Warum sich Familienleben so schlecht planen lässt
Pläne machen rentiert sich als Mutter nicht wirklich, denn nur allzu oft kommt etwas dazwischen. Unsere Autorin und zweifache Mutter, Nicole Borrasch, berichtet von zahlreichen Plänen, die irgendwie so gar nicht aufgehen.
Ich hatte einen Plan...
„Wir gehen in den Zoo!“ - das ist mein Plan. Es ist Anfang Februar und ein fast frühlingshafter Tag, der geradezu danach schreit, mit meinen beiden Mädels etwas Schönes zu unternehmen. Im Zoo waren wir wirklich lange nicht mehr. Als ich Emma von der Krippe abhole, teilt mir die Erzieherin mit, dass meine kleine Fressraupe heute das Essen gar nicht angerührt hat. Etwas seltsam ist das schon, aber essen können wir auch eine Kleinigkeit im Zoo – denke ich, kurz bevor sie mir im Krippenflur, gerade komplett angezogen, auf die Schuhe spuckt. Auf meine, auf ihre, auf die Jacke, in die Jacke und natürlich auf den Boden. Mütter wissen, was in so einem Moment zu tun ist: Nase zu, Kind provisorisch sauber machen und alles andere wischen. Aber es hätte ja schlimmer kommen können. Immerhin ist es Februar und ich trage keine offenen Schuhe.
Also: Planänderung
Wir gehen heute besser nicht in den Zoo und ich habe einen neuen Plan. Emma ohne Erbrechen mit dem Auto von der Krippe zum Kindergarten, um Luise abzuholen, und nach Hause bekommen. Wessen Kind sich einmal im Auto in den Autositz und die Gurte übergeben hat, der weiß, warum es jetzt wirklich schnell gehen sollte. Schnell? Wenn ich Luise gemeinsam mit Emma vom Kindergarten abhole? Emma mit in den Kindergarten rein nehmen? Warten, bis Luise nach 15 Minuten endlich ihre Sachen zusammen und angezogen hat? Kein guter Plan, wenn man das Risiko eines erneuten Brechanfalls bedenkt. Also rufe ich im Kindergarten an, sie mögen Luise bitte fertig machen und vor die Tür bringen, ich komme mit einem brechenden Kind im Auto. Dabei versichere ich mich nochmal im Rückspiegel, dass ich Emma mit den aus der Krippe geliehenen Handtüchern gut verpackt habe.
"Eigentlich" ist der Feind eines jeden Plans
Als wir am Kindergarten ankommen, sehe ich keine Luise. Stattdessen sehe ich auf die Uhr und weiß aus Erfahrung, dass sich ein anständiger Magen-Darm-Virus in den nächsten zehn Minuten sicher wieder bemerkbar machen wird. Ich springe also ohne Emma aus dem Auto, renne in den Kindergarten und treffe Luise alleine im Flur stehend an – nur in Unterwäsche. Das noch zu hinterfragen bleibt jetzt keine Zeit mehr. Rein in die Hose, Jacke drüber, Mütze auf, die restlichen Klamotten schnell geschnappt und dann mit einer motzenden Luise zurück zum Auto. Der Rest läuft ausnahmsweise nach Plan. Ein Parkplatz vor der Tür, hoch in die Wohnung und Emma so schnell wie möglich alle überflüssigen Sachen ausziehen. Und dann, brav in der Diele und frisch entkleidet, kommt endlich der erwartete zweite Brechschwall.
Eigentlich war der Tag ja anders geplant. Aber „eigentlich“ ist der Feind eines jeden Plans. Der Mageninhalt in der Dielen-Ritze: Der Strich durch jede Rechnung. Ein wahrer Experte hat mal gesagt: „Kinder kann man vielleicht planen. Danach aber zwei Jahrzehnte gar nichts mehr.“ Ich bin mit diesem Experten verheiratet.
Die Sache mit dem Job
Manchmal frage ich mich, woher ich das Organisationstalent nehme, Kind und Job unter einen Hut zu bekommen. Und vor allem, wie das all die anderen berufstätigen Mütter machen, die nicht selbständig sind und immer vor Ort sein müssen? Wie soll man eine zuverlässige Arbeitnehmerin sein, wenn man selbst nie wirklich entscheiden kann, ob man nun heute ins Büro kommen kann oder nicht? Wie oft stand bei mir schon ein Telefoninterview an und genau an diesem Tag war meine Kleinste krank und konnte nicht in die Krippe gehen? Papa hat ebenfalls wichtige, nicht verschiebbare Termine und Oma liegt gerade im Krankenhaus und würde sich selber über Besuch freuen. Ein berufliches Telefonat führen, während ein 20 Monate wildes Kind daneben steht, ist einfach unmöglich. Emma besteht immer darauf, auch „Hallo“ sagen zu dürfen. Wenn nicht, wird sie ungemütlich. Und das wäre für mich während eines wichtigen Telefoninterviews noch ungemütlicher. Also müssen die Pläne geändert werden.
Kein Geld für neue Gummibärchen
Wie zum Beispiel der Termin mit einem neuen Auftraggeber: Am Morgen bitte ich beide Mädels, mal nicht zu trödeln, weil Mami Geld für neue Gummibärchen verdienen muss. Ich stehe extra eine halbe Stunde vor allen anderen auf, um zu duschen und mir die Haare zu waschen. Und dann nimmt das Schicksal seinen Lauf: Obwohl ich die Küche in weiser Voraussicht schon verlassen habe und Papi die Nutella- und Honig-Toasts bändigt, steht Emma plötzlich mit klebrigen Schokohänden neben mir im Schlafzimmer und bearbeitet meine frisch gebügelte, weiße Bluse, die noch auf dem Bett liegt. Die Hektik, schnell etwas anderes zu finden, was zum Rest des geplanten Businessoutfits passt, treibt mir die Hitze in den Kopf. Aber schließlich hätte es schlimmer kommen können – denke ich mit Gedanken an fiese Magen-Darm-Viren. Da höre ich es in der Küche knallen und danach Luise, meine Vierjährige, schrecklich weinen. Als ich rüber renne und sie bei Papa auf dem Arm sehe, winkt er ab, es sei nicht so schlimm. Nur ein kleiner Sturz aufs Kinn. Ein Blick über seine Schulter verrät mir allerdings, dass er nur noch nicht nachgeschaut und mein Tag jetzt neue Pläne hat.
Notaufnahme statt neue Kunden
So sitze ich eine halbe Stunde später und für insgesamt weitere drei Stunden im Businessoutfit in der Notaufnahme des Kinderkrankenhauses. Meine Alternativ-Bluse hat inzwischen braun-rote-Applikationen von Luises Blut, das aus ihrer großen Kinnwunde tropft, und ich kann heute kein Geld für neue Gummibärchen verdienen. Stattdessen verfüttere ich die kleinen bunten Bären an meine „Schwerverletzte“ und versuche, sie schon mal auf das vorzubereiten, was ihr bevor steht: Spritze und Wunde nähen.
Meinen Termin mit dem neuen Kunden konnte ich irgendwann auf der Fahrt ins Krankenhaus per Handy verschieben. „Danke, lieber Auftraggeber, dass Sie so viel Verständnis haben. Danke, liebe Polizei, dass ihr mich nicht beim Handytelefonieren während der Fahrt erwischt habt.“
Reiserücktrittsversicherungen und andere Geschenke
Wenn ich genau überlege, hat das mit den Planänderungen schon während der Schwangerschaft angefangen. Da gab es so einige Unpässlichkeiten, die mir eine nette Party, einen gemütlichen Abend mit meinem Mann oder ein Konzertbesuch vermasselt haben. Ein ganz besonderes Ereignis war auch das erste Weihnachtsgeschenk, das mir meine kleine Emma machte, als ich mit ihr ungefähr im achten Monat schwanger war.
Rückblende: Ich genieße gerade noch das Festmahl des Heiligen Abends, als sie beschließt, sich gemeinsam mit all meinen Eingeweiden in die richtige Kopfüber-Geburtsposition zu bringen. Das tut sie auf eine so erstaunlich wilde Weise, dass mir genau 24 Stunden speiübel ist und ich mit dickem Babybauch Weihnachten elend im Bett liege, während mein Mann mir die Schüssel hält und meine große Tochter weint, weil ich kein Lied mitsinge …
Auch lang ersehnte Urlaube, auf die sich die ganze Familie freut, werden mit Kleinkindern zu einer Art Roulette. Man weiß nie, ob es gut oder schlecht ausgeht. Ob die Kindergarten- und Krippenviren kurz vor der Reise wieder zuschlagen und im Zweifel die ganze Familie umhauen. Ich bin jedenfalls dankbar über unsere Reiserücktrittsversicherung. Und manchmal auch über diese Planänderungen. Denn so waren die Kinder einige Male nicht in der Kita, und wir haben gleich zweimal die Läuse ausgelassen und sind durch die Abwesenheit um das Backen von mindestens vier Kuchen für die Elterninitiative herumgekommen.
Wer schon länger über eine Reiserücktrittsversicherung verfügt, sollte in seinem Vertrag unbedingt überprüfen, ob er noch einen Einzelvertrag oder schon einen Familienvertrag hat. Nur bei Letzterem werden die Kosten für alle Reisenden erstattet (abzüglich der eventuell vorhandenen Selbstbeteiligung). Interessant ist außerdem, ob es sich nur um eine Reiserücktritts- oder auch um einen Reiseabbruchversicherung handelt. Denn wer beispielsweise mit zwei Kleinkindern in den Urlaub fährt und nach einem Tag zwei wirklich kranke Scharlach-Kinder auf der Reise hat, pflegt die Kleinen vielleicht besser zu Hause, als den teuren Urlaub dafür zu nutzen.
Aus Liebe zu den Kleinen …
… canceln wir schließlich selbst Termine, auf die wir uns eigentlich freuen. So wie im Dezember: Die Ballett-Lehrerin von Luise hat uns gerade mitgeteilt hat, dass die Kleinsten bald einen zauberhaften Auftritt haben werden. Am 3. Dezember! Während alle Muddis um mich herum sich sofort vor Vorfreude überschlagen, steigen mir die Tränen in die Augen. Dieses Datum ist gleich zweimal besetzt: Zum einem mit dem Geburtstag meines Mannes. Zum anderen haben wir genau über diesen Zeitraum unseren alljährlichen Kinder-Wellness-Urlaub mit einer befreundeten Familie geplant. Aber was ist das schon gegen einen fünfminütigen Tanzauftritt unserer Großen? Zugegeben, mein Mann ist sicher nicht so begeistert, seinen Geburtstag inmitten rosafarbener Tütüs zu verbringen, wo er im Urlaub an diesem Tag abends gemütlich nach der Sauna sein Bierchen trinken könnte – also theoretisch. Aber das ist der Vorteil unserer kleinen Familie: Im Notfall sind wir drei Mädels gegen einen. Und das ist ein Notfall. So kläre ich erst ein paar Alternativtermine mit unseren Freunden und lasse mir dann für den Reiseveranstalter eine herzzerreißende Story einfallen, weshalb wir dringend zwei Wochen vorher fahren müssen – natürlich ohne Aufpreis. Alles wird perfekt neu geplant. Fast alles. Denn jetzt raten Sie mal, wen einen Tag vor Antritt der Reise der fiese Virus aus dem Kindergarten erwischt...?