Liebesleben

Studie: Einmal Sex die Woche ist perfekt

Was denkt ihr: Wie viel Sex macht Paare glücklich? Einmal in der Woche – antworteten 30.000 Männer und Frauen in einer kanadischen Studie. Ein überraschendes Ergebnis.

Autor: Heike Byn

Sex: Wann die Zufriedenheit am höchsten ist

Einmal Sex in der Woche
Foto: © colourbox

Mit ihrer Befragung für eine Studie über das Sexleben von Paaren wollten die Psychologin Amy Muise und ihre Kollegen von der University in Toronto unter anderem herausfinden, ob häufiger Sex tatsächlich glücklich macht. Auf jeden Fall! – suggerieren uns hierzulande zumindest Lifestyle-Magazine und „die herrschende Meinung", was immer auch darunter auch zu verstehen ist. Das verunsichert viele Paare mit „nur" gelegentlichem Sex und lässt sie an der Qualität ihrer Partnerschaft und den eigenen Bedürfnissen zweifeln. Zu Unrecht, ergab die Befragung. Denn sinkt die Sex-Frequenz, sinkt auch die Zufriedenheit; schlafen Paare öfter miteinander, steigt sie aber keinesfalls weiter an. Das Fazit der Forscher lautet also: Mehr Sex ist nicht gleich mehr Zufriedenheit.

Paare: Sex ist wichtiger als Geld

Für ihre Studie, deren Ergebnisse die Forscher im Winter 2015 im Fachmagazin „Social Psychological and Personality Science" veröffentlichten, hatten sie drei Interview-Reihen ausgewertet und dazu Singles und Paare zu ihrer allgemeinen Zufriedenheit, ihrer Zufriedenheit in der Beziehung sowie ihrem Sexleben befragt. Dabei fragten die Psychologen Probanden in einer festen Partnerschaft zusätzlich noch nach der Zufriedenheit mit ihrem monatlichen Einkommen. Hier zeigte sich: Seltener Sex macht Menschen unzufriedener als ein geringes Einkommen. Zudem fragten die Forscher auch verheiratete Paare dazu, wie zufrieden sie mit ihrem Leben und ihrer Beziehung sind und wie häufig sie miteinander schlafen. Auch hier stieg die Zufriedenheit mit der sexuellen Aktivität, aber nur bis zur wöchentlichen Frequenz. Doch taugt das Ergebnis der Studie nun als Faustregel für Paare, die sich unsicher fühlen? Bestimmt nicht: Schließlich entscheidet jedes Paar für sich, wie oft es Sex haben will – und welche Frequenz zu seinem individuellen Leben passt. Und wenn es nur einmal im Monat ist und das Paar ist glücklich dabei, na und?

Sex-Studie: Wahrheit oder Lüge?

Auch die Forscher wissen nicht, inwieweit Realität und Wunschvorstellung beim intimen Thema Sex auseinanderdriften. Selbst überzeugte Anhänger von Studien und Statistiken wissen: Zahlen sind hier mit Vorsicht zu genießen, weil bei Sexumfragen notorisch geschwindelt wird. Deshalb stellten auch die kanadischen Forscher durchaus Mutmaßungen über die Zusammenhänge bei den Antworten an: Gaben die meisten Paare wöchentlichen Sex an, weil das tatsächlich der Durchschnitt ist und häufiger Sex nicht glücklicher macht? Oder fühlen sich die Paare deshalb zufrieden, weil sie meinen, dass sie so oft Sex haben, wie der Durchschnitt der anderen Paare in ihrem Alter?

Sex in der Beziehung verändert sich

Wo die eine Studie zu einem bestimmten Ergebnis kommt, ist die andere nicht weit, die das Gegenteil belegt: So hat eine Umfrage von Männern zwischen 18 und 65 Jahren des Statistik-Portals statista aus dem Jahr 2014 ergeben, dass sich 58 Prozent der Befragten auch eine langfristige Beziehung vorstellen können, wenn sie dabei nicht so oft und nicht so viel Spaß im Bett haben. Das bestätigen auch andere Erhebungen, wie der umfangreiche Report über Partnerschaft und Sexualität in drei Generationen des Teams rund um den Hamburger Sexualwissenschaftler Gunter Schmidt. Eine seiner Kernaussagen: Je länger die Liebe andauert, desto seltener der Sex. Am deutlichsten nimmt demnach die Häufigkeit nach drei bis fünf Jahren Beziehung ab. Überzeugte Singles werden sich jetzt in ihrer Meinung bestätigt sehen, eine langfristige Bindung sei gleichbedeutend mit einem langweiligen Sexleben. Tatsächlich aber zeigt es sich, dass Sex in den verschiedenen Stadien einer Beziehung unterschiedliche Bedeutungen hat: Anfangs stiftet Sex Nähe und Zusammengehörigkeit zwischen zwei Menschen. Im Lauf der Zeit kommen neue Bindungsfaktoren hinzu, wie gemeinsamer Besitz, Freundeskreis oder  Kinder. Sex ist dann gewöhnlich nicht mehr so wichtig für den Zusammenhalt.

Sex wird überschätzt – sagen Langzeitpaare

Also ist das überhaupt kein schlechtes Zeichen, wenn nach vier Jahren Partnerschaft im Bett nur noch wenig läuft? Ja und Nein: Einerseits ist für Wissenschaftler der Zusammenhang von selten gewordenen Liebesnächten und weniger Lust auf den Quickie zwischendurch in längeren Partnerschaften eher ein Hinweis darauf, dass sich beide Partner sicher und geborgen fühlen und deshalb keine ständigen Liebesbeweise mehr nötig sind. Sparsamer Sex kann also für eine feste Bindung und wenig Verlustangst sprechen. Wer ständig mit dem langjährigen Partner Sex haben will, mahnen Wissenschaftler wie die Psychotherapeutin Kirsten von Sydow von der Universität Hamburg, ist sich seiner Sache vielleicht nicht so sicher, und muss sich immer wieder vergewissern, dass die Beziehung noch hält.

Andererseits kann wenig – oder gar kein – Sex aber auch ein Indiz dafür sein, dass etwas in der Beziehung nicht stimmt und die Partner deshalb keine Lust (mehr) auf einander haben. Dann ist die Unzufriedenheit mit der Situation entscheidend dafür, ob die Paare etwas gegen die Flaute im Bett unternehmen – oder eben nicht. Gabrielle Stöcker, Beraterin und Frauenärztin bei „pro familia" weiß aus der Arbeit mit Paaren: „Sie kommen dann in die Beratung, wenn sie Sorge haben, dass ihre Beziehung daran zerbricht." Phasen der sexuellen Unlust sind gerade in langjährigen Beziehungen gar nicht so selten, werden aber längst nicht immer zum Problem, so Stöcker.