Auftanken durch... Zugang zur inneren Stimme
Im hektischen Alltag treffen wir Entscheidungen oft zu schnell. Wir legen äußere Kriterien an, "weil man das so macht" oder weil wir einen Rat bekommen haben. Zufriedener können wir jedoch werden, wenn wir uns selbst um Rat fragen - unsere innere Stimme.
Gefühle nicht ignorieren
Meine Tochter war sechs Monate alt, als ich versuchte, sie mit Brei zu füttern. Allein: Sie wollte nicht, während alle anderen Babys in unserem Umfeld schon fleißig ganze Gläschen verputzten. Das verunsicherte mich sehr. Ich suchte mir deshalb professionelle Hilfe bei einer Kinderkrankenschwester und Ernährungsexpertin. Sie empfahl mir, meiner Tochter erst einen Löffel mit Brei zu geben und ihr dann anschließend schnell den Schnuller in den Mund zu geben. Dann wieder den Löffel mit Brei und wieder den Schnuller - so würde das mit der Fütterung schon klappen. Etwas in mir war sogleich skeptisch. Trotzdem versuchte ich es bei der nächsten Mahlzeit.
Das Ergebnis: ein schreiendes Kind und eine heulende Mutter. Es widerstrebte mir zutiefst, den Brei auf diese Art und Weise in den Mund meiner Tochter "hineinzustopfen". Dennoch habe ich mein Gefühl ignoriert und so gehandelt, wie die "Expertin" es mir geraten hatte.
Hätte ich auf meine eigene Expertin, meine innere Stimme, gehört, hätte ich wahrgenommen, dass sie mir sagt: "Hab Vertrauen in Dein Kind. Es wird Dir schon signalisieren, wann es bereit ist für feste Nahrung."
Fragen und Antworten
Unsere Expertin Alexandra Geißler-Wölfle, Coach und selbst vierfache Mutter, gab 15. Mai 2014 Antworten auf die Fragen unserer User, wie sie mit Stress und Überforderung umgehen können. Vielleicht sind in den Berichten der Mütter und den Lösungsvorschlägen auch Ideen für Ihren Alltag dabei. Hier geht
Die innere Stimme: der beste Ratgeber
Inzwischen achte ich sehr viel besser auf meine innere Stimme und weiß, dass sie der beste Ratgeber und Wegweiser ist, den ich mir vorstellen kann. Ich kann mich darauf verlassen, dass sie mir immer wohlgesonnen ist und mir nur Tipps gibt, die für mich gesund und richtig sind. Immer wenn ich gegen sie handle und statt dessen etwas mache, weil man es eben so macht, um anderen einen Gefallen zu tun oder andere nicht zurückzuweisen, dann geschieht etwas, das weder für mich, noch für die anderen Beteiligten hilfreich ist.
Ein Beispiel aus dem Alltag:
Meine Tochter möchte Übernachtungsbesuch einladen und in mir kommt an diesem Tag als erstes Gefühl hoch: "Nein, eigentlich habe ich mich auf einen ruhigen Abend gefreut".
Dann der nächste Gedanke: "Wie spießig von mir." Und deshalb sage ich "Ja". Wahrscheinlich tue ich das, um meinem Bild der entspannten Mutter zu entsprechen, deren Haus immer für Besuch offen steht.
Wenn nun an diesem Abend irgend etwas quer läuft, werde ich höchstwahrscheinlich ungerecht sein zu den Kindern, vielleicht genervt vom Lärm oder vom Aufwand und dann zur Meckermutter mutieren. Höchst unfair, denn eigentlich ärgere ich mich ja über mich selbst, weil ich nicht auf mein erstes Gefühl achtgegeben habe.
Sicherlich kennen Sie auch Beispiele, bei denen Sie hinterher gesagt haben "Hätte ich doch bloß auf mich gehört." Irgendetwas in uns will uns vor falschen Entscheidungen bewahren. Sei es ein kurzes mulmiges Bauchgefühl, ein Kloß im Hals oder Herzrasen.
Wie man Zugang zur inneren Stimme bekommt
Unser Inneres warnt uns aber nicht nur vor destruktivem Verhalten, sondern kann uns auch konstruktive Antworten auf all unsere Fragen geben. Um diese Antworten zu bekommen, brauchen wir einen guten Zugang zu unserer inneren Stimme und damit zu unserem Herzen. Am Besten hören wir sie, wenn wir die Stimmen im Kopf und die vielen Gedanken zum Schweigen bringen.
Mir gelingt dies am leichtesten, wenn ich mich auf meinen Atem konzentriere. Ich schließe die Augen und lasse mich gedanklich vollkommen auf das Einatmen und das Ausatmen ein. Damit hat der Kopf eine Beschäftigung und merkt gar nicht, dass er nicht mehr denkt. Dann stelle ich mir vor, wie ich alle Gedanken und Gefühle einfange, die noch um mich herum schwirren und in mir flattern. Und dann bewege ich sie aus dem Kopf ins Herz. Zur Bekräftigung atme ich schließlich drei Mal tief in meinen Herzensraum ein.
Wenn ich spüre, dass ich nun gedanklich und gefühlt in meinem Herzen angekommen bin, stelle ich mir ganz konkrete Fragen und warte darauf, welche Antwort sich zeigt. Die kann in Form von Bildern, Menschen oder Symbolen auftauchen. Oder es stellt sich ein Gefühl zur Frage und zu dem jeweiligen Thema ein. Alles, was in diesem Moment auftaucht, fühlt sich an wie eine "Eingebung".
Wichtig ist bei dieser Übung, wirklich loszulassen, leer zu werden und nicht wieder kopfgesteuert zu denken: "So, jetzt zeig Dich mal, Antwort!" Wie bei jedem Training gilt auch hier: Je häufiger wir üben und nach innen gehen, desto leichter gelingt es uns. Immer deutlicher und schneller können wir unsere inneren Botschaften wahrnehmen, immer schneller fühlen, was gut für uns ist oder was wir nicht gebrauchen können.
Expertenwissen in Erziehungsfragen suche ich mir immer noch. Was ich damit aber mache, lasse ich einzig und allein meine innere Stimme entscheiden.
Jumana Mattukat ist Buchautorin, TV-Moderatorin, Beraterin in Herzensangelegenheiten und Coach nach Dr. Christina Kessler. Sie ist Mutter von zwei Kindern.