Strenge Eltern, schlechte Noten?
Tiger-Moms und Helikopter-Eltern aufgepasst: Eine zu strenge Erziehung und strikte Regeln wirken sich negativ auf die Schulleistung und das Selbstbewusstsein aus. So das Ergebnis einer amerikanischen Langzeitstudie. Wir geben Tipps, was ihr dagegen für eine gute Lernatmosphäre tun könnt.
US-Studie: Strenge Erziehung führt zu Schulversagen
Als ob wir es nicht längst geahnt, wenn nicht gleich gewusst hätten: Eine besonders strenge Erziehung ist kein Garant für besonders gute Leistungen. Im Gegenteil. Eine harte Linie mit Anschreien, Androhen von Strafen und schlimmstenfalls Schlagen führt oft sogar direkt zum Versagen in der Schule. Das haben Forscher der Universität Pittsburgh in einer Langzeitstudie herausgefunden, für die sie über 1.000 Jugendliche zwischen zwölf und 21 Jahren über mehrere Jahre begleitet haben. Kinder, die mit strenger Hand erzogen werden, orientierten sich nach den Untersuchungsergebnissen der Forscher um die Entwicklungspsychologin Rochelle Hentges später deutlich mehr an ihren Freunden, als an den Eltern. Gezieltes Regelbrechen inklusive – um so auf sich aufmerksam zu machen und die Clique zu beeindrucken. Streng erzogene Jungen wurden demnach eher kriminell, streng erzogene Mädchen früher sexuell aktiv. Das wiederum beeinflusse den Schulerfolg und führe zu höheren Abbruchraten, so die Forscher. Die Ergebnisse der Studie könnt ihr im Fachmagazin „Child Development" lesen – auf Englisch und nach kostenpflichtiger Registrierung.
Motivation ist Schlüssel zum Erfolg
Dabei unterstellen die Forscher den Eltern keineswegs schlechte Absichten. Im Gegenteil: Härte, Drill und Disziplin gelten nicht nur unter chinesischen Tiger-Moms, sondern eben auch unter bildungsbewussten amerikanischen Vätern und Mütter als beste Voraussetzungen für gute Schulnoten und den darauf aufbauenden beruflichen Erfolg. Doch auch die so genannten Helikopter-Eltern üben mit ihrem Förderwahn, Regelwerk und Kontrollzwang letztlich auch einen hohen Leistungsdruck aus, selbst wenn der nicht von Herumschreien oder Strafen begleitet ist. „Der eigentliche Schlüssel zum Erfolg ist aber die Motivation von Kindern und nicht deren Bestrafung, wenn es mal nicht so gut läuft", betont Elke Wild, Professorin für Pädagogische Psychologie an der Universität Bielefeld im Resümee ihrer mit Judith Gerber publizierten Studie über das Lernverhalten von Viert- bis Siebtklässlern. Das gelte vor allem für Schüler, die Probleme mit dem Lernen haben. Statt Kindern Vorwürfe zu machen oder über ihren Kopf hinweg Entscheidungen zu treffen, rät die Erziehungsexpertin den Eltern: „Versuchen Sie, mit den Lehrern und ihrem Kind gemeinsam Lösungsstrategien zu finden. Achten Sie auf kurzfristige und erreichbare Ziele und darauf, die Talente Ihres Kindes weder zu über-, noch zu unterschätzen."
Streng erzogen: Demütigung wirkt bis heute
Welchen Schaden zu strenge Eltern mit Vorwürfen und Drohungen auf Dauer bei ihren Kindern anrichten können, davon erzählen Userinnen im urbia-Forum Kids & Schule. So wie „faltblatt": „Meiner Mutter war nichts gut genug. Nur 1er haben gezählt. Die habe ich fast nie geschafft – und wenn, dann nach ihrer Meinung im falschen Fach. Sie hat mir prophezeit, dass ich mal Klos putzen gehe, wenn ich mich nicht anstrenge. Den Knacks habe ich noch heute, dass ich mich schlecht fühle, wenn was nicht perfekt läuft."
Erziehung: Kinder akzeptieren und anerkennen
Okay, wir haben verstanden: Zu viel Strenge und Kontrolle sind kontraproduktiv. Stattdessen sollen wir unsere Kinder motivieren, ihre Fähigkeiten richtig einschätzen lernen und sie unterstützen, wenn es nötig ist. Dann klappt's (besser) in der Schule und später im Berufsleben sowieso. Das klingt einfach und ist doch so schwer. Die Kunst der Erziehung liegt dabei für Eltern darin, dass sie ihre Autorität deutlich machen, ohne dabei autoritär zu sein. So oder ähnlich lesen wir es nicht nur in den Büchern von Klaus Hurrelmann. Der Erziehungswissenschaftler und Autor vieler Fach- und Ratgeberbücher über Kinder und Erziehung weiß um die Unsicherheit vieler Eltern und bringt seine Empfehlung in einem Interview mit dem WDR anlässlich der Veröffentlichung der US-Studie auf die Formel. „Es gibt diese entscheidenden „A's" in der Erziehung: Ein Kind akzeptieren, wie es ist. Anerkennen, was es schon alles kann. Und ihm Anleitungen und Anregungen geben, damit es sich entwickeln kann."
Besser lernen: Tipps für ein gutes Lernklima
Doch was tun, wenn ein Kind sich weigert oder nicht einsieht, Hausaufgaben zu machen, Vokabeln zu pauken oder für eine anstehende Klassenarbeit zu lernen? Nicht nur die Userinnen im urbia-Forum Kids & Schule raten dann, Hilfe anzubieten aber sich nicht aufzudrängen – und das Kind seine eigenen Erfahrungen und Fehler machen zu lassen, wie es „hustinetten" sieht: „Als meine Tochter mal eine Drei in der Mathearbeit geschrieben hat, war sie so schockiert, dass sie seither freiwillig lernt und auch um Hilfe bittet, wenn sie alleine nicht weiterkommt."
Vier Tipps für gutes und eigenständiges Lernen
- Soll ich bei den Hausaufgaben helfen? Nur im Notfall, z.B. wenn ein Kind ernsthafte Probleme hat, die Aufgaben zu bewältigen. Ein Gespräch mit dem Lehrer hilft, vielleicht braucht das Kind auch professionelle Hilfe. Ansonsten gilt: Ermutigt euer Kind, eigenständig Lösungswege zu finden und die Hausaufgaben nicht so zu machen, wie ihr es für richtig haltet
- Wie sorge ich für eine gute Lernatmosphäre? Ablenkungen vermeiden, wie herumliegendes Spielzeug, ein voller Schreibtisch oder lärmende Geschwister. Interessiert euch für seine Schulbelange – ohne dass ihr gleich selbst Experten werden wollt. Tröstet es und spornt es an, Probleme selbstständig zu überwinden
- Wie fördere ich die Lernmotivation? Auf keinen Fall durch in Aussicht gestellte Belohnungen oder Bestrafungen. Stattdessen besser die eigene Motivation des Kindes fördern. Indem es z.B. die Hausaufgaben gemeinsam mit einem Freund macht oder versteht, dass Lateinvokabel pauken wichtig ist, weil es später Archäologin werden möchte
- Wie bekommt das Lernen Struktur? Euer Kind sollte alle Hausaufgaben und Termine für Klassenarbeiten und Tests in ein eigenes Heft eintragen – und zwar, wann die die Aufgabe aufgegeben wurde und wann sie fertig sein muss. Erledigtes kann es sprichwörtlich abhaken. Mit jüngeren Kindern könnt ihr besprechen, wann es am besten welche Aufgabe erledigt