Mein Frauenarzt: Wie erkenne ich den Richtigen?
Gynäkologen kennen die intimsten Bereiche einer Frau und erfahren oft auch von privaten Nöten. Besonders bedeutsam sind Frauenärzte während der Schwangerschaft. Wie findet "frau" den Arzt/die Ärztin, die gut zu ihr passt?
Wie findet man den "Richtigen"?
Wer auf der Suche nach einer Frauenärztin oder einem Frauenarzt ist, kann zunächst das Internet zu Rate ziehen. Viele Ärzte wurden dort bereits von Patientinnen bewertet, was erste Anhaltspunkte gibt. Oft läuft die Suche aber auch über Empfehlungen von Nachbarinnen, Kolleginnen oder Freundinnen. "Eine Kollegin empfahl mir ihren Gynäkologen. Der machte mir beim ersten Termin Komplimente über meine Figur. Das fand ich daneben - ich ziehe mich doch da nicht aus, damit er mein Aussehen bewertet!", findet Susanne Dombrowski* aus Wuppertal. "Eine andere Kollegin empfahl mir dann ihre Ärztin, zu der ich jetzt seit Jahren gehe." Oft also sind bei der Suche mehrere Anläufe nötig. Und weil das Verhältnis zum Frauenarzt viel Vertrauen braucht, sollte eine Frau ruhig anspruchsvoll sein bei ihren Auswahlkriterien:
Ist der Arzt fachlich gut?
Auch hier kann das Internet weitere Hinweise geben. Hat eine Praxis eine Homepage, erfährt man, welche Leistungen der Arzt anbietet und ob er vielleicht Zusatzqualifikationen hat, wie Naturheilverfahren, Akupunktur, Psychotherapie, Sexualmedizin oder Homöopathie. Wer den Namen des Arztes googelt, sieht außerdem oft, ob er oder sie sich zusätzlich engagiert: vielleicht Fortbildungen oder Vorlesungen hält, ein Ehrenamt in einer Ärzteorganisation hat, oder an einem Forschungsprojekt beteiligt ist.
Einen persönlicheren Eindruck vermittelt dann ein erster Anruf in der Praxis. Hier kann frau ein paar Fragen stellen, wie etwa: "Wie alt ist eigentlich Ihr Ultraschallgerät?" Gut auflösend ist eines, das erst wenige Jahre alt ist. 15 oder 20 Jahre alte Geräte dagegen sind veraltet. Fragen kann man auch, ob in der Praxis Brust-Ultraschall angeboten wird. Wer noch in der Familienplanung steckt, kann sich erkundigen, ob der Arzt eine Zulassung für den Doppler- und Organultraschall in der Schwangerschaft hat.
Ist man dann in der Sprechstunde, sollten Ärztin oder Arzt immer erklären, was sie gerade machen. Sie müssen Fragen geduldig beantworten und bei Problemen (Regelschmerzen, Zyklusprobleme, Unzufriedenheit mit der Pille) möglichst mehrere Alternativen aufzeigen. Bei ernsthaften Erkrankungen oder wenn eine Frau nicht sicher ist, ob sie sich operieren lassen soll, akzeptiert ein guter Arzt es, dass sie eine weitere Meinung einholt. Er gibt problemlos eine Überweisung zu einem Klinikarzt oder befürwortet, dass sie einen anderen niedergelassenen Kollegen befragt.
Mein Frauenarzt: Die Chemie muss stimmen
Doch Fachkompetenz ist nicht alles. "Mein Frauenarzt muss mir in allererster Linie sympathisch sein. Wenn ich mit ihr/ihm scherzen kann, dann ist mir das sehr viel wert, weil es diese unangenehme Situation auflockert. Und wenn sie/er dann auch wirklich zuhört, wenn ich etwas habe, dann bin ich ganz glücklich", sagt eine Forums-Userin. Bei der Wahl redet also das Bauchgefühl mit: Wirken Ärztin oder Arzt kühl und geschäftsmäßig, oder offen und einfühlsam? Auch das Team um den Arzt herum ist nicht egal: Wie die Mitarbeiterinnen sich benehmen, sagt viel über Chefin oder Chef aus, denn sie oder er ist für ein gutes Betriebsklima verantwortlich.
Respekt vor Schamgrenzen
Wichtig ist vielen Frauen auch, dass der Arzt nicht durch Telefonklingeln oder hereinplatzende Mitarbeiterinnen gestört wird. "Mein früherer Arzt hatte keine richtigen Untersuchungs- und Sprechzimmer sondern nur Vorhänge. Ständig sind die Helferinnen an einem vorbei gehuscht, das fand ich schrecklich", berichtet die dreifache Mutter Jana*. Optimal ist es, wenn der Arzt nur zwischen den einzelnen Patientinnen angesprochen werden darf.
"Bei meiner vorigen Ärztin herrschte Fließbandbetrieb. Man saß noch vor der Begrüßung 'unten ohne' in einer Wartekabine und wurde dann gleich auf den Untersuchungsstuhl geschickt", klagt eine Frau in einem Forum. Zu Recht, denn es ist eine Frage von Höflichkeit und Respekt, dass ein Arzt eine Frau immer zunächst im Sprechzimmer, und wenn sie noch angekleidet ist, begrüßt.
Lieber zu einem Mann oder einer Frau?
"Wenn die Chemie stimmt und das Fachliche okay ist, dann ist es mir egal, ob Mann oder Frau", sagt eine Internet-Userin. Andere Frauen polarisiert die Geschlechterfrage durchaus. "Es muss eine Frau sein!", sagt eine energisch, und eine weitere pflichtet ihr bei: "Ich bin bei einer Frauenärztin. Denn mein 'da unten' gehört mir und meinem Freund. Da lasse ich keinen anderen Mann ran, auch wenn er Arzt ist." Umgekehrt bevorzugen manche männliche Ärzte. "Frauen waren mir oft zu ruppig. Mein jetziger Arzt hat mehr Einfühlungsvermögen und Zeit", erzählt eine von ihnen.
Lange Wartezeit - nicht immer ein Ausschlusskriterium
Beim Kriterium Wartezeiten ist entscheidend, ob auch längeres Warten einleuchtet: "Bei meinem Arzt muss man zwar oft eine Stunde warten. Ich akzeptiere das aber, denn er nimmt sich viel Zeit für jede Patientin, auch für mich", erzählt eine Frau in einem Online-Forum. Wartet man aber regelmäßig anderthalb Stunden, um dann schlappe zehn Minuten beim Arzt zu verbringen, werden die Termine aus wirtschaftlichen Gründen zu dicht gelegt.
Ähnliches gilt fürs Warten auf einen Termin. "Meine frühere Frauenärztin war eigentlich toll. Aber Termine waren immer nur mit wahnsinnig viel Vorlaufzeit zu bekommen. In meiner Schwangerschaft sollte ich den ersten Termin in der 16. Schwangerschaftswoche bekommen", berichtet eine Userin, die deshalb wechselte. Gut angeleitete Mitarbeiterinnen sind bei der Terminvergabe flexibel: Wer nur zur Krebsvorsorge will, kann länger warten als eine Frau, die gerade einen positiven Schwangerschaftstest hat, ihre Pille nicht verträgt, Blutungsauffälligkeiten oder andere Beschwerden hat.
Preise vergleichen lohnt
Interessant ist auch, wie ein Arzt gewisse Spielräume nutzt. Wünscht eine Frau sich etwa wegen unklarer Beschwerden (in der Schwangerschaft oder außerhalb) einen zusätzlichen Ultraschall, hängt es vom Arzt ab, ob sie den selbst bezahlen muss. Besteht nur die Frau auf der Untersuchung, übernimmt die Kasse die Kosten nicht. Schreibt der Arzt dagegen auf, dass der Ultraschall zur Abklärung nötig war, bezahlt ihn die Krankenkasse. Manche Ärzte sind bei dieser Ermessensentscheidung großzügiger als andere.
Der reine Vorsorgeultraschall von Brust oder Vagina muss immer selbst bezahlt werden, und hier gibt es große Preisunterschiede. Ebenso beim Schwangerschaftsultraschall (sofern man mehr als die drei regulären plus das Organ-Screening möchte), beim 3-D-Ultraschall oder auch beim neuartigen Krebsvorsorge-Abstrich per Dünnschichtzytologie ("ThinPrep"). Zur Orientierung kann man in mehreren Praxen die Preise telefonisch erfragen.
Selbstzahler-Leistungen - welche sind sinnvoll?
Bei vielen Selbstzahler-Leistungen ist es außerdem schwer zu entscheiden, welche sinnvoll sind. Weil niedergelassene Ärzte auch wirtschaftlich denken, sind nicht alle ihre Empfehlungen bei den sog. Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) uneigennützig. "Ich hatte einen Krebsvorsorge-Abstrich des Typs Pap 2w. Der bedeutet, dass der Abstrich nach einigen Monaten wiederholt werden muss. Meine Ärztin riet mir zu einer Spritzentherapie für über 400 EUR, die angeblich das Immunsystem stärkt. Ich habe dann einen zweiten Frauenarzt befragt, der die Spritzen überflüssig fand. Und bei der nächsten Kontrolle war mein Abstrich von selbst wieder normal", erzählt Anne Reinhold* aus Bonn. Hinweise darauf, ob Angebote hilfreich sind, gibt der "IGeL-Monitor" des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS).
Unterstützung bei Babywunsch
Eine Frau, die länger als ein Jahr vergeblich versucht, schwanger zu werden, sollte ihrem Arzt den Kinderwunsch anvertrauen. Eine Hormonbestimmung per Blutabnahme, die Follikelkontrolle mit Ultraschall oder auch der Einsatz des eisprungauslösenden Wirkstoffs Clomifen sind nach einem Jahr Wartezeit aufs Baby Kassenleistungen. Wenn ihr Arzt diese dagegen privat abrechnen will (weil er dann einen höheren Satz als den einfachen Kassensatz erzielt), sollte frau über einen Wechsel nachdenken.
Stellt der Arzt bei ersten Untersuchungen nichts fest oder helfen erste Maßnahmen nicht, kann eine Frau um Überweisung in eine Kinderwunschpraxis bitten. Hier ist eine feinere, umfangreichere Ursachenforschung und Behandlung möglich. Eine Überweisung dorthin sollte man auch erbitten, wenn der Gynäkologe auch nach Ablauf eines Jahres nur vertröstet, ohne nach Ursachen für die ausbleibende Schwangerschaft zu suchen.
Was wünscht sich der Frauenarzt?
Doch auch Gynäkologen haben ein paar Wünsche. "Ich wünsche mir vor allem Offenheit von meinen Patientinnen", sagt Gynäkologe Dr. med. Patrick Hirsch aus Unna im urbia-Gespräch. "Wenn es Probleme in der Praxis oder mit der Behandlung gibt, freue ich mich wirklich, wenn mir eine Frau das auch sagt." Zum Beispiel habe er ein Aufwärmgerät für das Ultraschall-Gel angeschafft, weil die Patientinnen das kalte Gel so unangenehm fanden. Auch wünsche er sich mehr Verständnis bei Wartezeiten. "Wenn eine Frau sich hier beschwert, entschuldige ich mich immer zuerst, erkläre aber auch, dass es passieren kann, dass eine Patientin aus akutem Anlass mal eine Stunde bei mir ist."
*Name geändert