Kündigung kippt Kinderwunsch
Eine neue Studie zeigt, dass Frauen, die ihren Arbeitsplatz verlieren, häufig auch ihren Kinderwunsch verschieben oder sogar ganz aufgeben. Besonders oft sind davon Frauen mit guten Karrierechancen betroffen.
Gut ausgebildete Frauen tendieren nach einer Kündigung dazu, ihren Kinderwunsch nicht zu realisieren. Zu diesem klaren Ergebnis kommt eine groß angelegte und vom Wissenschaftsfonds FWF unterstützte Studie an der Universität Linz. Dieser zufolge beeinflussen Überlegungen zur Karriereentwicklung nach einer Kündigung Frauen nachhaltig in ihrer Lebensplanung. Darüber hinaus weist die Studie auf weitere sozio-ökonomische Zusammenhänge hin, die mitunter langfristig die Geburtenzahlen beeinflussen. Dass Kündigungen einen Einfluss auf das Einkommen der Betroffenen haben können, ist naheliegend, dass sie mitunter eine ganze Lebensplanung ins Wanken bringen, schon weniger. Prof. Rudolf Winter-Ebmer vom Institut für Volkswirtschaftslehre der Universität Linz zeigt gemeinsam mit seinen KollegInnen jedoch genau das. Denn Kündigungen veranlassen vor allem gut ausgebildete Frauen dazu, sich gegen Kinder zu entscheiden.
Risikofaktoren: Bildung und Gehaltsanstieg
Im Detail zeigt die vorliegende Studie für Österreich einen signifikanten Einfluss von Arbeitsplatzverlust auf die Geburtenzahl. Diese geht, je nach verwendeter statistischer Analysemethode, um fünf bis zehn Prozent zurück - und das langfristig. Dazu Prof. Winter-Ebmer: "Wir konnten diesen Effekt sogar noch neun Jahre nach der Kündigung nachweisen und können auch Risikogruppen identifizieren. Frauengruppen also, die besonders stark dazu neigen nach einer Kündigung vorerst keine Kinder zu bekommen. Dazu zählen unter anderem gut ausgebildete und zum Zeitpunkt der Kündigung noch kinderlose Frauen."
Eine weitere in diesem Zusammenhang besonders auffällige Gruppe umfasst gekündigte Frauen, die bei ihrem letzten Arbeitgeber besonders hohe Gehaltszuwächse erzielen konnten. In dieser Gruppe gab es, verglichen mit beschäftigten Frauen, um etwa 25 Prozent weniger Geburten - und das über einen Zeitraum von sechs Jahren. Somit scheinen vor allem Frauen, deren Karrieren sich erfolgreich entwickelt haben, von Kündigungen massiv in ihrer Lebensplanung beeinflusst zu werden. "Man könnte meinen, dass Frauen aufgrund des Schocks über den Arbeitsplatzverlust ihren Kinderwunsch aufschieben. Jedoch zeigt sich, dass in vielen Fällen aufgeschoben auch aufgehoben ist. Tatsächlich scheint die Fertilität insgesamt zurückzugehen", ergänzt Prof. Winter-Ebmer.
Geburten, Gehalt, Gesellschaft
In die statistischen Berechnungen gingen Informationen mehrerer Hunderttausend Frauen ein, die in den 1990er Jahren einer unselbstständigen Beschäftigung nachgingen und von denen mehrere Tausend ihren Job aufgrund eines Firmenkonkurses verloren haben. Diese Daten wurden vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger zur Verfügung gestellt. Mithilfe der sogenannten Matching-Methode haben die WissenschafterInnen "statistische Zwillinge" gebildet. Diese Zwillingspaare glichen sich in allen beobachtbaren Faktoren. Der einzige Unterschied: Ein Zwilling war von einem Konkurs betroffen, der andere nicht. Mit der statistischen Auswertung dieser umfassenden Daten konnte nun erstmals ein Zusammenhang zwischen Kündigungen und Geburtenrückgängen über lange Zeiträume hinweg gezeigt werden. Prof. Winter-Ebmer ergänzt: "Ein unerwarteter Arbeitsplatzverlust kann nicht nur langfristige Einkommensverluste und längere Arbeitslosigkeitsepisoden nach sich ziehen, er kann auch die Lebensplanung verändern: Die Geburtenzahl wird insbesondere bei karriereorientierten Frauen langfristig zurückgehen. Atypische Beschäftigungsformen und Zeitverträge sind in diesem Zusammenhang als problematisch anzusehen, weil sich Frauen so nicht auf einen stabilen Karrierepfad in einer Firma einstellen können."
Details zur Studie "Clash of Career and Family: Fertility Decisions after Job Displacement" finden Sie hier.
Quelle: Der Wissenschaftsfonds FWF