Scheidung: Kinder brauchen viel Unterstützung
In Deutschland sind knapp 145.000 minderjährige Kinder jährlich von Scheidungen betroffen. Für die Kinder ist dies eine Situation großer seelischer Belastung, sie fühlen sich oft sogar für die Trennung der Eltern verantwortlich. Hier erklären Kinderpsychiater, worauf es in dieser Phase besonders ankommt.
Kinder empfinden eine Trennung der Eltern in der Regel als Bedrohung ihrer Sicherheit. Sie glauben oft, sie seien für den Konflikt zwischen Mutter und Vater verantwortlich. „Es ist wichtig, den Kindern zu verdeutlichen, dass sie keine Schuld an der Trennung haben und dass sie selbst nicht von einem Elternteil geschieden werden. Sie sollten wissen, dass Mutter und Vater ihre Eltern bleiben, auch wenn die Ehe endet und die Eltern nicht mehr zusammen leben“, rät Dr. Ingo Spitczok von Brisinski vom Berufsverband für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik (BKJPP) in Bochum. Wenn eine Scheidung bevorsteht, sollten Eltern dem Nachwuchs zeitnah erklären, in welcher Situation sich die Familie befindet. „Oftmals sind Eltern bemüht, ihren Kindern so viel Leid wie möglich zu ersparen und sagen ihnen zunächst nichts von den bevorstehenden familiären Veränderungen. Um die Kinder nicht zu verwirren und ihnen zu ermöglichen, die Lage zu verstehen und auch nachfragen zu können, sollten beide Elternteile den Kindern in einer für sie verständlichen Weise die aktuelle Lage erklären“, empfiehlt der Kinder- und Jugendpsychiater vom LVR-Klinikum in Viersen.
Abhängig von ihrem Alter reagieren Kinder unterschiedlich auf die seelische Belastung, die eine Scheidung der Eltern mit sich bringt. „Bei kleineren Kindern führt die Angst, im Stich gelassen zu werden, oftmals zu Rückschritten in der Sauberkeitserziehung sowie zu verstärktem aggressiven Verhalten und Weinen“, erklärt Dr. Spitczok von Brisinski. „Bei Grundschulkindern kommt es oftmals zu Launenhaftigkeit sowie vorübergehend zu einem Abfall der schulischen Leistungen. Auch schlägt sich die psychische Belastung nicht selten in körperlichen Beschwerden wie Bauch- und Kopfschmerzen nieder.“ Jugendliche können ihre Beziehung zur Mutter und zum Vater eher vom Verhältnis der Eltern untereinander trennen, doch auch in diesem Alter kann sich die Belastung in psychischen oder körperlichen Reaktionen äußern.
Eltern sollten mögliche problematischen Reaktionen Ihres Kindes jedoch nicht gleich als Störung ansehen, sondern vielmehr als starkes Bemühen, mit einer sehr schwierigen und veränderten Situation fertig zu werden. „Nach einer Trennung sollten sie versuchen, dem Kind möglichst viel gefühlsmäßige Unterstützung zu geben und auch für eine verlässliche, tägliche Routine zu sorgen. Kinder brauchen das Gefühl von Beständigkeit - zu viele Veränderungen können das Kind in dieser Situation überfordern. „Wenn ein Kind über mehrere Wochen Anzeichen einer seelischen Überforderung zeigt, sollten die Eltern nicht zögern, die Hilfe eines Kinder- und Jugendpsychiaters in Anspruch zu nehmen“, rät der Experte.
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