Ist dein Haushalt kindersicher?
Es sterben mehr Kinder an Unfallfolgen als an Krankheiten. Die meisten Kinder verunglücken dabei nicht auf der Straße, sondern im Wohnbereich oder vor der Tür.
Tipps für einen kindersicheren Haushalt
"Messer, Schere, Gabel, Licht sind für kleine Kinder nicht!"
Die alte Weisheit stimmt leider noch immer, denn in jedem Haushalt lauern "Unfallteufel", "Hitzeteufel" oder gar "Giftteufel". Aus spielerischer Idylle wird schnell eine bedrohliche Situation: Babys Sturz vom Wickeltisch ist der Albtraum vieler Eltern.
Nicht zu Unrecht, denn jährlich erleiden zwei Millionen Kinder in Deutschland einen Unfall. Es sterben mehr Kinder an Unfallfolgen als an Krankheiten. Die meisten Kinder verunglücken dabei nicht auf der Straße, sondern im Wohnbereich oder direkt vor der Haustür. Bei Kindern gehören Stürze zu den häufigsten Unfallursachen:
- Säuglinge fallen von der Wickelkommode, aus Tragetaschen, Bettchen und Kinderwagen, stürzen mit Hochstuhl oder "Gehfrei".
- Kleinkinder stürzen auf Treppen, vom Sessel, aus dem Hochbett, vom Schrank, mit dem Fernseher oder gegen Heizkörper.
- Schulkinder stürzen beim Ballspielen, beim Klettern auf Bäumen, von Mauern, Geländern und beim Radfahren.
Neben Stürzen sind Verbrennungen und Verbrühungen eine große Gefahr. Vor allem Herd und Grill spielen dabei oft den "Hitzeteufel". Und auch Vergiftungen mit Haushaltschemikalien und Lampenölen passieren immer noch viel zu viele. Als Unfallfolgen erleiden Kinder Gehirnerschütterungen, Knochenbrüche, Brandverletzungen, Verätzungen oder kommen sogar ums Leben.
Viele Kinderunfälle rühren daher, dass Kinder ein geringeres Gefahrenbewusstsein haben und langsamer reagieren als Erwachsene.
Trotzdem glauben Sicherheitsexperten, dass mehr als die Hälfte dieser Unfälle durch entsprechende Vorsichtsmaßnahmen zu vermeiden wären: Wenn Eltern häufiger den "Sicherheitsengel" spielen, dann müssen Unfälle nicht Schicksal sein.
Sicherheits-Check für den Haushalt
Die meisten Unfallgefahren lassen sich mit relativ wenig Aufwand aus dem Weg räumen. Sobald Nachwuchs angekommen ist, sollten Eltern sich die Wohnung einmal unter Sicherheitsaspekten betrachten und kindersicher ausrüsten. Entsprechende Produkte sind im Fachhandel erhältlich. Mache selbst den Sicherheits-Check zu Hause:
- Alle Steckdosen mit Kindersicherung versehen.
- Medikamente, Haushaltschemikalien, Zigaretten und Alkohol kindersicher aufbewahren (verschlossen oder höher als 160 cm).
- Bücherwände, Regale, Fernseher gegen Umstürzen sichern.
- Schubladen, Schranktüren und Fenster mit Sicherheitsriegeln versehen.
- Treppengitter, Herdschutzgitter, Backofen-Sicherung anbringen.
- Rauchmelder installieren.
- keine Tischdecken benutzen, Teppiche mit Gleitschutz versehen.
Für Babys Sicherheit
Lasse dein Baby beim Wickeln keinen Moment alleine auf dem Wickeltisch liegen. Schon vor dem Wickeln kannst du alles bereit legen. Sehr lebhafte Kinder müssen notfalls auf dem Boden gewickelt werden.
In den ersten Lebensmonaten darf wegen Erstickungsgefahr kein Kopfkissen benutzt werden - eine gefaltete Stoffwindel genügt als Unterlage, später ein flaches hartes Kopfkissen. Ein Strampelsack ist besser als eine Decke und kann nicht über den Kopf rutschen.
Vorsicht mit Bändern und Schnüren: Wegen Strangulierungsgefahr keine Kinderjäckchen mit Bändchen verwenden.
Schnullerketten müssen kürzer als der Halsumfang sein. Um beim Baden Verbrühungen zu vermeiden, sind unbedingt Mischbatterien mit Temperaturbegrenzern zu empfehlen.
Sicherheit für Krabbelkinder
Spätestens wenn Kleinkinder mit dem Krabbeln beginnen, ist fast nichts mehr vor ihrem "Entdeckungsdrang" sicher. Deshalb müssen Medikamente, Putzmittel, Duftöle und Reinigungsmittel weggeschlossen werden, Pflanzen hochgestellt, Zigaretten und Plastiktüten kindersicher verwahrt werden.
Jetzt sollte auch das Gitterbett die Wiege ersetzen (Gitterstäbe maximal 7,5 cm Abstand). Frei stehende Regale müssen mit der Wand verschraubt sein und in jede Steckdose gehört eine Kindersicherung zum Einkleben oder Einstecken. Scharfe Ecken und Kanten in Kinderkopf-Höhe lassen sich mit Eckenschützern oder Schaumstoff abpolstern.
Damit Kinder sich nicht einsperren, entfernt man am besten alle Schlüssel aus den Zimmertüren. Laufstall und Kindergitter für Türen und Treppen können die Kinderaufsicht sehr erleichtern, bewahren vor dem Sturz aus dem Fenster oder über Treppen und halten von gefährlichen Ausflügen ab.
So genannte Lauflernhilfen ("Gehfrei") sind dagegen nicht nur überflüssig, sondern gefährlich: Vor allem im Alter zwischen sieben und 14 Monaten stürzen damit viele Kinder die Treppe hinunter. Dabei kommt es häufig zu lebensgefährlichen Schädelhirntraumen oder Schädelfrakturen. Deshalb unbedingt auf Lauflernhilfen verzichten!
Für den Fall, dass dein Kind einmal etwas Giftiges in den Mund nimmt, ist es sinnvoll, stets zwei Medikamente im Haus zu haben: medizinische Kohle (um Gifte zu binden) und medizinischen Entschäumer für den Fall, dass der Nachwuchs Spülmittel oder Shampoo trinkt. Die Nummern der Giftinformationszentralen hängen am besten neben dem Telefon.
Gefährliche Küche
Die Küche ist für die meisten Kinder besonders interessant, aber auch voller "Gefahren-Teufel". Schubladen und Schränke, in denen Messer oder zerbrechliche Gegenstände sind, werden am besten mit Sicherheitsriegeln versehen. Damit das kleine Kind trotzdem tüchtig Aus- und Einräumen kann, läßt man am besten einen Schrankteil mit ungefährlichen Plastikgegenständen zum Erkunden offen.
Beim Herd verhindern moderne Backöfen, dass die Backofentür heißer als 40 Grad wird. Spezielle Herdschutzgitter sorgen dafür, dass Töpfe mit heißen Flüssigkeiten nicht von der Kochplatte gezogen werden. Grundsätzlich sollte man sich angewöhnen, beim Kochen die Stiele von Töpfen und Pfannen nach hinten zu drehen. Auch am Tisch heißt es: Vorsicht mit heißen Flüssigkeiten. Deshalb wird in Kinderhaushalten auf Tischdecken besser verzichtet. Allzu schnell werden sie mitsamt heißen Gerichten heruntergezogen.
Feuer- und Stromteufel
Offenes Feuer übt auf Kinder eine besondere Faszination aus. Aber das Spiel mit dem Feuer ist immer gefährlich und freut den "Feuerteufel". Streichhölzer, Feuerzeuge und Feuerwerkskörper sind kein Spielzeug und dürfen nur in Gegenwart eines Erwachsenen ausprobiert werden.
Rauchmelder in Flur, Schlaf- und Kinderzimmer sind eine sinnvolle Investition, denn die meisten Brände ereignen sich nachts, wenn alle schlafen. Alarm durch einen Rauchmelder kann vor einer drohenden Rauchgasvergiftung retten. Die Geräte sind batteriebetrieben und in Baumärkten zu erwerben.
Den "Stromteufel" bannen kann ein Fehlerstrom-Schutzschalter(FI-Schalter). Er schützt weitgehend beim direkten Berühren spannungsführender Teile, z.B. an defekten Geräten.
Bessere Unfallprävention notwendig
In Deutschland wird zu wenig für die Vermeidung von Kinder-Unfällen im Haushalt getan. Kinder sind als Risikogruppe noch nicht einmal im Produktsicherheitsgesetz besonders berücksichtigt.
Meist beschränken sich Sicherheitsmaßnahmen für Kinder auf Warnhinweise an Produkten oder auf Infobroschüren. Gefährliche Produkte, wie z.B. "Gehfreisysteme" für Kleinkinder, bleiben auf dem Markt, obwohl Kinderärzte und Fachgesellschaften seit Jahren vor den Risiken warnen - jeder vierte Benutzer verletzte sich damit bei Stürzen am Kopf.
Ebenso sind modische Kordeln an Kinderkleidung eine kaum wahrgenommene Gefahrenquelle, weil sich Kinder damit strangulieren können. Am besten werden sie sofort nach dem Kauf entfernt. Die Kinderbekleidungshersteller haben sich inzwischen verpflichtet, solche Ware ab Herbst 2001 nicht mehr zu verkaufen.
Die Produktkennzeichnung bei Haushaltschemikalien ist so verwirrend, dass dadurch häufig schnelle und effektive Hilfe bei Vergiftungen verzögert wird. Eine einheitliche Etikettierung würde es den Ärzten der Giftinformationszentralen erleichtern, in ihren Datenbanken schnell die richtige Rezeptur zu finden und notwendige Behandlungsmaßnahmen zu einzuleiten.
Weil jeder Unfall ein Unfall zuviel ist, hat der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte hat ein Aktions-Programm "Prävention von Kinderunfällen in Deutschland" gestartet: Bei jeder Früherkennungs-Untersuchung erhalten jetzt die Eltern ein Merkblatt, das sie auf die größten Unfallgefahren im entsprechenden Alter aufmerksam macht.
Zur Sicherheit erziehen
Trotzdem bleibt die Sicherheitserziehung weitgehend den Eltern überlassen. Neben der Unfallvermeidung tragen sie eine große Verantwortung, Kinder auf Gefahrenquellen aufmerksam zu machen, mit gutem Beispiel voran zu gehen und Hilfestellung zu geben, wo es nötig ist. So können "Entdeckungsreisen" von Kindern einen sicheren Rahmen bekommen.
Wie nützlich Sicherheitserziehung sein kann, erfuhr eine Mutter in Kalifornien am eigenen Leib: Weil sie an einem Bonbon zu ersticken drohte, alarmierte ihr kleiner Sohn die Feuerwehr. Die Mutter konnte gerettet werden, weil der Junge seit seinem zweiten Geburtstag regelmäßig mit den Eltern geübt hatte, einen Notruf abzusetzen.