Aus dem Job in die Familie – so klappt der Übergang
In Gedanken noch bei der Arbeit und den Stress gleich mit im Schlepptau – da wird beim Heimkommen schnell alles zuviel. Wie das Umschalten auf Familie wirklich gelingt!
"Mama, ich hab' Hunger!"
"Für morgen soll ich ein Schuhkarton-Theater für die Schule basteln!", "Kannst du mir bei den Mathe-Hausaufgaben helfen?", "Ich hab' Hunger! Was gibt's zu essen?" Den Kopf nach der Arbeit frei zu bekommen fürs Familienleben, ist nicht leicht: Das Gedankenkarussell dreht sich noch um Unerledigtes oder Probleme im Job, und hinter der Haustür stehen schon die Kinder mit ihren Anliegen Schlange. Da wird die berühmte "Quality time" mit dem Nachwuchs oder auch dem Partner schnell zur Utopie. Wie schafft man es, dass die Zeit nach der Heimkehr vom Job mehr ist, als nur eine weitere Etappe im atemlosen Staffellauf des Alltags?
Übergangs-Ritual verhilft zur "Work-Life-Balance"
Als berufstätige Mutter oder Vater lebt man in zwei Welten: in der des Jobs und in der Familienwelt. Entscheidend für eine gesunde "Work-Life-Balance" ist es, diese Bereiche nicht zu vermischen. "Bei mir half ein Trick: Jeder Schritt weg von meinem Arbeitsplatz wird innerlich dafür genutzt, um auf mich als Privatperson umzuschalten. Jeder Ärger, den ich am Tag erlebt habe, wird mit jedem Atemzug hinter mir gelassen. Denn jetzt bin ich auf dem Weg nach Hause, und bin dann nur noch ich", beschreibt eine Frau im urbia-Forum Allgemeines ihr Anti-Stress-Rezept. Und tatsächlich ist dies eine sehr erfolgreiche Taktik, die auch Psychologen empfehlen.
Das beste Verkehrsmittel für einen freien Kopf
Bei diesem Umschalten kann es helfen, eine CD mit der Lieblingsmusik zu hören oder das Hörbuch weiterzuverfolgen, das man nur auf der Hin- und Rückfahrt hört. Viele Berufstätige nutzen die Heimfahrt im Auto auch, um (nur per Head-Set) mit der besten Freundin oder dem besten Kumpel zu telefonieren. Entstressend kann es auch sein, das Verkehrsmittel zu wechseln, wenn das möglich ist: Beim Radfahren wird der Kopf schneller frei als im Bus, und Bahnfahren ist entlastender, als selbst ein Auto zu steuern.
Das Abschalten vom Job gelingt dabei leichter, wenn man bei der Arbeit die schwierigen Probleme eher zu Beginn des Tages, und nicht erst gegen Feierabend angeht. Wird man dennoch nicht ganz fertig, ist es besser, noch etwas Zeit anzuhängen, als Arbeit mit nach Hause zu bringen.
Einstieg nur mit Kaffeepause
Auch nach dem Aufschließen der Haustür sollten Eltern sich nicht gleich in den Familientrubel stürzen. Eine kurze Heimkomm-Routine ist wie ein Druck auf den inneren "Reset-Knopf", um nochmal ganz herunter zu kommen, bevor man die Aktivitäten wieder hochfährt. So ein Ritual kann eine einfache Tasse Cappuccino am Küchentisch sein, während derer Mama oder Papa noch keine offizielle "Sprechstunde" haben. Ideal ist es, dabei nochmal kurz den Arbeitstag Revue passieren zu lassen. Das hilft dem Kopf, die Ereignisse zu ordnen und bis zum nächsten Tag beiseite zu legen. Dieselbe Wirkung hat auch ein zehnminütiger Austausch mit dem Partner darüber, wie der Tag war.
Wer noch sehr gestresst ist, kann dem ungeduldigen Nachwuchs auch in einfachen Worten erzählen, warum der Tag so geschlaucht hat: "Ich bin froh, dass ich jetzt bei dir bin! Ich muss nur eine kleine Pause machen. Heute musste ich nämlich einen Aktenberg bearbeiten, der fast so hoch war, wie dein Puppenhaus!" Das angeborene, kindliche Mitgefühl hält oft zumindest für einige Minuten an und hilft beim Warten, bis Mama oder Papa auch innerlich angekommen sind.
"Kids first!" - Prioritäten setzen
„Die Arbeit läuft dir nicht davon, wenn du deinem Kind den Regenbogen zeigst. Aber der Regenbogen wartet nicht, bis du mit der Arbeit fertig bist“, sagt ein chinesisches Sprichwort. Der Schlüssel zum Familienglück liegt also darin, Prioritäten zu setzen. Dabei hilft die Frage: Wie würde man gern einst seine Autobiografie überschreiben? Lieber mit: "Ich putzte gern!" oder mit: "Meine wunderbare, chaotische Familie und ich!"? Dass die Familie das Wichtigste ist, heißt aber nicht, dass Eltern dem Nachwuchs nach der Heimkehr lauter großartige Dinge bieten müssten. Auch die unscheinbaren Augenblicke zählen - Hauptsache man richtet wirklich seine ganze Aufmerksamkeit auf das selbstgemalte Bild, den Streit mit der besten Freundin oder den stolzen Bericht vom Sportfest.
Der Unvollkommenheit gelassen ins Auge blicken
Irgendwann will aber natürlich auch der Haushalt gemacht sein. Wer hier zu hohe Ansprüche hat, mag logischerweise nicht wirklich gern nach Hause kommen. "Bei uns schaut es aus wie sau. Die Fenster habe ich schon seit Ewigkeiten nicht mehr geputzt, das Badezimmer auch nicht. Der Garten ist total zugewuchert, wir müssten dringend im Keller aufräumen, das Arbeitszimmer putzen. Aber wir kommen zu nix. Ich bin im Beruf ein Organisationstalent, ich schaffe es, trotz Zeitdruck, meine Arbeit korrekt und fristgerecht zu erledigen. Warum klappt das zu Hause nicht?", fragt eine entnervte Userin in unserem Forum Familienleben. Die Lösung: gnadenlos mit zweierlei Maßstab messen! Im Job mag es auf Korrektheit ankommen, aber im Familienuniversum darf es unvollkommen zugehen.
Zu hohe Erwartungen sollten Eltern aber auch beim Sprössling vermeiden: Auch die Kleinen können mal einen schlechten Tag gehabt haben, mies gelaunt, übermüdet oder fordernd sein. Wer das einkalkuliert, lässt nicht so leicht seine eigene Laune davon trüben. Dasselbe gilt natürlich auch für die Großen: auch Mama oder Papa dürfen mal völlig geschafft oder schlecht drauf sein.
Gelungener Switch beugt Burnout vor
Gelingt der Switch nach Hause, kann dieses völlige Abschalten vom Job sogar einem Burnout vorbeugen, wie Wissenschaftlicher herausfanden. Ganz gegenwärtig zu sein, ist zugleich aber auch der beste Weg zum zufriedenen Familienleben: Nur wer nicht nur körperlich, sondern auch innerlich präsent ist, kann seinem Kind (oder dem Partner) fokussierte Aufmerksamkeit schenken - und die stärkt nachweislich die Beziehung. Ein starkes Wirgefühl wiederum hilft der Familie, auch schwierige Zeiten schadlos zu überstehen.
Zum Abschalten vom Job gehört aber auch, für sich selbst da zu sein. Sind die dringlichsten Anliegen der Kinder oder die Fahrten zu Hobbys und Freunden erledigt, steht den Großen eine Auszeit zu. "Wenn ich entspannen möchte, nehme ich ein Vollbad, gehe schwimmen, joggen, in die Sauna oder Radfahren, leihe mir den kleinen Nachbarshund für eine halbe Stunde zum Spazierengehen aus, mache Autogenes Training, lege ich mir meine Lieblings-DVD mit Sketchen ein oder male", berichtet eine Userin im urbia-Forum Allgemeines.
Sich gegenseitig Freiräumen schaffen
Ideal ist es, wenn sich die Partner dabei gegenseitig solche Freiräume verschaffen. "Wir teilen uns die Zeit mit den Kindern (mit Bücher vorlesen, Kindermusik hören, draußen spielen oder Einkaufen fahren) auf", berichtet eine Userin im Forum Familienleben. Genauso halten sie und ihr Mann es mit dem Haushalt, den die beiden Vollzeit-Berufstätigen gemeinsam erledigen. "Mit ein wenig Planung kann man im Leben alles wuppen, selbst zwei Vollzeitjobs mit Kind, Haus und Tieren", resümiert sie zufrieden. Ist man allein zu Hause, darf man die Kinder aber notfalls auch mal für eine halbe Stunde vor dem TV "parken", um sich in die Wanne zu legen oder sich bei der besten Freundin telefonisch über den Tag auszusprechen.