Honigmond über Drachenbooten
Im Ausland zu heiraten erfreut sich großer Beliebtheit. Autorin Gabriele Möller ließ sich von einem italienischen Pfarrer auf Hongkong Island trauen.
Kirchliche Hochzeit in Hongkong
Es ist ein schwüler Tag in Hongkong. Father Colombo stehen die Schweißperlen auf der Stirn. Er stützt die Ellenbogen auf seinen alten Schreibtisch und hält uns einen gutmütigen Vortrag über die Pflichten zweier Eheleute. Das, womit er uns auf Englisch überschüttet, ohne auch nur ein einziges Mal Luft zu holen, gleicht eher den Stakkatosalven eines Maschinengewehrs.
Father Colombo ist nämlich Italiener, und kann auch nach 30 Jahren Hongkong das eilige Temperament seiner Muttersprache nicht verleugnen. Aber wir sind sowieso viel zu aufgeregt, um andächtig zu lauschen. Schließlich wollen wir morgen heiraten. Und zwar in Hongkong, einer der quirligsten und schönsten Städte der Welt.
Formalitäten, Formalitäten, Formalitäten
Ortswechsel: Deutschland wenige Monate vorher. Es ist noch Winter, die Wolken hängen tief. Bis Mai und bis zu unserem Hochzeitstermin ist zwar noch viel Zeit, aber wenn das Wetter an dem großen Tag dann auch so ist? Wir seufzen. Man müßte unter der Sonne heiraten, irgendwo, wo man sowieso schon immer mal hin wollte.
Warum eigentlich nicht? Jetzt geht alles schnell. Die tourist information und das deutsche Konsulat in Hongkong werden angeschrieben, bitte Infos schicken, und bitte ganz schnell. Als die Post kommt, erstmal lange Gesichter: Die Formalitäten für eine standesamtliche Hochzeit sind ganz schön umfangreich. Aber: Es gibt - völlig unerwartet - zahlreiche Kirchen in Hongkong. Dort leben allein fast 500 000 Katholiken. Und die Vorstellung schluchzender Großtanten in der ersten Bank bei unserer kirchlichen Hochzeit hat uns sowieso nie recht behagt.
Wir entscheiden uns schnell. Die Verwandtschaft wird auf ein tolles Fest zur standesamtlichen Hochzeit vertröstet, die in Deutschland stattfinden soll. Für die kirchliche Trauung wählen wir eine Gemeinde irgendwo auf Hongkong Island aus, und verabreden uns schriftlich mit Father Colombo. Er will sich mit uns zu einem Vorgespräch treffen, sobald wir ankommen.
Gespräch mit Father Colombo auf Hongkong Island
Drei Monate später: Wir sind endlich in Hongkong und spazieren an der Kirche vorbei, die morgen schon unsere Trau-Kirche sein wird. Sieht ganz nett aus, ziemlich modern, aber nicht unfreundlich, blaue Mosaike an der Außenseite. Sehr akzeptabel, besonders wenn man bedenkt, dass sich in Hongkong viele Kirchen nur auf einer einzigen Etage eines Hochhauses befinden.
Nachmittags treffen wir Father Colombo, den nach Jahrzehnten in Hongkong nichts mehr aus der Ruhe bringen kann, auch keine verrückten Deutschen, die ganz allein in seiner kleinen Kirche heiraten wollen. Normalerweise, so erzählt er, gehören zu seiner Gemeinde fast nur philippinische Geschäftsleute und Gastarbeiterinnen, die in Hongkong leben. Sie stellen das Gros der Katholiken in dieser Millionenstadt am südchinesischen Meer. Er selbst ist hier gelandet, weil er immer die Welt sehen und trotzdem Priester werden wollte. Und dann ist er einfach geblieben. Weil ihn diese hektische und schöne Stadt nicht mehr losgelassen hat.
Unbekannte als Trauzeugin zwangsverpflichtet
Hochzeitsmorgen: Das Sektfrühstück zu zweit ist vorbei, leichte Hektik bricht aus. Das elfenbeinfarbene Kostüm (Kleid hätte nicht mehr in den Koffer gepaßt) ist vom Hotelservice frisch gebügelt, so dass man ihm die lange Flugreise nicht mehr ansieht, und im Blumengeschäft wird noch schnell der Hochzeitsstrauß abgeholt. Jetzt zu Fuß zur Kirche geeilt, sie ist nur einen Block weit entfernt. Leider weit genug, um an einem heißen Tag in Hongkong und in unbequemen Stöckelschuhen ins Schwitzen zu geraten.
Das Makeup hält sich zwar noch tapfer, aber die frisch gefönte Frisur droht würdelos in sich zusammenzufallen, und Nylonstrümpfe haben sich auf der Haut auch schon mal angenehmer angefühlt. In der Kirche ist es dann erträglich. Wir schielen im Halbdunkel nach den Trauzeugen. Einen Hongkonger Geschäftsmann haben wir schon, aber wo ist die weibliche Trauzeugin?
Father Colombo eilt entschlossen auf eine der Kirchenbänke zu, und schon ist ein junges philippinisches Hausmädchen zwangsverpflichtet, das in der Mittagspause eigentlich nur schnell eine Kerze anzünden wollte. Vielleicht um das Heimweh nach der weit entfernten Familie ein bißchen zu lindern. Sie lächelt überrascht und schüchtern, macht aber sofort mit.
Kurze, aber innige Zeremonie
Father Colombo setzt sein würdiges Gesicht auf und traut uns - die Zeremonie ist auf unseren Wunsch kurz. Aber innig. Damit wir beim englischen Text nicht ins Stottern kommen, hat er uns vorher zwei Blätter in die Hand gedrückt. So können wir unseren - erstaunlich umfangreichen - Text ablesen. Wir versprechen und geloben allerhand und werden schließlich offiziell zu Mann und Frau erklärt.
Segen der Buddha-Figuren
Wir bedanken uns bei allen Beteiligten mit Geschenken und mit einer Spende für die Gemeindekasse. Es gibt noch ein paar Fotos (leider vergißt die frischgebackene Braut vor Aufregung auf "Autofocus" zu stellen, so daß nur verschwommene Erinnerungen auf Zelluloid gebannt werden...) und der aufregende Teil des Tages ist vorbei.
Wir fühlen uns plötzlich viel entspannter und vor allem sehr unternehmungslustig. Kurzentschlossen setzen wir nachmittags mit dem Fährboot nach Kowloon (dem Festlandteil Hongkongs) über und besuchen einen buddhistischen Tempel. Es kann schließlich nicht schaden, sich auch den Segen der gutgelaunten, dickbäuchigen Buddha-Figuren zu holen. Uwe, mein frisch Angetrauter, streichelt verstohlen den Bauch eines Buddhas, der für den Geldsegen zuständig ist - und sieht daher nicht, daß ich ganz beiläufig die Statue berühre, die den Kindersegen bringen soll (und dies auch zuverlässig tat...)
Das Hochzeitsessen findet am Abend als romantisches Dinner for two in unserem Hotelzimmer statt:Meeresfrüchte und Schampus im 15. Stock, mit atemberaubendem Blick auf die Skyline des gegenüberliegenden Kowloon und den nächtlichen Hafen vor Hongkong Island. Wo unzählige Frachtschiffe mit bunten Positionslampen gleich neben den archaischen Drachenbooten kreuzen, und in der Ferne kleine Inseln dem Blick in die hereinbrechende Nacht entgleiten.
Im Ausland heiraten
Wer im Ausland heiraten möchte, kann dies auf eigene Faust tun, muss dabei allerdings manchmal den Kampf mit dem Papiertiger der Bürokratie aufnehmen. Einfacher ist es, die Hochzeits-Arrangements mancher Pauschalreisen-Anbieter zu nutzen, die jedoch nur eine begrenzte Auswahl an Fernzielen anbieten. Beliebt sind hierbei die Staaten der Karibik, Sri Lanka und andere asiatische Ziele sowie Mauritius und Mallorca.