Meinen die das so?

Hilfe, mein Teenager ist total respektlos!

Schon bevor die eigentliche Pubertät losgeht werfen uns unsere Kinder manchmal Sätze an den Kopf, die sprachlos machen. Warum der Ton deines Kindes in diesen Jahren schärfer wird, und wie du am besten reagierst, bevor das Verhalten für dich zum Problem wird!

Autor: Gabriele Möller

Ist das wirklich noch mein Kind?

Teenager-Teaser
Foto: © Colourbox

„Das find' ich so schei... von dir, Mama!", „Boah, Papa, du müsstest dich mal reden hören!" Wenn der Nachwuchs dir so einen Satz an den Kopf wirft, fragst du dich vielleicht: Ist das wirklich noch mein Kind? Bisher wart ihr euch doch noch so nah, Tochter oder Sohn wollten oft noch kuscheln, sich trösten lassen, haben dir alles anvertraut. Was ist bloß passiert?

Wenn der Ton deines Kind sich mit zehn oder elf Jahren plötzlich verändert, wirft meist die Pubertät ihre Schatten voraus. Manche Mädchen und Jungen erleben heute schon im Grundschulalter die sog. Vorpubertät, bei der erste Geschlechtshormone gebildet werden, noch bevor man größere körperliche Veränderungen sieht. Kein Wunder, dass Kinder jetzt mit Gefühlsverwirrung reagieren, oder ihre Stimmung schneller ins Aggressive kippt. Und das wird natürlich nicht unbedingt besser, wenn sie erst richtig in der Pubertät angekommen sind.

Wie du typische und besonders explosive Situationen in diesen Jahren am besten löst:

Tränen beim kleinsten Anlass - typisch Pubertät!

Die explosive Situation: Deine zwölfjährige Tochter steht weinend vor dem offenen Kühlschrank. Ursache ihrer Verzweiflung: Die Packung mit den Milchschnitten ist leer! Unter Tränen keift sie dich an, wieso du keine neuen gekauft hast.

Was dein Kind jetzt fühlt: Der emotionale Boden unter den Füßen deines Kindes ist in der Pubertät besonders wackelig. Denn die Hormone wirken auch auf die Psyche und lösen Stimmungslagen aus, die für uns Eltern oft übertrieben wirken. Schon kleine Enttäuschungen können aber jetzt eine Talfahrt der Gefühle auslösen.

Die beste Reaktion: Die spontane Reaktion wäre sicher, deinem Kind leicht gereizt zu erklären, dass es Unsinn ist, wegen so einer Kleinigkeit zu weinen. Doch das wird die emotionalen Wogen nicht glätten. Dein Kind ist - sagen wir, etwa zur Hälfte - auch noch Kind. Und dieses Kind will einfach nur getröstet werden, so wie früher, wenn es sich mal das Knie aufgeschlagen hat. Ein paar mitfühlende Worte und eine Umarmung lösen die Situation daher am besten auf! 

Wenn Teenager die Eltern beschimpfen

Die explosive Situation: Dein Sohn ist auf eine Party eingeladen und möchte dort übernachten. Aber weil er erst 14 ist, bestehst du darauf, ihn lieber um 22 Uhr abzuholen. Sofort explodiert er: „Du bist doch total lächerlich! Du bist echt sowas von daneben!"

Was dein Kind jetzt fühlt ...ist dir eigentlich fast egal, so sauer bist du. Ganz normal, denn niemanden lässt so eine verbale Attacke kalt. Doch dein angehender Teenager kann auf eine herbe Enttäuschung noch nicht adäquat reagieren. Seine Emotionen neigen zur Entgleisung - und zwar ohne Vorwarnung auch für ihn selbst. Seine Anwürfe sind daher nicht so persönlich gemeint, wie sie klingen.

Die beste Reaktion: Gib nicht dem Impuls nach, zurück zu schreien. Atme tief durch und sage, dass du verstehst, dass dein Teen enttäuscht ist. Dass du aber erst über die Sache sprechen willst, wenn er wieder normal mit dir redet. Fachleute raten: Eltern sollten zwar immer auf Augenhöhe mit ihrem Teenager diskutieren - aber erst, wenn dessen Tonfall akzeptabel ist. Wichtig ist auch, dass du dein Kind lobst, wenn es gelungen kommuniziert hat, also trotz Frust einen halbwegs freundlichen Ton findet.

Kommt es aber ständig wieder zum Streit und hast du das Gefühl, deinen Teenager überhaupt nicht mehr zu erreichen, kann es helfen, einen Verwandten um Vermittlung zu bitten (Opa, Patentante usw.).

Hilfe, mein Teenager stellt unverschämte Forderungen!

Die Situation: Obwohl ihr nicht im Geld schwimmt, möchte deine 16-jährige Tochter nur noch Designer-Outfits kaufen, oder das neueste iPhone haben. Auf deinen Hinweis, dass du dafür nicht so viel Geld auszugeben willst oder kannst, wird sie aggressiv: „Alle haben das jetzt! Ihr gebt doch auch Geld für überflüssige Sachen aus!"

Was dein Kind jetzt fühlt: Forscher beobachten, dass Teenager heute dazu neigen, ihre Unsicherheit hinter einem perfekten Äußeren oder teurem Equipment zu verstecken: Das neueste Smartphone oder Edelmarken bei der Kleidung wirken wie ein Schutzwall und geben in der Gruppe ein Gefühl der Sicherheit.

Die beste Reaktion: Vermeide Vorwürfe an die Adresse des Teens wonach er wohl glaubt, ihr hättet im Lotto gewonnen. Reagiere auch nicht sarkastisch oder höhnisch auf seine Forderungen. Rechtfertige dich aber auch nicht, was deinen eigenen Konsum angeht. Stelle deinen Standpunkt souverän dar: Erkläre, wo du und dein Partner auch gut aufs Geld und seinen Gegenwert achtet. Rege dein Kind an, sich teure Extras durch Nachhilfe, Babysitten, einen Ferienjob oder Gartenarbeit bei Nachbarn zu verdienen.

„Motzen“ bei Pubertierenden - am besten ignorieren!

Die Situation: Du bittest deinen elfjährigen Sohn, den Wäscheberg vom Fußboden seines Zimmers in den Wäschekorb zu geben. Er verdreht die Augen und murmelt im Weggehen hörbar vor sich hin, wie nervig er dich findet, und wie sehr du ihm auf den Geist gehst.

Was dein Kind jetzt fühlt: Er weiß eigentlich genau, dass du mit deiner Forderung Recht hast. Deshalb geht er nicht offen in die Konfrontation. Diesen indirekten Widerstand bezeichnen Psychologen als „passive Aggression", und die ist in diesem Alter besonders verbreitet.

Die beste Reaktion: Gar keine! Erlaube dem Nachwuchs sein Grummeln, sofern er deiner Bitte trotzdem nachkommt. Auf sein Schulterzucken, Augenverdrehen oder Meckern einzugehen, würde nur zum offenen (und ganz unnötigen) Konflikt führen!

Mama, du nervst!

Die Situation: Eigentlich verstehst du dich gut mit deinem Kind. Ab und zu rutschen ihm aber Sätze heraus, die dir ziemlich aufstoßen: „Mama, jetzt geh' doch endlich mal!", „Papa, siehst du nicht, dass du nervst?"

Was dein Kind jetzt fühlt: Der Wunsch, sich von den Eltern abzugrenzen, wird mit Einsetzen der Pubertät stärker. Eltern werden jetzt auch leichter als störend empfunden, wenn man gerade mit etwas beschäftigt ist, oder Freunde anwesend sind. Außerdem ist die emotionale Wetterlage bei (Pré-)Teens generell weniger stabil, und die Frustrationstoleranz niedriger. All dies führt dazu, dass unfreundliche Sätze ihnen manchmal eher passieren, als dass sie in böser Absicht sagen.

Die beste Reaktion: Frage den Nachwuchs, ob er seine Bemerkung wirklich so unfreundlich gemeint hat, wie sie bei dir angekommen ist. Oft ist dies nämlich gar nicht der Fall! Sondern das Kind ist eher überrascht über die Wirkung seiner unbedachten Äußerung. Auch eine humorvolle Bemerkung kann die Situation entschärfen - und dem Kind zugleich trotzdem zeigen, dass es übers Ziel hinausgeschossen ist.

Wenn der Teen viel über andere lästert

Die Situation: Du bekommst mit, dass deine Tochter mit ihren Freundinnen immer wieder extrem abwertend über ein Mädchen aus ihrer Klasse spricht. Sie machen sich lustig über die Kleidung des Mädchens, über ihr Aussehen, über die Art, wie sie redet. Ihr Tonfall erschreckt dich, denn er klingt ziemlich bösartig.

Was dein Kind jetzt fühlt: Teenager erliegen leicht der Versuchung, sich selbst aufwerten zu wollen, indem sie andere abwerten. Gemeinsam „abzulästern" kann für kurze Zeit die eigene Unsicherheit überdecken. Doch das eigene Selbstwertgefühl auf diese Weise aufbauen zu wollen, ist eine Sackgasse - und außerdem schädlich für das Opfer.

Wie du optimal reagierst: mit Klartext! Erläutere deinem Kind, dass es ein Zeichen von Schwäche ist, wenn man Andere (auch in den sozialen Medien) schlecht machen muss, um sich selbst dabei gut zu fühlen. Und dass dies beim Betroffenen manchmal schlimme Folgen hat. Sei aber auch selbst Vorbild und verzichte auf abwertenden „Klatsch" über Bekannte oder Nachbarn.

Wenn Jugendliche gewalttägig werden

Die Situation: Dein 16-jähriger Sohn hat Freunde, die nicht gut für ihn sind. Er kommt häufiger angetrunken nach Hause, oder spricht neuerdings aggressiv und respektlos mit dir. Als du schimpfst, schubst er dich heftig zur Seite und rennt hinaus. In seinem Zimmer tritt er so heftig gegen den Schrank, dass das Holz nachgibt.

Was dein Kind jetzt fühlt: Zwar ist es normal, wenn ein Jugendlicher mal schreit oder eine Tür zuknallt. Wenn dein Kind aber jede Selbstkontrolle verliert und (direkt oder indirekt) gewalttägig wird, braucht es Grenzen - und die Familie manchmal Rat und Hilfe.

Die beste Reaktion: Warte, bis sich dein Teen beruhigt hat. Sage ihm gemeinsam mit deinem Partner, dass ihr seine Wut versteht. Dass ihr aber Gewaltausbrüche auf gar keinen Fall akzeptiert. Besprecht, wie er auf Frust reagieren kann, ohne die Familienregel „Keine Gewalt, keine Beleidigungen!" zu verletzen. Ihr könnt auch eine Konsequenz für den Wiederholungsfall ankündigen. Bleibt das Problem bestehen, nutze aber unbedingt eine Erziehungsberatung (Caritas, Diakonie oder Kinderschutzbund)!