Frühchen stillen
Kommt ein Baby zu früh auf die Welt, ist es ganz besonders auf die Nähe seiner Mutter angewiesen. Stillen ist dabei eine gute Möglichkeit, um dem Frühchen viel Nestwärme zu geben. Wie der Stillstart mit Frühgeborenen gelingt, liest du hier.
Selbstvertrauen stärken
In Deutschland kommen jährlich etwa acht Prozent der Babys zu früh auf die Welt. Das entspricht 60.000 Frühgeburten. Als „ Frühchen“ gelten Babys, die vor Vollendung der 37. Woche geboren werden. Babys, die vor der 32. Schwangerschaftswoche auf die Welt kommen und weniger als 1.500 Gramm wiegen, werden als „sehr kleine Frühgeborene“ bezeichnet. Säuglinge unter 1.000 Gramm Körpergeweicht nennt man „extrem kleine Frühgeborene“.
Erfreulicherweise sind die medizinischen Voraussetzungen heute so gut, dass auch extrem kleine Frühgeborene gute Lebenschancen haben. Für Mütter ist eine Frühgeburt jedoch ein Ereignis, das neben Mutterfreuden erst einmal auch viele Ängste und Selbstzweifel erzeugt. Gerade in dieser besonderen Situation ist Stillen wichtig. Die Intimität des Stillens kann Ängste verschwinden lassen, Selbstvertrauen stärken und gibt dem frühgeborenen Baby den Hautkontakt, den es gerade jetzt dringend braucht.
Muttermilch – ideal für Frühgeborene!
Muttermilch ist für das Frühgeborene Medizin. Muttermilch ist nicht statisch wie künstliche Milch, sondern ändert sich in ihrer Zusammensetzung, je nach den individuellen Bedürfnissen des Babys. Die Milch einer Mutter, deren Kind zu früh geboren wurde, ist in ihrer Zusammensetzung daher auf die Bedürfnisse ihres Frühchens abgestimmt. So enthält das Eiweiß in der „Frühgeborenenmilch“ spezielle, für die Entwicklung dieser Kinder essentielle Aminosäuren. Die Fette sind so aufgebaut, dass sie von dem kleinen, nur beschränkt belastbaren Magen-Darm-Trakt optimal verarbeitet werden können. Auch Werte wie Eisen, Eiweiß und Natrium sind in ihrer Konzentration erhöht und sorgen für eine optimale Entwicklung des Frühgeborenen.
Stillen auf Umwegen
Je nach Alter und gesundheitlichem Zustand müssen Frühgeborene auf der neonatologischen Intensivstation betreut werden, so dass die Mutter von ihrem Baby getrennt sein kann. Außerdem ist das Baby womöglich noch zu klein, um Saugen, Schlucken und Atmen zu koordinieren. Daher wird man der Mutter im Krankenhaus empfehlen, sobald wie möglich mit dem Abpumpen von Muttermilch zu beginnen und in den Gebrauch einer Milchpumpe einweisen. Denn auch das Pflege- und Stationspersonal weiß um die Bedeutung der Muttermilch für das Frühgeborene. Es empfiehlt sich eine Pumphäufigkeit alle drei bis vier Stunden, möglichst auch ein mal nachts. Die abgepumpte Muttermilch kann dann über eine Magensonde oder mit einem "Finger Feeder" tröpfchenweise gefüttert werden. Diese wenigen Tropfen Kolostrum sind aber enorm wichtig. Es ist normal, wenn die abgepumpte Milchmenge anfangs sehr gering ist. Ein Frühgeborenes kann am Anfang ohnehin nur sehr kleine Mengen verdauen.
Das erste Anlegen – Stillen muss erlernt werden
Auch wenn das Baby noch zu schwach ist, um an der Brust zu saugen, kann man es dennoch bereits an die Brust legen. Wann es in der Lage ist, an der Brust zu nuckeln, hängt von der Schwangerschaftswoche ab, in der es geboren wurde, sowie vom Allgemeinzustand. Setze dich nicht unter Druck, wenn es nicht gleich klappt. Lege dein kleines Baby, sooft es möglich ist, nackt an deine Brust - diese Art der Pflege wird auch Känguruhen genannt. Das Baby genießt deine Wärme und wird nach und nach deine Brustwarze suchen. Dies dient nicht nur als Vorbereitung für das Stillen, sondern als erstes „Kennenlernen“ und schenkt dir Nähe und Geborgenheit, nach der ihr euch beide sehnt.
Frage an die Expertin:
Meine Tochter Sophie kam in der 32. Schwangerschaftswoche zur Welt und musste anschließend auf der Kinderintensivstation betreut werden. Während dieser Zeit habe ich abgepumpt. Jetzt, zehn Wochen später, trinkt Sophie selbständig an der Brust. Seit wir aber daheim sind, mache ich mir Sorgen, ob sie genügend trinkt und zunimmt. Was kann ich tun? (Andrea Leifeld aus Karlsruhe)
Viele stillende Mütter machen sich Gedanken darüber, ob ihr Baby genügend trinkt und satt wird. Die Anzahl der Mahlzeiten, die Trinkmenge und die Gewichtszunahme sind bei jedem Kind verschieden. Wie für uns Erwachsene ist auch für Ihr Baby nicht ein Tag wie der andere. Es kommt nicht auf die Gewichtszunahme eines einzelnen Tages, sondern auf die Gewichtszunahme während einer Woche an. Es ist also nicht sehr sinnvoll, Ihr Baby jeden Tag zu wiegen. Vertrauen Sie auf die Zufriedenheit Ihres Kindes und kontrollieren Sie dessen Ausscheidungen, es zeigt Ihnen, ob alles ausreichend ist oder nicht.
Wenn Sie dennoch verunsichert sind, kontaktieren Sie den Kinderarzt oder Ihre Hebamme. Dort können Sie alle Ihre Fragen stellen und sich Sicherheit in Ihrem Handeln holen.
Quelle: Medela