WenDo: Selbstverteidigung für Mädchen
Mit WenDo können sich Mädchen und Frauen vor Gewalt schützen. Aber WenDo ist mehr als frauenspezifische Selbstverteidigung: WenDo ist Selbstbewusstsein.
Selbstverteidigung für Mädchen
WenDo bekämpft Gewalt an Frauen und Mädchen. Das Konzept haben kanadische und amerikanische Frauen in den 1970er Jahren entwickelt. "Wen" steht für Women –amerikanisch Frauen- und "Do" heißt im Japanischen Weg. WenDo – also der "Weg der Frauen und Mädchen", frei übersetzt auch "Frauen und Mädchen in Bewegung", lehrt Frauen und Mädchen, besser mit Situationen umzugehen, in denen sie Gewalt von Männern und Jungen erleben. Im Sinne von WenDo beginnt Gewalt bereits bei anzüglichen Blicken. Ob herablassende Bemerkung oder körperliche Bedrohung, mit WenDo lernen Mädchen und Frauen, solche Momente je nach Ausmaß angemessen abzuwehren oder noch besser im Keime zu ersticken.
Etwas Eigenes für Frauen
Übergriffe kommen alltäglich vor, vorrangig im Familien- und Bekanntenkreis der Betroffenen. Es besteht also enormer Handlungsbedarf. "Da Kampfsportarten aber von den wenigsten Frauen betrieben werden, wollten die Gründerfrauen von WenDo eine spezielle Selbstverteidigung und Selbstbehauptung für Mädchen und Frauen entwickeln," erklärt WenDo-Trainerin Sabine Boldt aus Düsseldorf. WenDo umfasst Tricks und Techniken, die jede Frau in unbequemer Kleidung und ohne sportliches Training anwenden kann. Die einzelnen Elemente stammen aus verschiedenen Kampfsportarten. "Darüber hinaus lernen die Teilnehmerinnen der WenDo-Kurse, selbstbewusst ihre eigenen Grenzen zu setzen, so wie sie es sich wünschen," betont Sabine Boldt. Das kann auch eine harmlos erscheinende Situation wie beispielsweise in einer Kneipe sein, in der sich unerwünscht zwei Männer an den Tisch zweier Freundinnen setzen. Wie reagieren wir dann als Mädchen oder Frauen? Ärgern wir uns? Verlassen wir die Kneipe oder sagen wir etwas?
Das Leben uneingeschränkt genießen
WenDo regt die Mädchen und Frauen an, sich in ihrem Leben und ihren Wünschen nicht einschränken zu lassen. "Viele Frauen wissen nicht, wie sie ihre eigenen Wünsche durchsetzen und ihre Rechte einfordern können. Das Weggucken und Akzeptieren von bestimmten rollenspezifischen Situationen ist zu stark in vielen von uns verankert. Und bereits an diesem Punkt setzt WenDo an," erläutert die WenDo-Trainerin aus Düsseldorf.
WenDo ist feministisch
WenDo hat somit einen feministischen Ansatz. Claudia Becker, WenDo-Trainerin in Aachen erklärt: "Der feministische Ansatz liegt darin, dass wir anstreben, Mädchen und Frauen für sich selbst zu sensibilisieren und sich wert zu schätzen. Denn nur wer sich selbst wertschätzt, kann sich richtig gut für sich selber einsetzen." Deshalb setzt WenDo auch bei den eigenen Fähigkeiten an. Fragen wie "Was finde ich eigentlich an mir schön?" oder "Welche Fähigkeiten habe ich?" leiten die Kurse häufig ein. Diese führen weiter zu Wegen, diese Fähigkeiten auszubauen und damit sich selbst zu behaupten, durchzusetzen und zu verteidigen. "Zudem reflektieren wir das Rollenverständnis in unserer heute immer noch männerdominierten Gesellschaft," betont die WenDo-Trainerin aus Aachen. "Und wir treten ein für ein mit Lust und Kreativität selbstbestimmtes Leben von Frauen und Mädchen, die sich nicht länger in erwartete, festgeschriebene Rollenmuster zwängen lassen."
Ein Raum nur für Frauen
WenDo wurde allein von Frauen entwickelt. Das Wissen wird ausschließlich an Frauen und Mädchen weitergegeben. Da die Trainerinnen zum Teil Bedrohungen und Ängste selbst erlebt haben, bringen sie sehr viel Verständnis und Einfühlungsvermögen für die Teilnehmerinnen mit: "Durch diese homogen geschlechtlichen Gruppen entsteht meist eine sehr vertrauensvolle, solidarische Atmosphäre, in der sich Mädchen und Frauen mit ihren Ängsten und Gewalterfahrungen aufgehoben und ernst genommen fühlen. "Ich habe mich immer sehr wohl gefühlt in meiner WenDo-Gruppe," berichtet eine ehemalige Teilnehmerin. "Wir hatten immer das Gefühl, uns gegenseitig zu unterstützen. Sehr sinnvoll fand ich auch, dass Erfolgssituationen, die mit WenDo herbeigeführt wurden, besprochen wurden. Außerdem lernten wir, anderen Frauen aus der Klemme zu helfen." Sabine Boldt fügt zu dieser angestrebten Gruppendynamik hinzu: "Der Austausch von Gewalterfahrungen hilft den Teilnehmerinnen erheblich, damit fertig zu werden. Dadurch, dass wir nur unter Frauen oder Mädchen sind, entsteht sehr häufig der Wunsch, offen von eigenen Erlebnissen zu berichten. Viele möchten diese Erfahrungen auch nicht mit Männern besprechen." Die WenDo-Trainerinnen werden in ihrer Ausbildung speziell pädagogisch und psychologisch für den Umgang mit Opfern sexueller Gewalt geschult.
Was wird alles erlernt?
Neben den Kursinhalten wie Selbstwahrnehmung und Einschätzen von Grenzen, Stärkung des Selbstbewusstseins und der Solidarität unter Frauen, Entspannungsübungen, Reflexion über Frauenbilder und Rollenerwartungen sowie Rhetorik stehen auch körperliche Selbstverteidigungstechniken auf dem Programm eines WenDo-Kurses. In Rollenspielen werden Situationen, die mit Angst behaftet sind, neu bewertet und Verhaltensmöglichkeiten erprobt. Auch Griffe, Kniffe, Tritte und andere Tricks werden hier gezeigt. "Dabei haben wir den gleichen Trainingseffekt, wenn wir mit Frauen trainieren wie es mit Männern der Fall wäre. Denn worauf wir abzielen, das sind schmerzhafte Punkte," versichert die WenDo-Trainerin Sabine Boldt. Bei der Vielfalt verbaler und körperlicher Signale und verschiedener Verteidigungsmethoden ist es jedoch immer vorrangig, die einzelne Person ganzheitlich mit ihren persönlichen Fähigkeiten und Charaktereigenschaften zu sehen. "Deshalb gibt es keine Patentlösungen für die eine oder andere Situation. Jedes Mädchen, jede Frau findet mit der Hilfe der WenDo-Trainerin und der Gruppe individuelle Lösungen für sich selbst," so der Tenor der Trainerinnen Sabine Boldt und Claudia Becker.
WenDo für Mädchen
Bei den Mädchenkursen bauen die Trainerinnen noch mehr Spaßmomente als bei den Frauenkursen ein. In spielerischen Übungen nehmen die Mädchen ihren Körper wahr. Sie begreifen dann, dass ihre eigenen Wünsche zählen und dass sie ein Recht auf eigene Gedanken und Gefühle haben. "Meist wird das Leben der Mädchen noch von Erwachsenen wie Eltern und Lehrern bestimmt. Im WenDo-Kurs machen wir ihnen deutlich, dass sie auch gegenüber diesen nahestehenden Personen ein Recht auf Grenzen haben," erklärt Sabine Boldt. "Häufig kommen die Mädchen auch mit ganz konkreten Angstvorstellungen oder Erfahrungen," beschreibt Claudia Becker, "und wir geben dann Hilfe zur Selbsthilfe. Zum Beispiel versuchen wir mit den Mädchen Wege zu finden, um bestimmte Dinge anzusprechen, sogar im engsten Familienkreis. Auch geht es darum, den Mädchen Unterstützungsangebote außerhalb der Familie wie beispielsweise Mädchenhäuser und Mädchenberatungsstellen aufzuzeigen. Wir arbeiten ganz stark gegen die Tabuisierung von Gewalt."
Wo und bei wem lerne ich WenDo?
WenDo kann Jede Frau und jedes Mädchen lernen. Derzeit gibt es Trainingsangebote für Mädchen ab sechs Jahren bis hin zu Seniorinnen, auch können sich verschiede Berufsgruppen wie Lehrerinnen, Erzieherinnen und Stadtverwaltungsmitarbeiterinnen oder Mädchen und Frauen mit Behinderungen und körperlichen Einschränkungen in einer eigenen Gruppe schulen lassen. Da der Begriff der WenDo-Trainerin nicht geschützt ist, ist es ratsam, einen Kurs bei einer WenDo-Trainerin zu besuchen, die im WenDo–Verband organisiert ist. Hier ist die einzelne Kursteilnehmerin sicher, dass die Dozentin eine dreijährige Ausbildung zur WenDo-Trainerin absolviert hat. Verbandsmitglieder sind untereinander vernetzt, sie nehmen an Fortbildungen, Supervisionen und Hospitanzen teil und können somit auch aktuelle Tendenzen in ihre Arbeit aufnehmen. "So haben wir zum Beispiel letztens festgestellt, dass viele Mädchen in Kursen die Ängste ihrer Mütter transportieren. Dies führte zu dem Entschluss, Kurse für Mütter und Töchter anzubieten," beschreibt Claudia Becker aus Aachen. "In diesen Kursen setzen wir uns dann auch mit dem Wandel der Gesellschaft und der Erziehung von Mädchen auseinander. Das macht allen immer großen Spaß!", berichtet die Aachener Kursleiterin.
Angeboten wird WenDo in Mädchenhäusern, Jugendzentren, Frauenberatungsstellen, Volkshochschulen und zum Teil auch an Schulen. Für Kurse an Schulen gibt es sogar staatliche Zuschüsse, die die Kosten für die Mädchen erheblich senken.
Informieren Sie sich in diesem Zusammenhang auch über das Angebot der Polizei an Selbstverteidigungskursen.