Vorsicht, spielende Kinder!
Kinder im Buggy sind niedlich - finden die meisten. Doch wenn die Kleinen ihnen oder ihren Autos zu nahe kommen, dann werden Kinderfreunde oft zu -feinden.
Alle mögen Kinder, oder etwa nicht?
Alle Leute mögen Kinder. Vor allem, wenn sie niedlich im Kinderwagen sitzen und mitsamt ihrer Mami rasch vorübergehen. Die Spreu der Möchtegern-Kindermöger trennt sich jedoch rasch vom Weizen der wirklich kinderlieben Menschen, sobald der Kontakt enger wird. Ich bin zum Beispiel neulich mit meiner anderthalbjährigen Tochter unterwegs, die mit wackeren Schrittchen den Bürgersteig unsicher macht. Gerade hat sie sich einem parkenden Auto genähert, um es mit ihrer winzigen Hand vorsichtig anzupatschen, da geht die nächste Haustür auf und eine schrille Frauenstimme schreit: "NICHT anfassen!!!" Hm. Ist das nicht dieselbe Dame, die wir gestern in der Bäckerei getroffen haben, wo sie beim Anblick meiner Tochter noch gerufen hatte: "Nee, watt süß!". Wir beschließen, vielleicht doch lieber vor unserem eigenen Haus spazieren zu gehen. Dort ist ein Waldweg. Eigentlich toll für Kinder. Doch das Spielen ist hier lebensgefährlich, wenn man erst 83 Zentimeter groß ist, und fast alle Mountainbiker mit 60 Stundenkilometern den Hang herunter und um Haaresbreite an einem vorüber zischen. Ohne Mutter und Kind auch nur eines Blickes durch ihre verspiegelte Raumschiff-Radlerbrille zu würdigen, versteht sich. Ein Nachbarskind ist auf diese Weise jüngst im Krankenhaus gelandet - der Radfahrer hatte netterweise noch "Weg da!" gerufen.
Es gibt sie noch: Kinderliebe Zeitgenossen
Die Lieblosigkeit gegenüber den Kleinsten hat aber auch weniger spektakuläre Gesichter. Wenn wir mal so richtig gemütlich essen gehen wollen, müssen wir oft schon in der Tür des Restaurants frustriert umkehren: Wieder mal gibt es keinen Hochstuhl für unsere Tochter. Da machen übrigens auch unsere als kinderfreundlich bekannten, südeuropäischen Nachbarn oft keine Ausnahme. Doch mein Klagelied über Leute, die mir direkt vor dem Kinderwagen die stählerne Parkhaustür zuknallen oder mit dem Auto am Zebrastreifen lieber einen Slalom um uns herum fahren, anstatt anzuhalten, soll nun ein Ende haben.
Statt dessen will ich die wirklichen Kinderfreunde erwähnen, denn die gibt’s zum Glück auch. Zu ihnen gehört zum Beispiel der alte Herr, der mir im Supermarkt nicht nur sämtliche Einkaufstüten gefüllt, sondern sie auch noch zum Auto getragen hat, weil ich das mit Kinderwagen so schlecht konnte. Oder die selbst nicht mehr rüstige Dame, die mir im Wartezimmer ihren Platz angeboten hat, weil ich meine damals noch winzige Tochter im Tragetuch umhängen hatte. Und ein besonders liebes Exemplar eines Kinderfreundes: mein Zahnarzt. Er behält auch dann seinen Humor, wenn meine fremdelnde Tochter die ganze Zeit schrill schreiend auf meinem Schoß sitzt, während ich selbst im Behandlungsstuhl liege. Um mir in einer Schreipause fröhlich zuzurufen: "Ich kenn’ das, ich hab’ auch Kinder..."
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