Embryo
Wissenswertes über die ersten neun Wochen der Schwangerschaft, den heranwachsenden Embryo und die Bedeutung von Gentests.
Ein Embryo ist menschliches Leben
In den ersten Wochen einer Schwangerschaft macht eine einmal befruchtete Zelle eine enorme Entwicklung durch: Ein neues Leben entsteht. Bereits in dieser Zeit entwickeln sich Gehirn und Gliedmaßen des Kindes. Welche Veränderungen im Körper der Frau damit einhergehen, ab wann man überhaupt von einem Embryo spricht und inwiefern dieser sich von einem Fötus unterscheidet – urbia weiß mehr.
Es ist nicht ganz leicht zu sagen, ab wann ein ungeborenes menschliches Leben auch als solches definiert wird. Laut einem Beschluss des Europäischen Gerichtshofes ist all jenes menschliches Leben, das ab dem Zeitpunkt der Befruchtung die Möglichkeit hat, sich zum Menschen zu entwickeln. Demnach ist bereits eine befruchtete Eizelle ein Embryo, der als menschliches Leben zählt. In Abgrenzung zum Fötus heißt das entstehende Leben ab der Befruchtung bis zur neunten oder zehnten Schwangerschaftswoche Embryo. Sobald sich die inneren Organe ausbilden, spricht man vom Fötus oder auch Fetus. Die menschliche Fetalperiode, also die Zeit, in der sich der Fetus entwickelt, dauert anschließend von der zehnten Schwangerschaftswoche bis zur Geburt.
Die Embryo-Entwicklung – Befruchtung und Einnistung
Wird eine Frau schwanger, zählt die Woche nach ihrer letzten Periode als ihre erste Schwangerschaftswoche. In dieser Woche besteht die Schwangerschaft faktisch noch nicht, da der Zeitpunkt des Eisprungs sowie der Befruchtung sich im Nachhinein nicht eindeutig bestimmen lässt. So wird der erste Tag der letzten Regelblutung zur Hilfe genommen, um den Geburtstermin zu errechnen. Man geht davon aus, dass die Befruchtung etwa zwei Wochen nach dem ersten Tag der Periode erfolgt.
Die eigentliche Schwangerschaft beginnt nach dieser Berechnung somit erst in der 2. Schwangerschaftswoche und dauert so insgesamt 40 Wochen, sprich zehn Monate. Mit der Befruchtung beginnt die Embryogenese, die Zeit, in welcher der Embryo sich entwickelt. Bereits jetzt stehen Merkmale wie Geschlecht und sogar Augenfarbe oder die Größe der Nase fest. In der 3. Schwangerschaftswoche wandert die befruchtete Eizelle, der Embryo, durch den Eileiter zur Gebärmutter, wo er sich schließlich einnistet. Auf dem Weg verändert sich die äußere Hülle der Eizelle, sodass weitere Spermien davon abgehalten werden einzudringen. Die Zelle teilt sich und wird damit zur Morula, die optisch einer Maulbeere ähnelt. Etwa 24 Stunden später entsteht ein Hohlraum in der Morula. Nun spricht man von der Blastozyste (auch Keimblase), das ist ein kugelförmiger Zellhaufen. In der 4. Schwangerschaftswoche hat sich der Embryo bereits in der Schleimhaut der Gebärmutter eingenistet und besteht nun aus 70 bis 100 Zellen.
Das Herz des Embryos beginnt zu schlagen: 5. bis 9. SSW
Die meisten Frauen merken in diesem Stadium noch nichts von ihrer Schwangerschaft, denn definiert man deren Beginn als den Zeitpunkt, an dem sich die Eizelle in der Gebärmutter einnistet, so beginnt sie im Grunde erst jetzt. Doch bereits in der 5. Schwangerschaftswoche sind Kopf und Körper angelegt, die wichtigen Organe beginnen sich zu entwickeln und das Herz in dem kleinen Wesen fängt an zu schlagen. Der Herzschlag ist etwa sieben Tage später bei einer Vorsorgeuntersuchung zu erkennen. Die Embryo-Größe beträgt inzwischen zwei bis vier Millimeter, er wächst in der 6. Woche rasant weiter und ist in dieser Phase sehr anfällig für schädliche Einflüsse, die zu irreversiblen Schäden des Embryonenkörpers führen können. Alkohol, Zigaretten und alle anderen Giftstoffe sind nun tabu, Folsäure und andere grundlegende Nährstoffe dagegen mehr als willkommen.
In diesem Stadium ist der Embryo etwa 5 Millimeter groß und hat die Gestalt einer Bohne angenommen. Er wächst von nun an täglich um einen Millimeter und entwickelt sich von oben nach unten. Noch hat er seinen Kopf, der im Verhältnis zum restlichen Körper überproportional groß ist, auf die Brust geneigt. Doch seine ersten Gesichtszüge mit den Anlagen für Augen und Ohren sind schon erkennbar. Die Entwicklung der wesentlichen Organe schreitet rasch voran, sodass diese in der 8. Woche bereits funktionstüchtig sind. Die ersten Muskelstränge bilden sich, was die ersten unkontrollierten Bewegungen des Embryos zur Folge hat. Im Verlauf der 8. Schwangerschaftswoche nimmt die Gestalt des Embryos endgültig menschliche Züge an. Der bisher nach vorn geneigte Kopf hebt sich. Einige Organe des Kindes arbeiten schon fleißig: Die Niere produziert Urin und im Magen entsteht Magensäure. Per Ultraschall erkennt der Arzt nun die erste Anlage des Gehirns, welches durch den empfindlichen Schädel schimmert. Bis zur 9. und damit letzten embryonalen Entwicklungswoche erreicht der Embryo eine Größe von 17 bis 22 Millimetern. Der Kopf mit Augen und Lidern ist zu diesem Zeitpunkt bereits vollständig ausgebildet.
Hier endet das Entwicklungsstadium des Embryos. Mit der Ausbildung der inneren Organe vollzieht sich der Übergang zum Fötus. Zahlreichen Müttern im Lebensalter ab 37 Jahren wird spätestens jetzt angeboten, die Gesundheit ihres Nachwuchses überprüfen zu lassen, zum Beispiel mit dem sogenannten FISH-Test. Dabei wird untersucht, ob sich die Chromosomen des Kindes in beträchtlichem Maße verändern. Das Risiko für Anomalien der Chromosomen nimmt mit steigendem Alter der Mutter zu und damit auch die Wahrscheinlichkeit für eine Behinderung des Babys.
Sind Gentests an einem Embryo ethisch vertretbar?
Der medizinische Eingriff an ungeborenem Leben gehört in Deutschland mittlerweile zum Alltag. Die vorgeburtliche Diagnostik ist inzwischen Bestandteil fast jeder Schwangerschaft. Eine humangenetische Beratungsstelle kann betroffenen Paaren Informationen geben, wenn das Kind möglicherweise behindert oder krank auf die Welt kommt. Weiterhin wird mit dem ersten Früh-Screening mit Ultraschall (Sonographie) unter anderem festgestellt, ob der Embryo auch richtig in der Gebärmutter sitzt. Blutflussmessungen wie die Doppler-Untersuchungen helfen zudem, die Blutversorgung bei der Mutter und dem Embryo zu überprüfen, wenn Zweifel an der ungestörten Entwicklung des Kindes bestehen. Mittels einer Entnahme von Gewebe aus der Plazenta (Chorionzottenbiopsie) wird überprüft, ob Chromosomenveränderungen (etwa Trisomie 21) oder erblich bedingte Stoffwechselstörungen vorliegen.
Mit der Präimplantationsdiagnostik, kurz PID, hat die Wissenschaft in neuester Zeit einen weiteren Durchbruch erreicht. Dabei handelt es sich um ein Verfahren, bei dem ein Embryo, der aus einer künstlichen Befruchtung hervorgegangen ist, genetisch auf Erbmaterial hin untersucht wird, das auf eine Behinderung oder Krankheit schließen lässt. Gerade die PID steht aber auch aus verschiedenen Gründen in der Kritik. Die Befürworter der PID argumentieren, so könne dem späteren Kind zum Beispiel ein Leben mit Down-Syndrom erspart werden. Gegner führen an, ungeborenen Kindern werde auf diese Weise das Recht auf Leben genommen. Hier stellt sich die Frage, ob es rechtlich zu vertreten ist, Zellen auf dem Weg zur menschlichen Existenz umzubauen und damit gezielt in die natürliche Embryo-Entwicklung einzugreifen. Sind solche Untersuchungen ethisch zu vertreten? Der deutsche Gesetzgeber hat diese Frage inzwischen rechtlich geregelt und klar beantwortet.
In Deutschland ist nach einem Beschluss des Bundestages im Juli 2011 in Ausnahmefällen ein begrenzter Gentest an Embryonen zulässig. Zu diesen Ausnahmefällen zählt, wenn eine Tot- oder Fehlgeburt oder eine schwere Krankheit des Kindes droht. Laut der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V. stellen für Ärzte die neuen Methoden zur genetischen Diagnostik keine ethische Grenzüberschreitung dar. Das Embryonenschutzgesetz (ESchG) von 1990 regelt insbesondere die missbräuchliche Verwendung spezieller Techniken zur Erzeugung menschlicher Embryonen. Nach wie vor bleibt zum Beispiel die Wahl des Geschlechtes anhand genetischer Merkmale verboten.