Kinderlosigkeit im Märchen

Ungewollt kinderlos? Kinderfreies Leben!

Auch in vielen Märchen gibt es Paare ohne Kinder - was auch für Königinnen zur Herausforderung wird. Wenn das ersehnte Baby nicht kommen will, ist die Partnerschaft auf eine harte Probe gestellt. Wer's schafft, sagt sich: Hauptsache wir haben uns!

Autor: Ute Laß

Märchen enden immer gut

Frau Koffer nachdenklich iStock dolgachov
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"In einer Zeit, als das Wünschen noch geholfen hat, da lebten ein König und eine Königin, die bekamen keine Kinder. Darüber war die Königin so betrübt, dass sie kaum jemals eine frohe Stunde hatte."

Haben Sie schon mal darüber nachgedacht, dass einige Märchen so oder ähnlich beginnen? Dornröschen, Rapunzel, Zottelhaube, Däumling, Das Eselein... Paare ohne Kinder hat es schon immer gegeben.

Im Märchen gibt es Figuren mit magischen Kräften, (Symbol für die Abgabe von Verantwortung), die zu ungewöhnlichen Handlungen auffordern (Symbol für die Mühe, für Aktivität), es gibt wundersame Verwandlungen und Zaubereien (Symbol für den Glauben an die Wirksamkeit), und trotz noch manch schrecklicher Wendung, die wir voll Spannung nachvollziehen, wissen wir – Ende gut, alles gut. Und darum mögen wir diese Geschichten so gern.

Sie scheuen weder Kosten noch Mühen

In einer Zeit, in der Fortschritt in Medizin und Technik kaum mehr Wünsche offen lässt, gibt es noch immer ungenannt viele Paare, die sich ein Kind wünschen, um so ihrem Leben einen neuen Sinn zu geben. Sie scheuen weder Kosten noch Mühen, kaufen Zykluscomputer, führen Temperaturkurven, machen Wunschkind-Diäten, haben Sex an Stichtagen – wenn ES geht -, gehen vom Facharzt zu Spezialistenzentren, investieren viel Geld und Nerven in die oft sehr aufwendigen Behandlungen....und oft genug wird die Hoffnung auf ein eigenes Kind dennoch nicht erfüllt. Der Glaube an die ärztliche Kunst ist erschüttert, das Vertrauen in die Fähigkeiten des eigenen Köpers lässt nach. Trauer, Schmerz, Verzweiflung, womöglich Bitterkeit beeinträchtigen die Lebensqualität. Und der Gedanke, dass ein positives Leben nur noch durch die Erfüllung des Kinderwunsches möglich sei, wird lebensbestimmend für viele.

Wenn der Freundeskreis sich vermehrt

"Es ist so traurig, dass wir keine Kinder haben, es ist so still bei uns, und in anderen Häusern geht es so laut und lustig zu."- "Ja, wenn´s nur ein einziges wäre und wenn‘s auch ganz klein wäre, nur Daumes groß, so wollt ich schon zufrieden sein; Wir hätten‘s doch von Herzen lieb."

Je munterer der Freundeskreis sich rundet und vermehrt, desto schwieriger wird es, mit der eigenen körperlichen Unfähigkeit umzugehen. Nicht selten fehlen Worte, zu erklären, was die Kinderlosigkeit für das eigene Leben bedeutet. Das gilt innerhalb der Partnerschaft wie aber auch gegenüber Außenstehenden. Das Freizeitverhalten, die Interessen und die Gesprächsinhalte ändern sich nicht nur für diejenigen, die Kinder bekommen, sondern auch diejenigen, die mit diesen Eltern zu tun haben wollen. Statt abends auf die Piste zu gehen, trifft man sich zu Frühstück oder Kaffeetrinken, ein gemeinsamer Urlaub mit Rucksack auf einer griechischen Insel wird zugunsten der Ferien auf dem Bauernhof oder dem Burgenbauen an der See wieder getrennt verbracht.DINKS (double income - no kids) leben nicht selten mit dem Wahlspruch "Konsum ist Lebensfreude".

"Wo sie in ihrem ganzen Reich hinkamen, da fanden sie Kindersegen, sogar in der armseligsten Hütte."

Ob es sich bei der Kinderlosigkeit um die gewählte Lebensform handelt, wird selten gefragt, da sich einerseits heute angesichts längerer Ausbildungszeiten der Kinderwunsch oft erst später einstellt und auf der anderen Seite Kinder nicht mehr zwangsläufig zur Lebensplanung gehören müssen. In unserer westlichen - noch immer stark vom Christentum geprägten - Welt wird mit erhitzten Gemütern diskutiert, wie mit ungewollter Schwangerschaft, mündiger Sexualität und Fruchtbarkeit umzugehen sei. Der Fruchtlosigkeit wird öffentlich wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Ein Tabu?

"Beständig klagte sie, dass es so still und einsam sei im Schloss."

Zwischen Mitleid, Unverständnis und "Spaß"

Guten Freunden oder innerhalb der Familie sagt man vielleicht schon, dass es bis jetzt einfach nicht klappt. Die Reaktionen schwanken zwischen Mit-Leid (z.B. der Nicht-Großeltern), Unverständnis (Vielleicht wird dann spaßeshalber angemerkt, dass man ja "öfter daran arbeiten" könne. Haha.) und hilflosem Schweigen. Vielleicht hat sich auch schon mal jemand mit dem Thema beschäftigt und erzählt eine schöne Geschichte: Ein Paar, das nach langen Jahren des Wartens auf ein Kind schon nicht mehr an die Erfüllung glaubte, sei schwanger aus dem Urlaub heimgekehrt... Tja, wenn das so einfach wäre, sich von dem gemeinsam gefassten Entschluss zur Nachkommenschaft wieder zu verabschieden. Erfüllung weder ausgeschlossen, noch garantiert.

Vielleicht kommt auch das Thema der vermeintlichen Alternative Adoption auf, die in der Realität weithin überschätzt ist, da es weit mehr Paare gibt, die gern Kindern ein zu Hause bieten würden, aber weit weniger Eltern ein Kind zur Welt bringen, um es bei anderen Leuten aufwachsen zu lassen.

Ist es so schwer, sich angemessen und sensibel dem Thema zu nähern? Oder ist es eine Frage der Einstellung?

Körper und Seele im Blick

Nicht selten wird psychologische Beratung zum Ersatz des Gesprächs im eigenen Kreis der Lieben. Und selbst diese Unterstützung wird nicht selbstverständlich als flankierende Maßnahme zur Medizin in Betracht gezogen. Wenngleich offenbar ist, dass der Zusammenhang zwischen Seele und Körper die Fruchtbarkeit beeinflusst. (Wie sonst ließen sich die vielzitierten Beispiele von glücklichen Schwangerschaften nach einer erfolgten Adoption erklären? Der Stress, den die diversen Behandlungen hervorrufen, scheint manches Mal eher als Methode zur Verhütung geeignet.)

So scheint es, wenn man den Blick mal durch die einschlägige an der Medizin orientierten Literatur wandern lässt: "Ungelöste innere Konflikte, kaum verheilte seelische Wunden aus der eigenen Kindheit und nicht verarbeitete leidvolle Erfahrungen können an den Fruchtbarkeitsproblemen mehr oder weniger direkt beteiligt sein." (...) "Die körperlich-seelische Verweigerung, ein Kind in die Welt zu setzen, kann auch ein Zeichen für Ausgeglichenheit und Gesundheit sein: Sie kann bedeuten, dass die Frau oder der Mann nicht gänzlich bereit sind für ein Kind, dass ihr Körper sozusagen weiser ist als ihr Verstand, ihr Wunsch, ihr Wille."(aus einer Broschüre von Pro Familia)

Also neben der medizinischen Behandlung Hausaufgaben machen und die Psyche in Ordnung bringen, um dann endlich das ersehnte Kind zu verdienen? Während man gleichzeitig täglich Leute bei der Erziehung ihrer Kinder beobachtet und sich fragt: "Warum haben die Kinder bekommen?"

Sich gegenseitig Mut machen

Letztlich wäre es vielleicht ein Glücksfall, im eigenen Verwandtschafts- oder Freundeskreis noch ein oder mehrere Paare zu kennen, die sich in der ähnlichen Situation befinden. Dank des Internet wird in verschiedenen Foren nun das Tabu zum Thema, es gibt nicht nur jede Menge an Information, die noch nicht mal vom behandelnden Arzt in dieser Effektivität gegeben wird, sondern auch noch die gute Möglichkeit, hier mit anderen Betroffenen Kontakt zu bekommen, sich gegenseitig Mut zu machen und auch sich zu trösten. Sich nicht allein fühlen zu müssen, nicht nur zu wissen, dass es andere gibt, sondern auch sich mit denen auszutauschen ist ein echter Gewinn.

"Hauptsache wir haben uns!"

Es gibt wohl kaum einen so lebensverändernden Einschnitt wie die Geburt eines Kindes. Aber besonders dann, wenn diese Glückssituation nicht jedem Paar gegeben ist, geht es doch darum, gemeinsam Perspektiven zu entwickeln, die zu einer zufriedenstellenden Lebensführung beitragen, Pläne zu schmieden, Träume zu verwirklichen, das alltägliche mit Kinderaugen zu sehen, spielerisch mit manchen Situationen umzugehen und das Lachen nicht zu verlernen.

Für die Frau ist nach wie vor die Frage nach der Familienplanung weichenstellend für die Planung und Organisation der beruflichen Karriere. Möglicherweise kann eine berufliche Veränderung eine Herausforderung bieten, um sich hiermit die persönlichen Fähigkeiten zu beweisen. Es mag einige Paare geben, denen als Alternativen zum eigenen Kind die engere Bindung an die Kinder von Freunden und Verwandten genügt oder denen ein Haustier als Kinderersatz dient.

Insgesamt ist wohl die ungewollte Kinderlosigkeit eine harte Probe, auf die beide Partner gestellt sind – und das KINDERFREIE Paar besteht sie in dem Gedanken: "Hauptsache wir haben uns!"