Ein Hochbett für das Kinderzimmer?
Ein Hochbett ist praktisch und übt auf Kinder eine große Faszination aus. Was Eltern aber vor der Anschaffung beachten sollten, welches Alter der Kinder angemessen ist und was ein sicheres Model kostet, erfährst du in diesem Artikel.
Hochbett: Spaßgarantie oder Risikofaktor?
Conni hat ein Hochbett bekommen, sogar eins mit Rutsche! Doch die ist ihr viel zu langsam. Während also Mama am Elternabend teilnimmt und Papa fernsieht, präpariert Conni die Rutsche mit Wasser und Seife. Und prompt passiert das Unglück: Sie rutscht in einem Affenzahn gegen den Kleiderschrank und bricht sich ein Bein! Anschaulich zeigt Kinderbuchautorin Liane Schneider in ihrer Geschichte „Conni im Krankenhaus“ aus der beliebten Conni-Reihe (Carlsen Verlag), dass ein Hochbett zugleich eine Spaßgarantie und einen Risikofaktor ins Kinderzimmer bringt. Und weil das so ist, sollten Eltern sich vor dem Kauf ausführlich informieren: über Altersempfehlungen, Sicherheitsstandards und die Vor- und Nachteile verschiedener Modelle.
Muss es überhaupt ein Hochbett sein?
Zuallererst wäre die grundsätzliche Frage zu klären: Warum soll es überhaupt ein Hochbett sein? Klar, die Ausstellungsstücke im Möbelhaus üben eine magische Anziehungskraft auf Kinder aus und sind in der 08/15-Version auch nur unwesentlich teurer als ein normales Bett (z.B. Modell „Frieda“ von Dänisches Bettenlager, ca. 140 Euro ohne Zubehör). Außerdem gewinnt man gerade in kleinen Kinderzimmern wertvolle Quadratmeter Spielfläche unter dem Podest. Aber: Für 140 Euro gibt es nur das laut Euro-Norm erforderliche Mindestmaß an Sicherheit – wirklich empfehlenswerte Hochbetten kosten gleich sehr viel mehr. Und: Die Freude über das neue „Klettergerüst“ im Kinderzimmer kann abends ganz schnell umschlagen.
Das hat zumindest Michael (37), Vater zweier Söhne (fünf und drei) festgestellt: „Unser Fünfjähriger gibt gern vor seinen Freunden mit seinem Hochbett an und tobt mit ihnen darauf herum. Doch zum Schlafen hätte er lieber – wie er jeden Abend tränenreich verkündet – ein normal hohes Bett wie sein Bruder. Denn in das kann sich die Mama zum Vorlesen, Singen oder nächtlichen Trösten nach einem Alptraum mit hinein kuscheln.“ Auch wenn der Junge krank ist und nachts regelmäßig Fieber gemessen bekommen soll, oder wenn er nur aufs Klo muss und sich etwas zu trinken holen will, ist das Hochbett nicht sehr praktisch, resümiert der Berliner Medienfachwirt einige Monate nach dem Kauf. Denn dass sich ein Kind bei Licht und im Wachzustand sicher über die Leiter bewegt, heißt noch lange nicht, dass es im Dunkeln und im Halbschlaf vor Fehltritten gefeit ist. Und so lauschen die Eltern des Nachts angestrengt auf jedes Geräusch aus dem Kinderzimmer.
Ideal: Wenn das Hochbett individuell angepasst werden kann
Trotz dieser kritischen Anmerkungen muss der Hochbettplan nicht von vorne herein verworfen werden. Denn genauso gut gilt: Kinder brauchen Bewegung, und jede Möglichkeit, im Kinderzimmer körperlich aktiv zu werden, ist ein Gewinn für sie. Jedenfalls solange die Risikofaktoren unter Kontrolle bleiben und das Hochbett an Alter und Fähigkeiten des Kindes angepasst wird. Bei den „mitwachsenden“ Hochbetten von Billi Bolli (ab ca. 750 Euro ohne Zubehör) haben Eltern zum Beispiel die Möglichkeit, Lattenrost und Matratze an ein und demselben Gestell in sechs (!) verschiedenen Höhen anzubringen.
Grundsätzlich ist es wichtig, dass das Bettgestell schwer genug ist, damit es beim Spielen nicht verrutscht. Wenn nämlich ein Spalt zwischen Wand und Bett entsteht, wird’s sehr gefährlich. Massivholz oder Metall sind die tauglichen Alternativen, aus Spanplatten sollte das Bett auch wegen der Splittergefahr nicht bestehen. Der „Rütteltest“ im Möbelhaus (einfach mal kräftig rütteln) zeigt, ob es gut steht. Besonders stabil gebaut sind die Hochbettmodelle von Woodland mit ihren robusten Balken von 58x58mm, z.B. „Winnipeg“ incl. Steuerrad, Segel und Schiffskran für ca. 1.050 Euro. Eine mit 70cm außergewöhnlich hohe Brüstung sowie Festhaltegriffe am Einstieg bieten zusätzlich Sicherheit.
Weitere Entscheidungen stehen in Sachen Zubehör an. Erste Frage: mit Rutsche oder ohne Rutsche? Keine Frage, die Rutsche macht Spaß (allerdings auch nur für ein paar Wochen, solange sie noch neu ist), doch andererseits schafft ihr Anblick genau die Spielplatzatmosphäre, die Kinder erst recht zum wilden Toben animiert. Eine Rutsche benötigt eine zweite Öffnung im Seitengitter, durch die das Kind abstürzen kann, und verstellt als nervige Stolperkante die Spielfläche im Kinderzimmer. Zweite Frage: mit Stoffzelt oder ohne? Es wird wie ein Himmel über die Matratze gespannt und fungiert als zusätzlicher Fallschutz. Hochsprungübungen sind damit nicht mehr möglich. Aber: Nicht jedes Kind mag in dieser Camping-Enge schlafen und nicht jede(r) Mama oder Papa verrenkt sich gern mitten in der Nacht den Hals, nur um durch die Fensterausschnitte des Stoffzeltes einen prüfenden Blick auf das Kind zu werfen.
Bei Eigenkreationen Sicherheitsstandards beachten
Passen die Hochbettmodelle aus dem Katalog nicht zum Grundriss des Kinderzimmers oder zum persönlichen Einrichtungsgeschmack, schaffen selbständige, teils nur regional einsatzbereite Bettenbauer Abhilfe (Stichwort „maßgefertigte Hochbetten“ in der Internet-Suchmaschine eingeben). Sie berechnen Dachschrägen in die Konstruktion mit ein oder designen ein ausgefallenes Schutzgitter als Blickfang. Außergewöhnlich schöne, aber auch sehr teure Maßanfertigungen bietet die Firma Au Lit. Ab 3.000 Euro (beinhaltet mehrere Entwürfe, Herstellung und Montage) gibt es das Modell „Schiff ahoi“ mit zwei integrierten Hochbetten, Bullaugen-Brüstung und handbemalten, mit dem Namen des Kindes versehenen Rettungsringen. Beim Modell „Dschungel“ entsteht im Kinderzimmer eine richtige Urwaldlandschaft mit handbemalten Tierapplikationen und „Kletterliane“ (Seil). Allerdings gilt für Eltern, die ein selbst entworfenes Hochbett bauen oder bauen lassen die absolute Pflicht, sich vorher über die Sicherheitsstandards zu informieren. Während bei einem Serienmodell ein Blick in die Gebrauchsanweisung oder auf den Aufkleber am Bett reicht, um festzustellen, ob die Sicherheitsnormen DIN EN 780 (747-1), DIN EN 781 (747-2) und DIN EN 7926 eingehalten wurden und die Prüfzeichen CE und GS vorhanden sind, kommt es bei selbstgebauten Betten ganz genau drauf an: Beträgt der Abstand zwischen den einzelnen Stäben im Schutzgitter auch wirklich nicht mehr als 4,5 bis 6,5 cm? Ist das Hochbett zum Fenster hin ausreichend gesichert? Ist die Leiter fest mit dem Bettgestell verschraubt? Beträgt der Abstand zwischen Matratzenoberkante und Oberkante der Brüstung mindestens 16cm, besser jedoch 30cm?
Experten raten: Ein Hochbett erst ab sechs Jahren
Eines wird angesichts dieser Tipps deutlich: Sicherer geht immer. Man kann das Hochbett in der Wand verankern und es auf griffiger Auslegware aufstellen statt auf rutschigem Laminat. Man kann ausgediente Matratzen darum herum drapieren und Schrankkanten und Fensterbretter polstern, um eventuelle Stürze abzufedern. Man kann den Lattenrost vorsichtshalber mit dem Bett verschrauben. Man kann tiefer in die Tasche greifen und ein Modell erwerben, das mit zusätzlichen Sicherheits-Features ausgestattet ist. So gibt es zum Beispiel am Hochbettsystem „Varietta“ von Paidi (Preisbeispiel bei Ebay: ca. 780 Euro incl. Zubehör) Leuchtelemente auf den Leitersprossen und an diversen Ecken und Kanten, die noch lange nach dem Löschen der Kinderzimmerlampe nachleuchten und den Weg weisen. Zudem ist die Leiter mit Grifflöchern versehen, sodass das Kind auch mit verschwitzten oder klebrigen Händen einen guten Halt hat. Beim Modell „Maike“ und anderen Modellen der Firma Flexa (ab ca. 400 Euro ohne Zubehör) sorgt eine schräge Leiter mit Handlauf für einen sicheren Aufstieg. Die Firma Eltern für Eltern setzt auf Sicherheit im Baukastenverfahren. So kostet das „Skepp-Piratenbett“ 680 Euro ohne Zubehör, dazu suchen sich die Eltern dann die Sicherheitselemente aus, die den Bedürfnissen ihres Kindes gerecht werden: zusätzliche Schutzleisten, extrabreite Schutzelemente mit Bullaugen, Einstiegshaltegriffe oder ein „Kojennetz“.
Sind die eigenen, aber auch die Gastkinder sicher?
Eines muss Eltern allerdings klar sein: Es gibt Risiken, die ein Hochbett birgt und die durch Sicherungsmaßnahmen nicht gebannt werden können. Daher ist es sinnvoll, sich an die Altersempfehlung der Hersteller und Spielzeugexperten zu halten: Ein Hochbett eignet sich für Kinder nicht vor dem sechsten Geburtstag. Erst in diesem Alter ist ihr Koordinationsvermögen weit genug entwickelt, um sich sicher auf der Leiter bewegen zu können. Trotz dieser Empfehlungen schlafen in vielen Familien bereits Zwei- oder Dreijährige, die von ihren Eltern als fit genug eingeschätzt werden, im Hochbett. Oft, ohne dass etwas passiert. Doch man bedenke, es kommen auch Gastkinder, deren Kletterkünste sich nicht so gut einschätzen lassen wie die der eigenen Söhne und Töchter. Und man bedenke die erschreckende Zahl von 290.000 Kinderunfällen in Deutschland, die sich allein im Jahr 2007 im häuslichen Bereich zugetragen haben (neueste Zahlen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung) und von denen Stürze (z.B. vom Hochbett oder Wickeltisch) den Großteil ausmachen. Ein wichtiger Hinweis zur Unfallvermeidung noch: Das Kind sollte im Hochbett nicht im Schlafsack schlafen. Denn wenn es aufwacht, ohne zu realisieren, dass es in seiner Beinfreiheit eingeschränkt ist, ist der Sturz beim Absteigeversuch vorprogrammiert.
Welche Regeln gelten auf dem Hochbett?
An der Frage, ob klare Regeln (z.B. Stehen und hüpfen auf dem Hochbett ist verboten! Das Hochbett wird nur über die Leiter, nicht über nebenstehende Regale, Stühle oder Tische erklettert!) das Spielen auf dem Hochbett sicherer machen oder ob sogar ein absolutes Tobeverbot geben sollte, weil Betten nun einmal kein Spielplatz, sondern zum Schlafen da sind, scheiden sich die Geister (zumindest die der Eltern, nicht jedoch die der Experten). Erst im Sommer gab es dazu im urbia-Forum eine heiße Diskussion, als eine Mutter fragte: Soll ich das Hochbett abbauen, nachdem meine Tochter beim Klettern daran in eine gefährliche Situation geraten ist und sich von meinen Ermahnungen nicht beeindrucken lässt? Die Meinungen gehen auseinander. So findet ‚thyme’: „Ich würde sie klettern lassen, das ist toll für die Gehirnentwicklung. Ich finde nicht, dass man den Kids immer alles verbieten sollte, was annähernd gefährlich sein könnte. So lernen sie nicht, sich und ihre Fähigkeiten richtig einzuschätzen.“ ‚suameztak’ aber kontert: „Ich würde es abbauen! Dein Kind scheint sich wie ein ganz normales Kindergartenkind zu verhalten, das seine Grenzen austestet, ohne die Folgen überblicken zu können. Ihr als Eltern müsst euer Kind vor sich selbst schützen.“ Wie sie zu diesen Fragen stehen, darüber sollten sich Mama und Papa definitiv einig sein, BEVOR sie dem Nachwuchs ein Hochbett kaufen.