft TCM begleitend bei einer IVF- (In Vitro Fertilisation, bei der Ei- und Samenzelle außerhalb des Körpers zusammengebracht werden) oder ISCI-Behandlung (Intrazytoplasmatische Spermieninjektion) und führt in der Reproduktionsmedizin nachweislich zu einer höheren Schwangerschaftsrate. Dr. Mirka Renate Lanius setzt die TCM seit vielen Jahren erfolgreich ein: „Dank der TCM-Behandlung, als alleinige Therapie oder begleitend zu einer Reproduktionsmedizin, konnte ich vielen Langzeit-Kinderlosen zu einer erfolgreichen Schwangerschaft verhelfen. Die Tendenz ist steigend, seitdem ich noch mehr Wert auf eine intensive Gesprächsführung mit meinen Patientinnen lege. Das zeigt sicher den hohen emotionalen Anteil eines unerfüllten Kinderwunsches", so die Kölner Ärztin.

Wirksamkeit von Akupunktur in zahlreichen Studie belegt

Viele Untersuchungen und Studien belegen vor allem auch den Erfolg der Akupunktur. So fasst der Artikel „Akupunktur bei Unfruchtbarkeit: Ist es eine effektive Therapie?" des Chinese Journal of Integrative Medicine viele Studien der letzten Jahre zusammen und kommt zu einem klaren Ergebnis: Akupunktur hat eine positive Wirkung auf das zentrale und periphere Nervensystem, auf die Durchblutung der Eierstöcke sowie auf den Stoffwechsel und kann somit auch den Eisprung beeinflussen. Ebenso optimiert Akupunktur die Ergebnisse einer IVF durch bessere Durchblutung der Gebärmutter, hemmende Wirkung auf die Gebärmutterbewegungen und durch ihren positiven Einfluss auf das seelische Wohlbefinden. Auch die männliche Fruchtbarkeit wird laut dieser Studienzusammenfassung mit Hilfe der Akupunktur angeregt. Diverse Studien zeigen, dass die TCM in der Lage ist, folgende, für eine Schwangerschaft wichtige Grundvoraussetzungen herbeizuführen:

  • Normalisierung des Menstruationszyklus
  • Förderung der Follikelreifung
  • positive Beeinflussung der Eizellenqualität
  • regelmäßiger Eisprung
  • Verbesserung der Gebärmutterschleimhautdurchblutung
  • Verbesserung der Spermienqualität, Erhöhung der Anzahl und Beweglichkeit
  • Förderung des Wohlbefindens, Senkung des Stresspegels, Harmonisierung des Geistes

Was kostet TCM und wer zahlt das?

Laut DÄGfA (Deutsche Ärztegesellschaft für Akupunktur) kostet eine Akupunkturbehandlung je nach Dauer und Aufwand etwa 30 bis 70 Euro pro Sitzung. Für Heilpraktiker gilt der gleiche Satz. Hinzu kommen die Kosten einer Erstanamnese, die bis zu 150 Euro betragen können und eventuell verschriebene Heilkräutermischungen, die monatlich bei 50 bis 100 Euro liegen. Da gesetzliche Krankenkassen die Kosten für Akupunktur nur bei chronischen Schmerzen der Lendenwirbelsäule und bei Kniegelenksarthrose übernehmen und auch nur, wenn sie von einem Arzt durchgeführt wird, müssen die meisten Patienten diese TCM-Therapie selbst zahlen. Privat- und Zusatzversicherungen mit entsprechendem Leistungsangebot übernehmen Akupunktur- und Arzneimittel-Rechnungen anteilig oder komplett. Es lohnt sich immer, individuell bei der eigenen Krankenkasse nachzufragen. Selbst manche Gesetzlichen übernehmen TCM-Behandlungen ganz oder teilweise, vorausgesetzt sie werden von einem Schulmediziner, der kassenärztlich abrechnet, durchgeführt.

Der qualifizierte TCM-Therapeut

Experten in Sachen TCM bei Kinderwunsch finden Patienten unter http://www.tcm-kinderwunsch.info. Therapeuten auf diese Liste haben eine Ausbildung im Bereich Chinesische Medizin in der Kinderwunschbehandlung erfolgreich absolviert und verfügen über langjährige Erfahrung in diesem Behandlungsgebiet. Auch auf der Internetseite www.tcm.edu werden Schulmediziner für TCM zusammengefasst.

Buchtipp:
Annemarie Schweizer-Arau: Hoffnung bei unerfülltem Kinderwunsch: Die Fruchtbarkeit ganzheitlich fördern mit chinesischer Medizin. Stadelmann Verlag, 2009.