Berührungen: So wichtig für Körper und Seele
Berührungen wirken auf vielerlei Weise. Sie sind wohltuend für Körper und Seele und drücken eine besondere Nähe aus. Sie schaffen und zeigen eine emotionale Verbindung in der Eltern-Kind-Beziehung, durch die viel „gesagt“ wird, ganz ohne Worte…
Körpernähe ist existenziell
Jeder Mensch hat ein Grundbedürfnis nach der Nähe anderer. Körpernähe ist existenziell, fast so wichtig wie Essen und Trinken. Und daher sind Berührungen notwendig für die gesunde und ganzheitliche Entwicklung bei Kindern. Sie tun Körper und Seele gut, denn sie hinterlassen ein gutes Gefühl auf der Haut und im Herzen.
Berührt werden bedeutet, dass jemand einem ganz nahe kommt, was gleichbedeutend damit ist, nicht allein zu sein. Berührungen rufen Emotionen wie Freude, Geborgenheit, Sicherheit oder Trost hervor.
Mehr als tausend Worte
In Berührungen findet Ausdruck, was keine Worte hat oder braucht. Eine Umarmung besagt mehr als tausend Worte. Und eine ausgestreckte Hand genügt, um zu vermitteln: „Hier geht's nicht für dich weiter!" Berührungen sind das Sprachrohr zwischen Menschen, das auf emotionaler Nähe beruht. So werden durch Berührungen zum Beispiel Worte verdeutlicht: Mias Mama umarmt ihre Tochter ganz fest und sagt: „Du schaffst es bestimmt, auf den Baum zu klettern – jetzt lauf schon los!"
Wechselspiel zwischen Geben und Nehmen
Wer berührt, der gibt Anderen etwas. Wer berührt wird, der nimmt vom Anderen und gibt ihm durch positive Reaktion wieder etwas davon zurück. Berührungen sind ein Wechselspiel zwischen Geben und Nehmen. Körpernähe ist wohltuend, weil sie Körper und Seele anspricht. Bereits das Neugeborene wird beim Stillen satt an Nahrung und erfährt durch die körperliche Nähe die Liebe und Geborgenheit seiner Mutter.
Berührungen schaffen emotionale Verbindung
Berührungen drücken eine emotionale Verbindung zwischen Menschen aus. Eine Nähe, die basal wichtig ist für die Eltern-Kind-Bindung. Sie macht spürbar, auch im größten Alltagsgewusel: „Wir stehen uns nahe – wir gehören zusammen." Erfährt ein Kind diese Nähe, kann es sich auch geborgen fühlen und Sicherheit entwickeln. Mia fühlt sich durch die Berührung ihrer Mutter geborgen und hört, dass ihre Mutter an sie glaubt. Die Berührungen, zusammen mit den Worten, geben ihr Sicherheit. Die Sicherheit, die sie braucht, um mutig loszulaufen und Neues auszuprobieren wie zum Beispiel auf den Baum zu klettern.
Auf die Bedürfnisse der Kinder eingehen
Kinder haben ein noch größeres Bedürfnis nach Nähe, wenn etwas Unvorhergesehenes passiert, an fremden Orten oder nach dem Schlafen. Wichtig ist dann, dass Eltern dieses Bedürfnis ihres Kindes erfüllen: Das Kind auf den Schoß nehmen, bis es sich sicher genug fühlt, um allein den fremden Ort zu erkunden, mit ihm kuscheln, bevor sie es ins Bett legen, ihm in Ruhe erklären, was gerade passiert und warum sie selbst vielleicht aufgeregt sind.
Berührungen „ganz nebenbei"
Berührungen gehören ins Alltagsgeschehen! Es sind die kleinen Gesten, die alltäglich werden und nur so „nebenbei" passieren, die jedoch von großer Bedeutung sind:
- Streichel deinem Sohn sachte über die Schulter, während er traurig von dem Streit mit seinem Freund erzählt.
- Klopfe deiner Tochter anerkennend auf die Schulter, wenn du ihr zum Sieg beim Tennis gratulierst.
- Nimm dein Kind nochmal fest in den Arm, bevor du abends sein Zimmer verlässt.
- Schaffe immer wieder Berührungspunkte im Alltag und frage deine Kinder, was ihr Herz berührt: „ Macht dich das jetzt traurig?" Oder: „Wie findest du das von der Jana?"
Bei diesem Austausch begleitest du deine Kinder dabei, neben der Wahrnehmung der eigenen Gefühle ein Bewusstsein und Verständnis für Gefühle anderer und damit Einfühlungsvermögen zu entwickeln. Bis dahin ist es ein langer Weg, aber die entscheidenden ersten Schritte machen deine Kinder mit dir.
Das Gegenteil: Unangenehme Berührungen
Berührungen können aber auch unangenehm und verletzend sein, äußerlich wie innerlich. Häufig trifft beides zugleich zu. Wer berührt wird, soll selbst entscheiden, ob er das möchte. Gib deinem Kind von Anfang an mit auf den Weg: „ Du kannst immer 'Nein-ich will das nicht!' sagen, wenn dich jemand anfasst." Gehe achtsam mit den Reaktionen deiner Kinder um. Schon ganz kleine Kinder drehen sich weg, wenn sie nicht auf den Arm von anderen möchten, Ältere äußern vielleicht flüsternd: „Tante Anna soll mich nicht immer abknutschen!" Schütze deine Kinder vor ungewollten Berührungen und vor Einflüssen, die ihre Herzen zu sehr aufwühlen.
Reflektiert miteinander, wenn deine Kinder andere Kinder berühren und hilf dabei, dass deine Kinder Reaktionen richtig einordnen können: „Schau mal, du machst den Max ganz traurig, wenn du über seine Sandburg lachst." Oder: „Sandra ist so stolz auf dich. Sie will immer deine Hand halten, damit alle sehen, dass du ihr Bruder bist!"
Unerwünschte, aber notwendige Berührungen
Manchmal sind Berührungen von Kindern nicht erwünscht, aber unabdingbar. Kinder wollen manchmal nicht gewickelt werden, bis in die Baumkrone klettern, obwohl das zu gefährlich ist, vom Arzt keine Spritze bekommen oder andere Kinder schlagen. In solchen Situationen musst du dein Kind berühren und halten, gegen seinen Willen.
Wichtig ist dabei, dass du ihm nicht wehtust, in ruhiger Tonlage erklärst, warum du es festhälst und es loslässt, wenn es sein Verhalten ändert. Kinder dürfen festgehalten, aber nicht verletzt werden! „Ich tue dir nicht weh, ich muss dich aber festhalten, bis du aufhörst zu schlagen."
Zeige Alternativen auf und gehe auf die Emotionen ein, die dein Kind zeigt. „Ich kann gut verstehen, dass du vor der Spritze Angst hast. Versuche trotzdem ruhig zu werden, dann ist nach einem kleinen Piecks alles vorbei – versprochen!" Oder: „Ich glaub, du bist ziemlich wütend. Du kannst alle Wut in den Boden stampfen, dem tust du nicht weh. Versuch das mal, ich mache mit!"
Sich berühren lassen
Kinder, die keine Körpernähe erfahren, können sich nicht positiv entwickeln und Beziehungserfahrungen machen. Kinder, mit denen nicht besprochen wird, was ihr Herz berührt, können nicht lernen, achtsam mit ihren Gefühlen umzugehen. Kinder brauchen Eltern, die ihnen Körpernähe geben, nach ihren Gefühlen fragen und offen legen, was sie selbst berührt.