Schwanger! Mein Zyklus und ich - Teil zwei
In ihrem Artikel "Mein Zyklus und ich" beschrieb unsere Autorin das monatliche Auf und Ab einer Frau mit Kinderwunsch und sprach damit vielen Paaren aus der Seele. In der Fortsetzung ihres Berichts erzählt sie, wie ihr der Ausstieg aus der Kinderwunsch-Warteschleife gelang - und sie schwanger wurde.
Als Martina Klausen* in ihrem Artikel "Mein Zyklus und ich" für urbia von ihrer monatlichen emotionalen Achterbahnfahrt zwischen aufkeimender Hoffnung und Enttäuschung berichtete, sprach sie damit sehr vielen Frauen mit Kinderwunsch aus der Seele. Nun hat sie eine Fortsetzung ihres Berichts geschrieben. Denn nach einem weiteren halben Jahr der Ungewissheit wurde sie - zu einem Zeitpunkt, als sie es gerade überhaupt nicht erwartete - plötzlich schwanger.
Der Kinderwunsch wird zur Belastung
Bei mir war es so, dass ich immer schwieriger aus dem Tief nach der einsetzenden Mens wieder herauskam, und irgendwann konnte ich mich selbst kaum noch davon überzeugen, dass es eines Tages klappen würde. Ich bezweifelte den Sinn meines Tuns. Wozu messen, wozu hoffen, wenn doch immer das gleiche herauskommt? Außerdem fühlte ich mich mittlerweile wie eingeschnürt in die deprimierenden Gedanken des Kinderwunsches; es gab kaum Dinge, die mich noch ablenken konnten. Mit Wehmut erinnerte ich mich an die Zeit vor dem Kinderwunsch, in der das Leben bunter schien. Aber ich konnte auch nicht aufhören, wie besessen an ein eigenes Kind zu denken. Nach wie vor war es mir unerträglich, im Beisein von Kindern oder Schwangeren ein unbefangenes Gespräch zu führen, ich dachte nur daran, dass ich vielleicht niemals Mutter sein würde und kämpfte gegen die Tränen an.
Langsam konzentrierte ich mich daher darauf, mich von dem übermächtigen Kinderwunsch zu befreien, es gibt da ja verschiedenste Möglichkeiten. Ich sprach mit Ärzten, Gleichgesinnten und outete mich im Bekanntenkreis, was mir ein wenig half. Mit dem Messen aufzuhören gelang mir nicht wirklich, weil ich die Signale meines Körpers nun schon zu gut kannte und dadurch sowieso wusste, wo ich mich befand. Außerdem war es zur Gewohnheit geworden. Mein Hausarzt war verständnisvoll, aber er machte mir klar, dass ich einer depressiven Verstimmung nahe sei und dringend vom ständigen Grübeln wegkommen müsse. Er stellte mir entsprechende Beruhigungsmittel aus, damit ich leichter wieder ins Gleichgewicht finden könnte. (Diese Entscheidung muss natürlich jeder selber treffen, und auch nur in guter Absprache mit dem Arzt!)
Neuigkeiten
Gleichzeitig ließen mein Mann und ich uns durchleuchten; die Blutwerte, der Zyklus, die Spermien. Es stellte sich heraus, dass ich eine Schilddrüsenunterfunktion habe und dass die entsprechenden Werte so schlecht waren, dass ich schon allein deswegen nicht hätte schwanger werden können. Es gibt das Schilddrüsenhormon in Pillenform und damit musste ich nun eingestellt werden, was ein paar Monate dauern würde. Dazu sah mein Gynäkologe Probleme beim Eisprung. Dieser würde sich zu sehr in die Länge ziehen, so dass keine Befruchtung stattfinden könne. Meinem Mann wurde das OAT Syndrom attestiert, soll heißen: zu wenig gute Spermien, um eine Befruchtung auf natürlichem Weg schaffen zu können. Insgesamt befanden die Spezialisten, wir sollten uns die Möglichkeit einer IVF überlegen, da die natürliche Zeugung sehr unwahrscheinlich sei.
Diese Neuigkeiten ließen einerseits unsere Befürchtungen wahr werden; andererseits hatten wir uns aber bereits vorsorglich mit dem Thema beschäftigt und konnten nun anfangen, aktiv über Entscheidungen zu sprechen. Wir hatten dadurch nicht mehr das Gefühl, ausgeliefert zu sein, denn nun gab es etwas zu tun! Stundenlang tauschten wir uns über das Für und Wider aus, lasen uns schlau und sprachen offen über unsere Hoffungen und Ängste.
Schließlich beschlossen wir, einen ersten Beratungstermin in einer Kinderwunschklinik zu vereinbaren, um danach weiterzusehen. Als weiteren Weg konnten wir uns inzwischen aber auch die Adoption vorstellen, auch dort meldeten wir uns zu einem Bewerberseminar an.
Ablenkungen
Man kann sich vielleicht vorstellen, wie uninteressant inzwischen der Zyklus für mich geworden war. Ich sah keine Möglichkeit mehr, dass es klappen würde, irgendwann vielleicht in veränderten Umständen, aber jetzt sicher nicht! Und es schmerzte nun auch weniger, wenn die Mens kam, denn wir akzeptierten inzwischen auch andere Möglichkeiten. Die drei Monate Wartezeit bis zum Kiwu-Termin würde ich noch zur Vollständigkeit der Unterlagen die Tempi messen, nicht für den Kinderwunsch, sondern für den Gynäkologen. In diesen drei Monaten passierte um mich herum einiges, das mich sehr in Beschlag nahm (Umzugshilfe geben, Familienfeier vorbereiten), und so wurde ich zwangsläufig so abgelenkt, wie ich es bewusst nie hätte steuern können. Zwar hatte ich bereits vorher versucht, eine andere Beschäftigung als Ersatz zu finden (Instrument lernen, Unternehmungen), aber dabei war mir eben bewusst, warum ich das tat. Also half es nicht wirklich zum Ablenken. Es war also auch viel Glück im Spiel, dass von außen so viel auf mich einstürmte und mich forderte. Zu guter Letzt stand ein entspannender Urlaub mit meinem Mann an. Wir hatten ihn gebucht, um völlig vom Alltag abschalten zu können. Das Messen geschah nur noch nebenbei und interessierte uns nur noch als Rechenübung, nicht mehr als Möglichkeit einer Schwangerschaft.
Und so testete ich zwei Tage vor dem Termin der Kinderwunschklinik völlig überraschend positiv, nachdem meine Temperatur am NMT (Nichtmenstag) nicht gesunken war. Natürlich hatte ich mich in den Tagen vorher anders gefühlt, aber das war in der Hibbelzeit auch immer schon so gewesen, darum hatte ich es ignoriert. Und nun das! Ganz von selber hatte es geklappt. Ich hätte nicht verblüffter sein können, wenn mich ein Außerirdischer kontaktiert hätte.
Wunderbar
Inzwischen bin ich über die kritischen ersten Wochen hinaus, es scheint also alles gut zu gehen. Immer wieder versuchen wir zu ergründen, aus welchen Details sich unser persönliches Wunder zusammensetzt. War es, weil inzwischen die Schilddrüsenhormone den normalen Eisprung möglich gemacht hatten? War es, weil ich endlich mit anderen Gedanken beschäftigt war? Der Urlaub? Das Warten auf die Behandung? Einfach Zufall? Ich wünschte, ich könnte sagen: Macht dies oder jenes, dann klappt es. Aber leider ist es nicht so einfach.
Bei mir war es wie bei einer Tür mit Bewegungsmelder: Sie ging erst auf, als ich ein paar Schritte zurücktrat. Es ist ein Geschenk, das mir gegeben wurde. Die schmerzhaften Gefühle der Kinderwunschzeit werde ich nie vergessen, es war manchmal kaum auszuhalten. Als Trost kann ich nur sagen, dass nach der Überwindung dieser Gefühle wirklich alles schnell vergessen ist. Genau so, wie nach der Geburt die Wehen kaum noch wichtig sind. Und sie waren notwendig, wie vielleicht auch die Kinderwunschzeit. Die Freude und Erleichterung werden bewusster wahrgenommen.
Natürlich ist mein Weg nicht übertragbar, jede Frau, jedes Paar muss seinen eigenen Weg finden. Dennoch wünsche ich allen Noch-Kinderwünschlern viel Kraft und Mut für den weiteren Weg! Gebt nicht auf und passt gut auf Euch auf.
*Name von der Redaktion geändert