Schwierige Pubertät? 10 Elternängste im Wahrheits-Check
Stimmt es eigentlich, dass Kinder in der Pubertät PC-süchtig sind, zu viel Alkohol trinken, sich heimlich piercen lassen und zu spät heimkommen? Wir haben diese typischen Elternängste einem Wahrheits-Check unterzogen.
- Die Sorgen der Eltern: Komasaufen, PC-Sucht und Tattoo-Wahn
- 1. Befürchtung: Mein Kind wird mir nicht mehr zuhören!
- 2. Befürchtung: Mein Kind wird ständig zu spät heimkommen!
- 3. Befürchtung: Mein Kind wird sich heimlich piercen lassen!
- 4. Befürchtung: Mein Kind wird mich peinlich finden!
- 5. Befürchtung: Mein Kind wird keine Werte haben!
- 6. Befürchtung: Mein Kind wird zu viel Alkohol trinken!
- 7. Befürchtung: Mein Kind wird Dummheiten machen!
- 8. Befürchtung: Mein Kind wird nichts mehr für die Schule tun!
- 9. Befürchtung: Mein Kind wird nur noch "daddeln"
- 10. Befürchtung: Mein Kind wird unmöglich herumlaufen!
Die Sorgen der Eltern: Komasaufen, PC-Sucht und Tattoo-Wahn
Erinnert man sich an die eigene Jugend, ist klar: Pubertät - das war die Zeit, als die Eltern zu nerven anfingen. Nun ist man selbst Mutter oder Vater und sieht das Ganze irgendwie mit ganz neuen Augen. Mit einem mulmigen Gefühl fragt man sich, wie es wohl sein wird, wenn das eigene Kind zum pubertierenden Teen mutiert. Man hört doch so viel über Komasaufen, Computersucht oder Piercings an den unmöglichsten Körperstellen. Sind solche Ängste wirklich begründet?
1. Befürchtung: Mein Kind wird mir nicht mehr zuhören!
Die Realität: Auch wenn ein Teenager scheinbar gelangweilt die Augen verdreht: Er registriert genau, was seine Eltern sagen über große Fragen wie die Zukunft unseres Globus', die Liebe, den Frieden, den Konsum, aber auch über ganz Konkretes wie seine "Crew" oder den ersten Freund/die erste Freundin. Kinder in der Pubertät wollen Eltern, die eine Meinung haben - aber sie wollen sich über diese Meinung auch streiten. Gleichgültigkeit oder Zeitmangel bei den Eltern tun ihnen deshalb viel mehr weh, als heftige Diskussionen.
Das beste Teen-Coaching: Eltern sollten die manchmal krasse Wortwahl des Nachwuchses nicht persönlich und seine Ansichten ernst nehmen. Dabei dürfen sie gelassen darüber hinwegsehen, dass manche seiner Argumente noch unausgegoren sind. Wer seinem Teen zuhört, dem hört auch er eher zu. Das Wichtigste in diesen Jahren deshalb: im Gespräch bleiben - auch wenn es manchmal anstrengend ist!
2. Befürchtung: Mein Kind wird ständig zu spät heimkommen!
Die Realität: Die meisten Jugendlichen möchten Vereinbarungen durchaus einhalten - sie vergessen es bloß leicht, wenn sie sich mit Wichtigerem beschäftigen. Zum Beispiel damit, bei der Party ein Gespräch mit einem Mädchen zu führen, das bei ihr Interesse wecken und sie auf keinen Fall langweilen soll. Wer denkt in dieser höchst heiklen Situation schon an Mamas und Papas besorgten Blick auf die Küchenuhr?
Das beste Teen-Coaching: Erscheint der Teen viel später als vereinbart, helfen Vorwürfe wenig. Eltern sollten lieber über ihre Ängste sprechen: "Wir haben uns Sorgen gemacht, weil wir nicht wussten, warum du nicht kommst. Wir wollten dich schon abholen oder bei den Gasteltern anrufen. Aber das wäre dir bestimmt unangenehm gewesen, deshalb haben wir lieber abgewartet. Wir verlassen uns aber darauf, dass du beim nächsten Mal anrufst, wenn es später wird."
3. Befürchtung: Mein Kind wird sich heimlich piercen lassen!
Die Realität: Seriöse Piercing- oder Tattoo-Studios bestehen auf einer schriftlichen Einwilligung der Eltern. Die kann zwar gefälscht werden, die meisten Teens schrecken aber vor diesem Schritt zurück.
Das beste Teen-Coaching: Es vermeidet Heimlichkeiten, seinem Kind Piercing, Tragus oder Tattoo nicht völlig zu verbieten. Sondern zusammen das Alter dafür festzulegen und über Größe und Körperstelle zu verhandeln: "Wenn du mit 16 immer noch ein Tattoo möchtest, wäre ein kleines auf der Schulter für uns okay."
4. Befürchtung: Mein Kind wird mich peinlich finden!
Die Realität: Das stimmt! Die meisten pubertierenden Kinder ziehen es vor, dass ihre Eltern in gewissen Situationen (z. B. bei Schulfesten) einige Meter Abstand von ihnen einhalten. Die Altvorderen sollten außerdem wenig sprechen, den Teen auf keinen Fall knuddeln und auch nicht versuchen, in Anwesenheit seiner Clique witzig zu sein.
Das beste Teen-Coaching: Eltern dürfen die Tatsache, dass sie "peinlich" sind, mit Humor nehmen. Sie teilen dieses Schicksal mit 98 Prozent ihrer Co-Eltern. Auch wenn etwas Zurückhaltung geboten sein kann - verstecken oder verstellen müssen sich Mütter und Väter nicht: Ein Teen erleidet auch in Anwesenheit "peinlicher" Eltern keinen bleibenden Schaden.
5. Befürchtung: Mein Kind wird keine Werte haben!
Die Realität: Auch wenn Heranwachsende zeitweise kein anderes Hobby als Shopping oder das Schauen seichter US-Serien in suchtgefährdender Menge kennen: Sie haben Werte - und die sind so traditionell wie nie zuvor in der jüngeren Geschichte. Eine Studie der Adenauer-Stiftung (2013) ergab: Respekt, Ordnung, Sicherheit, Stabilität und Leistung stehen bei jungen Menschen ab 16 Jahren mit 91 bis 95 Prozentpunkten hoch im Kurs.
Das beste Teen-Coaching: Damit ein Teen Werte findet, braucht er die Möglichkeit, Ideale und Leitbilder zu entwickeln: Menschenrechts-, Tierschutz- und Umweltorganisationen (z. B. amnesty international, NABU, Kriegsgräberfürsorge) bieten Jugendgruppen und Feriencamps an, andere Anbieter auch soziale "Work-Camps" in Afrika oder Lateinamerika.
Auch, dass Teens gern fernsehen, können Eltern nutzen: Filmklassiker auf DVD, wie "Gandhi", "Hitlerjunge Salomon", "We feed the World", "Die Möwe Jonathan" oder "Der Club der toten Dichter" berühren Jugendliche, weil sie Themen wie Gerechtigkeit, Frieden und Selbstentfaltung in starke Bilder umsetzen.
6. Befürchtung: Mein Kind wird zu viel Alkohol trinken!
Die Realität: Wahrscheinlich nicht! Denn die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung berichtete zwar 2014: Etwa 14 Prozent der Zwölf- bis 17jährigen trinken mindestens ein Mal in der Woche Alkohol, und jeder sechste davon ist ein Mal im Monat betrunken. Doch das bedeutet auch: Fast fünf von sechs Teens trinken wenig oder keinen Alkohol. Der Konsum von Alkohol, aber auch von Tabak und Cannabis geht bei Jugendlichen seit Jahren zurück.
Das beste Teen-Coaching: Teens orientieren sichauch an den Eltern. Diese sollten nur mäßig Alkohol trinken, und auch das Rauchen nötigenfalls aufzugeben lohnt jetzt besonders - sonst fehlen gegenüber dem Nachwuchs die Argumente. Vor allem aber sollten Eltern ihr Kind schon vor der Pubertät stark machen, damit es zu Dingen, die sich ungut anfühlen, Nein sagen kann.
7. Befürchtung: Mein Kind wird Dummheiten machen!
Die Realität: Ja, es stimmt: Ebenso, wie unsere eigenen Eltern nicht alles von uns wussten, werden auch wir manchmal nur deshalb ruhig schlafen, weil wir nicht alles erfahren, was unser Teen ausprobiert.
Das beste Teen-Coaching: Je älter ein Kind wird, desto mehr müssen Eltern ihr Kontrollbedürfnis durch Vertrauen ersetzen: in den Erfolg ihrer bisherigen Erziehung und in die Wärme eines Elternhauses, das auch in dieser stürmischen, konfliktgeladenen Phase Liebe, Verstehen und Geborgenheit schenkt. Ein Teenager, der auf so einer Basis steht, driftet bei seinen Experimenten nur selten in Extreme ab.
8. Befürchtung: Mein Kind wird nichts mehr für die Schule tun!
Die Realität: Tatsächlich sacken die Noten vieler "Pubertanden" ab - zu sehr sind sie mit den wechselnden Gezeiten ihrer Gefühle beschäftigt. Forscher sagen außerdem: Für Teens unter 15 ist die Zukunft noch sehr nebulös - Appelle, doch an einen guten Abschluss zu denken, erreichen sie kaum. In der Spätphase der Pubertät aber werden Jugendliche meist emotional stabiler und die Erfordernisse des Alltags haben wieder eine Chance. Der Einbruch bei den Noten ist deshalb oft vorübergehend.
Das beste Teen-Coaching: Ein Patentrezept gegen schwächelnde Noten gibt es nicht. Es kann richtig sein, Druck wegzunehmen und die Verantwortung fürs Lernen explizit dem Nachwuchs zu übertragen (was häufiger bei Mädchen zu funktionieren scheint). Manche Eltern machen umgekehrt gute Erfahrungen damit, ihren Teen zu "coachen" und mit ihm zusammen zu lernen. Dies scheint öfter bei Jungen erfolgreich zu sein.
9. Befürchtung: Mein Kind wird nur noch "daddeln"
Die Realität: Immerhin rund zehn Prozent der 14- bis 16jährigen erfüllen tatsächlich Missbrauchs- und Abhängigkeitskriterien, sagen Experten. Sie verbringen also Stunden vor dem PC, haben kaum andere Hobbys und zeigen Unruhe oder Aggression, wenn sie nicht an den Bildschirm dürfen. Das heißt aber auch: 90 Prozent aller Teens können ihren PC-Konsum einigermaßen steuern.
Das beste Teen-Coaching: Eltern sollten Interesse an den PC-Aktivitäten (z. B. Spielen) ihres Kindes zeigen, um ins Gespräch zu kommen. Gleichzeitig können sie ein wöchentliches Zeitkonto zum "Daddeln" festlegen (zwölf Stunden) und dies auch durchsetzen. Damit das klappt, braucht ein Jugendlicher Erfolgserlebnisse in der wirklichen Welt. Studien zeigten: Für Teens, die zum Beispiel Parkour betreiben, in einer Band spielen oder sich in der Werkstatt zum "Schrauben" am Roller treffen, ist der PC zweitrangig.
10. Befürchtung: Mein Kind wird unmöglich herumlaufen!
Die Realität: Diese Sorge ist unbegründet. Die meisten Jugendlichen tragen heute ein vom Trend diktiertes Einheits-Outfit, das allenfalls noch darin rebellisch ist, dass es nicht zu den Außentemperaturen passt.
Das beste Teen-Coaching: Auch wenn ihnen das dünne Mäntelchen der Tochter oder die "baggy" Jeans des Sohnes aufstoßen: Eltern sollten ihren Teen seine Kleidung zunehmend allein aussuchen und kaufen lassen. Das beugt einer Blockadehaltung (die irgendwann in Stilsünden umschlagen kann) am besten vor.