Ist vegan für Kinder gesund?

10 Dinge, die du über vegane Kinderernährung wissen musst

Wer vegan lebt, möchte vielleicht auch sein Kind vegan ernähren. Während viele Experten davon abraten, Kinder rein pflanzlich zu ernähren, halten andere das durchaus für möglich. Wichtig ist, sich mit Ernährung gut auszukennen. 10 Dinge, die du über vegane (Kinder-)Ernährung wissen musst.

Autor: Susanne Neumann
Autor: Petra Fleckenstein

Vollwertige vegane Ernährung: eine kleine Wissenschaft für sich

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Foto: © iStock, Halfpoint

Der Mensch ist evolutionsbiologisch ein Wesen, das grundsätzlich alles verdauen kann. Fisch, Fleisch und Milchprodukte ergänzen einen gesunden Speiseplan aus überwiegend pflanzlichen Lebensmitteln. Zwar liefern fast alles, was wir brauchen, auch Pflanzen, es gibt jedoch Nährstoffe, die unseren Körper besser versorgen, wenn sie aus einem tierischen statt aus einem pflanzlichen Nahrungsmittel stammen. Doch auch, wer sich vegan ernährt, hat dafür meistens gute Gründe. Immer mehr Menschen verzichten ganz auf tierische Lebensmittel wie Fleisch, Fisch, Milchprodukte, Eier und sogar Honig - und fühlen sich wohl dabei. Wer das tut, sollte allerdings ein gutes Ernährungswissen haben.

Welche lebensnotwendigen Kohlehydrate, Proteine, Fette, Mineralstoffe und Vitamine in welchen pflanzlichen Nahrungsmitteln stecken, in welchen Mengen und wie sie zu kombinieren sind, damit der Körper gut versorgt wird, ist schon eine kleine Wissenschaft. Wer aus Überzeugung vegan lebt, will vielleicht auch sein Kind vegan ernähren. Viele Ernährungsexperten halten dies für gesundheitlich bedenklich. Andere, wie zum Beispiel die Ökotrophologin und Buchautorin Edith Gätjen jedoch, halten eine vollwertig vegane Kost (mit Vollkornprodukten und Hülsenfrüchten) auch für Kinder für vertretbar und keinesfalls bedenklicher als zum Beispiel eine so genannte „normale" Kost aus zu vielen tierischen Fetten und Süßigkeiten. Wir haben 10 Dinge für dich zusammengestellt, die du wissen musst, wenn du mit dem Gedanken spielst, dein Kind vegan zu ernähren.

1. Veganer halten eine gut geplante (!) vegane Ernährung für Kinder geeignet und gesund

Veganer sagen: „Eine gut geplante vegane (...) Ernährung ist für jede Lebensphase geeignet, (...) während der Schwangerschaft, Stillzeit, Kindheit und Pubertät“, verkündeten schon vor über zehn Jahren die „American Dietetic Association“ (heute „Academy of Nutrition and Dietetics“) und die „Dietitians of Canada“ in einem gemeinsamen Positionspapier. Auf diesen Satz beziehen sich auch Veganer-Organisationen wie der Verein „Vegane Gesellschaft Deutschland“. Pflanzen und mit wichtigen Nährstoffen angereicherte pflanzliche Lebensmittel lieferten alles, was Kinder brauchen, um sich gesund zu entwickeln. Gerne weisen Veganer darauf hin, dass vegan ernährte Kinder nicht zu gesundheitsschädlichem Übergewicht neigen – so wie immer mehr Kinder, die alles essen.

2. Viele Ernährungswissenschaftler halten vegane Kinderernährung für gefährlich

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hingegen hält eine vegane Ernährung im gesamten Kindesalter für ungeeignet. Sie warnt vor der Gefahr, dass Säuglinge und Kinder ohne tierische Nahrungsmittel nicht genug Energie, Protein, Eisen, Calcium, Jod, Zink, Vitamin B2, Vitamin B12 und Vitamin D bekommen und die Zufuhr langkettiger Omega-3 Fettsäuren ebenfalls zu gering sein könnte. Weil Kinder wachsen und Nährstoffe nicht so gut speichern wie Erwachsene, steige das Risiko für die Entwicklung von Nährstoffmangelzuständen. „Das Risiko bei der veganen Ernährung von Kindern Fehler zu machen ist einfach viel zu groß", glaubt Prof. Mathilde Kersting vom Dortmunder Forschungsinstitut für Kinderernährung (FKE).

3. Studien untermauern weder das eine noch das andere

Den Literaturrecherchen des FKE zufolge gibt es keine aktuellen Studien, die etwas Verlässliches über Nutzen oder Schaden veganer Kinderernährung aussagten. Die wenigen Untersuchungen, die es zum Thema gibt, deuten darauf hin, dass vegan ernährte Kinder statistisch im Durchschnitt kleiner und leichter sind als ihre mit Mischkost ernährten Altersgenossen. Das belegt aber weder, dass sie häufiger krank, noch, dass sie gesünder wären. 

4. Der Kinderarzt und ein Ernährungsberater sollten mit ins Boot

Wenn du dein Kind vegan ernähren willst, solltest du dies auch mit deinem Kinderarzt besprechen, um regelmäßig den Vitamin B12- und den Eisen-Spiegel zu überprüfen. Auch die anfängliche Begleitung durch einen in veganer Ernährung geschulten Ernährungsberater (zu erfragen z.B. über das Institut für alternative und nachhaltige Ernährung „Ifane") empfiehlt sich.

5. Vegane Kinderernährung braucht gut informierte Eltern und Kinder, die (fast) alles mögen.

Vegane Kinderernährung erfordert ein gutes Ernährungswissen der Eltern. Und sie braucht Kinder, die nicht allzu komplizierte Esser sind. Ob sie dies werden, hat aber auch viel mit der Einstellung der Eltern zu tun, glaubt Edith Gätjen. Ein ausgewogener Speiseplan, die Kombination bestimmter Nahrungsmittel und die Gabe von Ergänzungsmitteln (B 12) in Form von Tabletten, Tropfen (B 12) oder künstlich angereicherten Lebensmitteln (um Kalzium angereicherter Pflanzendrink) sind für Veganer besonders wichtig.

6. Getreide mit Hülsenfrüchten kombiniert sichern die Eiweißversorgung

Eiweiße oder Proteine bestehen aus verschiedenen Aminosäuren und gehören neben Kohlehydraten und Fetten zu den Grundbausteinen unserer Nahrung. Es gibt sie auch in Pflanzen, und nicht nur in Soja. Allerdings sind pflanzliche Eiweiße für den menschlichen Körper nicht so optimal verwertbar wie tierische Eiweiße. Veganer müssen Getreideprodukte – am besten Vollkorn - mit Hülsenfrüchten wie Bohnen, Linsen oder Erbsen kombinieren, um ihre Eiweißversorgung aufzuwerten. Das ist allerdings nichts wirklich Neues. Früher, als Fleisch noch nicht zu den täglichen Mahlzeiten gehörte, war diese Kombination auf unseren Tellern selbstverständlich, sagt Ökotrophologin Edith Gätjen.

7. Zur Eisenaufnahme aus Pflanzen benötigen wir Vitamin C

Veganer müssen auf eine ausreichende Eisenzufuhr achten. Denn das Eisen in Pflanzen wird vom Körper weniger gut aufgenommen als das Eisen im Fleisch. Der gemeinsame Verzehr eisenreicher Lebensmittel und Vitamin C-reicher Lebensmittel sorgt für eine verbesserte Eisenaufnahme des Körpers aus pflanzlichen Lebensmitteln.

8. Vitamin B12 als Tabletten, Tropfen, Zahncreme oder Pulver

Vitamin B12 ist vor allem wichtig für den Stoffwechsel und nur in tierischen Nahrungsmitteln vorhanden. Veganer müssen das Vitamin deshalb in Form von Tabletten, Pulvern oder mit Lebensmitteln zu sich nehmen, die künstlich mit Vitamin B12 angereichert wurden. Die von der DGE empfohlene Zufuhr pro Tag für Säuglinge und Kinder verschiedenen Alters findest du im Internet.

9. Algen enthalten die nötige Extraportion Jod

Die Versorgung mit Jod ist auch bei Mischkost nicht immer gesichert. Handelsübliches jodiertes Speisesalz deckt nur einen Teil unseres Jodbedarfs. Die Dosierung im Jodsalz ist darauf abgestimmt, dass auch Milch und Fisch mit ihrem jeweiligen Jodgehalt auf dem Speiseplan stehen. Allerdings gibt es aber auch viele Nicht-Veganer, die keinen Fisch essen. Und gerade im Seefisch steckt viel Jod. Aber auch Veganer oder Fisch-Verächter können Jod aus dem Meer bekommen: Algen und Seetang haben so viel davon, dass vor übermäßigem Verzehr sogar gewarnt wird. Daher empfiehlt Edith Gätjen die Nori-Alge, da bei dieser Algen-Art nicht die Gefahr einer Überdosierung von Jod besteht.

10: Kalzium liefern bestimmte Gemüse und Mineralwasser

Gesunde Knochen und Zähne brauchen Kalzium. Der Mineralstoff ist das Baumaterial für die Knochen und wird vor allem im Wachstum in hohen Mengen gebraucht - zusammen mit Vitamin D, das die Kalzium-Aufnahme im Körper unterstützt. In einer gesunden Kinderernährung aus Mischkost liefern Milch und Milchprodukte etwa die Hälfte des Kalzium-Bedarfs, sagt Prof. Kersting. Bei einem kompletten Verzicht auf Milch und Milchprodukte ist daher die gezielte Auswahl und Zusammenstellung von alternativen, kalziumreichen Lebensmitteln wichtig. Dazu gehören Gemüse wie Brokkoli und Fenchel, außerdem Nüsse und Samen (als Mandelmus verfügbar) sowie kalziumreiche Mineralwasser (Kalziumgehalt über 500 mg/L).