Was Kinder wollen

Lernen mit Bewegung

Kinder wollen mehr Bewegung und sie haben sehr genaue Vorstellungen davon, wie Lernen ihnen mehr Spaß machen könnte. Eine interessante Bayreuther Studie ließ nach PISA endlich die Kinder zu Wort kommen.

Kinder wollen mehr (Bewegungs-) Freiheit

Schulkinder rennen
Foto: © iStockphoto.com/ skynesher

Wenn Kinder über die Gestaltung ihrer Schule zu entscheiden hätten, so würden sie einen Lernraum entwickeln, der die Prinzipien Bewegungsfreiheit, Handlungsorientierung und Selbstbestimmung beinhaltet. Das ist das Ergebnis einer vierjährigen Studie mit 400 Kindern. Nachdem vor einigen Jahren die Ergebnisse der PISA-Studie und diverse Gesundheitsuntersuchungen den Eindruck erweckten, dass es weder um die geistige noch um die körperliche Gesundheit unserer Kinder gut bestellt ist, widmete sich eine Bayreuther Forschergruppe einmal genauer den Kindern und ihren Wünschen - mit bemerkenswerten Ergebnissen. Das Team unter der Leitung des Sportwissenschaftlers Dr. Peter Kuhn untersuchte die Frage, wie sich Kinder ihre Schule vorstellen, wenn es die Möglichkeit gäbe, Lernen mit Bewegung zu verknüpfen.

Die Kinder konnten ihre Wünsche und Vorstellungen zeichnerisch und verbal äußern. Um ein möglichst vollständiges Bild zu gewinnen, baten die Forscher die Kinder, ihre Zeichnungen nach Klassenzimmerunterricht, Pausenhof und Sportunterricht zu differenzieren. So entstanden nahezu 1200 Kinderzeichnungen, die - zusammen mit den Interviews - Aufschluss darüber geben, wie sich der Ausweg aus der Bildungs- und Gesundheitsmisere aus der Kinderperspektive darstellt.

Kompetente Lehrer, die Verständnis für Schwächen haben

Blickt man zunächst auf die Ergebnisse zum Sportunterricht, so zeigt sich, dass die Kinder dem Bewegungslernen durchweg hohe Bedeutung beimessen. Dabei machen sie im Hinblick auf die Lerninhalte facettenreiche Vorschläge, die von traditionellen Schulsportarten über angesagte Freizeitaktivitäten bis zu fantastischen Aktionsspielräumen reichen. Besondere Aufmerksamkeit verdienen die kindlichen Vorstellungen von den Lernbedingungen: Kinder wünschen sich Freiräume, in denen sie selbst bestimmen dürfen, was sie lernen und wie sie es lernen möchten; Kinder wünschen sich Zeit zum Üben, weil "Können" "Spaß" macht; Kinder wünschen sich kompetente Sportlehrer, die Verständnis für Fehler und Schwächen haben und die unterstützen, anstatt zu sagen: "Das und das kannst du nicht".

Mehr Zeit und Bewegung in der Pause

In der Betrachtung der Ergebnisse zum Pausenhof fällt auf, dass Kinder Wert auf eine lange Pause legen - gegebenenfalls um den Preis, dass sich damit die Vormittagsschulzeit verlängert. Die Pausenhöfe sollen vielfältig mit attraktiven Bewegungs-, Spiel- und Sportgelegenheiten nausgestattet sein. Die Funktionen der Pause bestehen für Kinder im Spielen, Austoben und Ausruhen, damit - so argumentieren sie selbst - man anschließend, wenn man wieder etwas lernen will, "nicht mehr so zappelig" ist und "besser aufpassen" kann. Wieder wird auch in diesem Schulbereich deutlich, dass Kinder es für wichtig halten, in der Schule Zeiten zu haben, in denen sie über ihre Aktivitäten selbst bestimmen dürfen.

Begleitstudien des Bayreuther Teams zeigen in diesem Zusammenhang, dass sich viele Kinder in der Pause relativ mehr, vielseitiger und intensiver bewegen als im Sportunterricht. Daraus geht hervor, dass es in erster Linie darauf ankommt, Freiräume zu schaffen, wenn man dem Bewegungsmangel von Kindern in der Schule begegnen möchte. Das Erleben dieser Freiräume wirkt sich dann wiederum positiv auf die Lernbereitschaft und Konzentrationsfähigkeit der Kinder aus.

Deshalb bedauern sie es auch sehr, wenn Lehrkräfte in der Pause ihren Handlungsspielraum einschränken und "uns dauernd den Ball wegnehmen" oder sagen, dass "wir hier nicht rennen sollen". Diesen Lehrkräften würden sie statt dessen verordnen, "dass die auch mal mitmachen sollen, nicht bloß rumstehen", denn "die sollen ja auch mal Spaß haben, nicht immer bloß Unterricht und so".

Nicht immer so still dasitzen

Die Äußerungen der Kinder zeigen, dass sie sich mehr Handlungs- und Gestaltungskompetenz zutrauen als ihnen in der Regel zugetraut wird. Besonders deutlich wird dies in den Ergebnissen zum Klassenzimmerunterricht.

Die Kindervorstellungen von einem Klassenzimmerunterricht mit ausgewogenen Lern- und Bewegungsbedingungen lassen sich in drei Prinzipien bündeln: Bewegungsfreiheit am Arbeitsplatz, Wechsel von Arbeits- und Bewegungsphasen, Verknüpfung von Lernen und Bewegung. Für ihre entsprechenden Bildmotive liefern die Kinder anschauliche und plausible Begründungen: Zum Thema Bewegungsfreiheit meint Philip (10 Jahre), "dass man halt da nicht immer so still dasitzen muss, sondern dass man sich da auch mal ein bisschen bewegen kann und so hinsetzen kann, so gemütlich, wie ich jetzt hier sitze". Für Stefanie (10) wäre es wichtig, "dass man manchmal aufstehen dürfte und rausgehen darf ein paar Minuten". Nina (10) würde es "reichen, einfach so rumzulaufen", also etwas mehr Bewegungsfreiheit zu bekommen. Auch Kevin (8) fände das gut, "aber es wäre halt für die anderen auch wieder ablenkend". Kinder schätzen also auch die Problematik der Bewegungsfreiheit realistisch ein. Zur Begründung regelmäßiger Bewegungspausen meint Florian (11), Bewegungspausen haben "deswegen einen guten Sinn, weil dann wird einmal das Gedächtnis ein wenig heller und auf der anderen Seite ist es auch gut für den Körper, weil die Muskeln trainiert werden". Melanie (8) ist der Auffassung, "wenn man immer bloß so krumm sitzt, dann kann man ja auch nicht denken". Katharina (10) braucht Bewegungspausen, damit "man wieder ein freies Hirn hat, einfach damit man ein bisschen Bewegung hat, sonst rostet man ja ein". Robert (10) findet Bewegung gut, "weil man sich da austoben kann und dass wir aufwachen sozusagen". Daniel (12) schließlich ist überzeugt, "wenn wir ein bisschen mehr Spiele machen würden, da hat man auch mehr Lust zum Lernen".

Wie Michael (10) das PISA-Problem lösen würde

Der zehnjährige Michael konzipiert ein komplexes Projekt für den Sachunterricht und gibt damit Antwort auf viele Fragen, die PISA aufgeworfen hat: "Also, dabei habe ich gedacht, dass man auch Unterricht in freier Natur machen kann und dass man auch, wenn man im Heimat- und Sachkunde macht, auch rumlaufen kann und zeigen kann, wie das und das geht und dann Sachen untersucht und der Lehrer uns das erklärt, wie das entstanden ist und dass wir auch ein bisschen rechnen, wie viel Wasser den Bach runterfließt, dass man das irgendwie messen kann mit Geräten.

Oder vom Zweig, dass man den abschneidet vom Baum, und dann die Blätter zählt und dann ungefähr ausrechnet, wie viele so ein kleiner Busch hat, so ein kleiner Baum. Und dann könnte man das auch verbinden mit dem Unterricht und dem Sport, dass wir so durch den Ort joggen und dann der Lehrer immer was erklärt. Man könnte das auch zusammentun, zum Beispiel Basketball spielen, und wenn der Lehrer fragt, wenn du jetzt fünf Meter weit weg stehst und dann, wenn der andere kommt und Du gerade werfen willst, wie lange braucht der Sowieso, wenn der andere ankommt, und wie lange braucht der Ball, bis er in den Korb geht.

Oder so Sachaufgaben, zum Beispiel, wenn der Ball in einer Sekunde der Minute soviel aufspringt, wie oft springt er dann in der Stunde auf, wenn einer das ununterbrochen macht. Und wenn man dann eine Runde läuft, dass man dann sagt, wie viel Kilometer sind wir jetzt gelaufen und wie viele Dezimeter sind das jetzt insgesamt. Oder wir machen eine Malrechnung, und wenn wir dann den Weg wieder zurück joggen, wie viel sind wir dann insgesamt gelaufen. Finde ich dann schöner, und dann könnte man auch den Sport und den Unterricht so zusammentun und dann ist der Unterricht auch gut".(Quelle: Informationsdienst Wissenschaft)

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