10 wichtige Kinder-Fragen
Kinder möchten mit ihren vielen Fragen nicht nur lernen, wie die Welt funktioniert. Sie möchten auch wissen, ob sie sich in ihr geborgen fühlen können. Zehn wichtige Fragen, die Kinder an ihre Eltern haben - und Vorschläge für kindgerechte Antworten.
Manche Kinderfragen sorgen für Erklärungsnot
Manchmal ist es gar nicht irgendein schwieriger Sachverhalt, der uns Erwachsene bei Kinderfragen ins Schwitzen bringt, sondern einfach die Direktheit unseres Kindes („Was passiert eigentlich mit mir, wenn ihr sterbt?“). Andere Fragen wiederum sind deshalb knifflig, weil man sie hören muss, obwohl das Kind sie gar nicht ausspricht. „Habt ihr euch jetzt noch lieb?“, fragen Kinder oft ohne Worte, wenn sie zum Beispiel einen Streit der Eltern miterlebt haben. Die zehn wichtigsten Fragen, die Kinder an ihre Eltern haben:
1. Habt ihr mich lieb?
Natürlich hat man sein Kind lieb, und das sagt man ihm ja auch oft. Und doch - es rutscht manchmal so leicht heraus: „Ich werd‘ noch wahnsinnig, weil ständig die Hälfte deines Essens auf dem Fußboden landet“. Doch ein Kind hört die Übertreibung nicht. Es hört nur, dass es Mutter oder Vater wahnsinnig macht, und wer will schon Schuld an so etwas Schlimmem sein? Da bedarf es manchmal erst der kläglichen Frage des Nachwuchses „Hast du mich noch lieb?“, damit man solche unbedachten Sätze doch lieber meidet.
„Habt ihr mich lieb?“ ist zugleich eine derjenigen Fragen, die oft nur im Stillen gestellt werden. Die Antwort darauf kann ein Kind auch verunsichern. Wenn sie nämlich - ebenso unausgesprochen - lautet: „Wir haben dich natürlich lieb. Vor allem, wenn du gut hörst und unsere Erwartungen erfüllst.“ Eltern würden dies zwar niemals so sagen. Trotzdem können sie sich immer wieder einmal bewusst machen, dass Kinder einfach dafür geliebt werden wollen, dass sie da sind. Und nicht, weil sie sich wohlverhalten, bestimmte Leistungen erbringen oder sich so entwickeln, wie es sich die Eltern erhoffen. Zumindest weitgehend bedingungslos geliebt zu werden, ist das Wertvollste, was Kinder mit auf ihren Lebensweg bekommen können.
2. Wie findet ihr mich?
Die Eltern sind der erste Spiegel, in dem ein Kind sich betrachtet. Und wenn die Resonanz von Vater und Mutter positiv ausfällt, macht dies zuversichtlich, auch von anderen gemocht zu werden. Eltern sollten daher versuchen, nicht überkritisch mit dem Nachwuchs umzugehen. Auch in anstrengenden Zeiten, in denen das Kind vielleicht Grenzen austestet, kann Positives gefunden und erwähnt werden: „Lieb, dass du mir beim Tischdecken hilfst“ oder „Ich bin stolz auf dich, weil du deinem Bruder geholfen hast, sein Lego-Raumschiff wieder zusammen zu bauen.“ Doch auch Äußerlichkeiten sind für das Selbstwertgefühl wichtig. Väter – als die ersten Männer im Leben ihrer Töchter – sollten ab und zu sagen, wie hübsch sie ihre Tochter finden. Und Mütter können zum Beispiel loben, wie cool der Sohn mit der neuen Gelfrisur aussieht.
3. Warum gibt es böse Leute?
Auch, wenn Eltern vieles von ihrem Kind fernhalten möchten – es bekommt im Kindergarten oder über Freunde mit, dass es Kriege, Naturkatastrophen, Unfälle oder Terroranschläge gibt. Und vor Menschen, die Kinder mitnehmen und ihnen weh tun, warnen Eltern sie sowieso meist selbst. Kinder fragen dann: „Kann der Krieg auch zu uns kommen? Kann mir auch etwas passieren? Warum sind manche Leute böse?“ Wissenschaftler haben beobachtet, dass es für Kinder beruhigender ist, wenn Eltern hier konkret antworten.
Bei der Frage „Warum gibt es Krieg?“ kann die Antwort lauten: „‚Krieg entsteht, wenn Menschen nicht mehr miteinander reden wollen, wenn sie böse werden, aufeinander einschlagen, und wenn beide Seiten denken, sie haben Recht‘“, schlägt Psychologieprofessor Dr. Rainer Silbereisen aus Jena vor. Schulkinder dürfen schon Nachrichten schauen, zum Beispiel „Logo!“ „Wichtig ist, dass Eltern das gemeinsam mit den Kindern anschauen und ihre eigenen Gefühle, ihre Betroffenheit zeigen“, rät der Bremer Psychologe Prof. Klaus Boehnke. Und wenn ein Kind hört, dass ein fremdes Kind entführt und getötet worden ist, können Eltern zum „Warum?“ erklären: „Es gibt Menschen, die zwar nicht am Körper krank sind, aber im Kopf und an der Seele. Solche Menschen tun manchmal schlimme Dinge.“ Trotzdem kann man betonen, dass so etwas nur ganz selten vorkommt.
4. Warum muss ich Gemüse essen?
Manche Kinderfragen aber sind auch ganz banal: „Wieso soll ich eigentlich Gemüse essen, wenn ich das nicht mag?“ Erläuterungen, warum Vitamine so wichtig sind, beeindrucken hier meist kaum. Kindgerechter ist die Erklärung, dass der Körper sich nur richtig wohl fühlt, rennen und spielen kann, wenn er auch guten Brennstoff bekommt – er aber mit der Zeit schlapp und müde wird, wenn er zu viel Zuckriges, Mehliges oder zu viel Fastfood aufnimmt. Weil Kinder aber meistens trotzdem keine Gemüse-Enthusiasten werden, helfen vor allem die bekannten, kleinen Tricks: Obst kann mit Vanillequark kombiniert oder zum Smoothie gemixt werden, Gemüse wird püriert und in Soßen versteckt oder zum Sahnesüppchen mit gerösteten Brotwürfeln verarbeitet. Möhren, Stangensellerie, Gurke und Paprika kommen gut an, wenn sie in einen Dip aus saurer Sahne getunkt werden.
5. Wieso kriege ich kein Handy?
Nachdrücklicher beharren Kinder aber oft auf Fragen, wie: „Wieso bekomme ich keinen Nintendo? ALLE anderen im Kindergarten haben auch einen!“ In der Grundschule ist es oft die Variante: „ALLE haben schon ein Handy, warum bekomme ich keins?“ Zwar ist es wichtig für ein Kind, sich zu einer Gruppe zugehörig zu fühlen. Dabei hilft es, sich (etwa bei der Kleidung) nicht zu stark von den anderen zu unterscheiden. Dennoch müssen Eltern nicht alles mitmachen. Wer Bauchweh dabei hat, seinem Kind ein tragbare Spielkonsole mit Daddelsucht-Potential zu kaufen oder es schon im Grundschulalter alle Harry Potter-Filme anschauen zu lassen, obwohl diese starke Horrorelemente beinhalten, sollte es schlicht nicht tun. Wenn man seine Entscheidung begründet, wird das Kind zwar dennoch protestieren. Es spürt aber zugleich: Ich bin meinen Eltern wichtig, sie machen sich Gedanken um mich.
6. Wieso ist euch die Schule so wichtig?
Viele Eltern beklagen sich, dass der Nachwuchs nur einsilbig auf die Frage „Wie war es denn in der Schule?“ antwortet. Diese Wortkargheit hat manchmal einen einfachen Grund. Das Kind weiß aus Erfahrung: Mama oder Papa interessiert gar nicht das wirklich Spannende - dass Julia sich nämlich heute die ganzen Arme mit Kugelschreiber vollgemalt hat. Oder dass Max im Sportunterricht gesagt hat, dass er mein Fußballtrikot cool findet. Sondern sie meinen: was wir gelernt haben. Wieso wollen die bloß andauernd so etwas Langweiliges wissen?
Ein Kind sollte nicht den Verdacht entwickeln, die Eltern interessierten sich mehr für seine schulischen Leistungen als für es selbst. Deshalb könnten Mutter und Vater es genauso interessiert aufgreifen, wenn der Sprössling von seinen persönlichen „Highlights“ des Schulvormittags erzählt, wie sie auf die Beschreibung von Rechenübungen oder Lehrerkommentaren reagieren. Und wer mehr darauf achtet, was dabei ganz ohne Nachfragen vom Kind kommt, läuft auch nicht so leicht Gefahr, eine andere entrüstete Kinderfrage gestellt zu bekommen: „Warum hörst du mir nie zu?“
7. Wie waren meine Urgroßeltern?
Im Vorschulalter fangen Kinder an, sich selbst in komplexeren Zusammenhängen zu sehen. Sie verstehen, dass Mama und Papa auch mal Kinder waren. Und fragen, ob sogar Oma und Opa mal ganz faltenlose Babys waren. Ein guter Zeitpunkt, Familienfotos hervor zu kramen und zu zeigen, wie der Papa im selben Alter wie sein Sohn aussah, oder die Mama als Baby fast ohne Haare. Gemeinsam kann man jetzt auch schauen, was für seltsame Anziehsachen die Urgroßeltern trugen oder Oma und Opa fragen, welchen Beruf deren Eltern hatten. So lernen Kinder viel über den natürlichen Verlauf eines Menschenlebens und bekommen Sicherheit, weil sie ihren eigenen Standort in der Familie, die sich über Zeiten und Generationen erstreckt, erkennen.
8. Wo war ich, bevor ich geboren wurde?
„Im großen Teich“, antworten Eltern manchmal augenzwinkernd, wenn das Kind fragt, wo es war, bevor es in Mamas Bauch kam. Dieses Bild ist nicht gar nicht so banal: Schon bei den Germanen, aber auch in anderen Kulturen stellte man sich die Seele als aus dem Wasser kommend vor. Daher stammt nach Ansicht mancher Forscher auch das Bild vom Storch, der die Babys dort heraus fischt und zu den Eltern bringt. Trotzdem werden Eltern meist nicht ernsthaft zu dieser Erklärung greifen. Wer religiös ist, kann sagen, dass das Kind zuerst beim lieben Gott war und er es dann zu den Eltern geschickt hat, wo es im Bauch der Mama heranwuchs. Alternativ kann man erklären, dass das Kind erst im Bauch der Mutter entstanden ist, wie sich dort aus einem winzigen Kügelchen alle Gliedmaßen entwickelten, bis man auf dem Ultraschallbild ein kleines Baby erkennen konnte.
9. Was passiert mit mir, wenn ihr sterbt?
Eine Frage aus der bei Eltern wenig beliebten Kategorie „sehr direkte und unbequeme Kinderfragen“ ist: „Was passiert mit mir, wenn ihr sterbt?“ Diese Frage sollten Eltern nicht peinlich berührt abwiegeln, sondern beantworten. „Das wird bestimmt nicht passieren. Aber wenn doch einer von uns stirbt, ist ja der andere für dich da.“ Aber wenn beiden Eltern etwas passiert? „Das kommt nur ganz selten vor. Dann kümmern sich Oma und Opa / die Lieblingstante / die Paten / um ein Kind.“ Und wenn das nicht geht? „Dann kommt es zu einer lieben Familie, die auch Kinder hat.“
10. Habt ihr euch noch lieb?
Mama und Papa liegen sich in den Haaren und haben ganz vergessen, dass sie von einem Paar erschreckter Kinderaugen beobachtet werden. Jedes Kind stellt jetzt die unausgesprochene Frage: Habt ihr euch eigentlich noch lieb? Diese Frage wird am besten durch Taten beantwortet: Indem Eltern versuchen, sich noch am selben Tag und vor den Augen des Kindes zu vertragen. Bedauernde Worte, eine Umarmung, ein Kuss – und vielleicht eine Runde „Familienschmusen“, bei der die Eltern auch das Kind umarmen, beruhigen die aufgewühlte Kinderseele.
Bei einer Trennung der Eltern ist es komplizierter. Hier können Eltern sagen, dass sie sich noch mögen - und vorleben, dass sie sich zumindest achten: indem sie niemals schlecht über den anderen sprechen, nicht immer wieder vor dem Kind streiten, sich gegenseitig nicht herabwürdigen. Sondern trotz verletzter Gefühle fair bleiben und bei den Entscheidungen zur Organisation des neuen Kinderalltags kompromissbereit bleiben.